Mehr Autos – aber Kraftstoffverbrauch und Emissionen sinken
Zahl der Pkw wächst bis 2020 von 44 auf bis zu 52 Millionen / Mehr Autos führen nicht zwangsläufig zu mehr Verkehr
Eine Sättigung des Pkw-Marktes in den nächsten 20 Jahren ist nicht in Sicht: Der Bestand der Fahrzeuge in Deutschland wird bis zum Jahr 2020 weiter steigen, von heute 43,8 auf dann 48 bis 52 Millionen Pkw. Zu diesem Ergebnis kommt die neue Pkw-Markt-Studie der Deutschen Shell, die auf zwei Szenarien beruht. Die Gründe für den Anstieg der Motorisierung: Der Anteil der weiblichen und älteren Autofahrer nimmt kräftig zu. Im Jahr 2020 werden allein die Frauen bis zu 19,6 Millionen Autos besitzen, knapp 60 Prozent mehr als heutzutage. Besonders überraschend: Trotz des Auto-Booms geht es mit dem Kraftstoffverbrauch (minus 30 bis 40 Prozent) und den Schadstoffemissionen abwärts. Sparsame Neufahrzeuge mit einem Praxisverbrauch von durchschnittlich weniger als vier Liter je 100 km, abnehmende Fahrleistungen und neue Antriebskonzepte sorgen bis zum Jahr 2020 dafür, dass Ressourcen und Umwelt deutlich weniger beansprucht werden.
Eines der Shell Szenarien geht gar von einem Rückgang der Gesamtfahrleistungen aller in Deutschland zugelassenen Pkw aus – von heute 528 auf 494 Milliarden Kilometer in 2020. „Mehr Autos führen nicht zwangsläufig zu mehr Verkehr. Diese neue Perspektive sollte Anlass für eine differenzierte Betrachtung der individuellen Mobilität sein“, erklärte Pieter Berkhout, Chef der Deutschen Shell, Hamburg, anlässlich der Vorstellung der Studie am 10. September in Berlin.
Shell zufolge entfallen auf den maximalen Bestandszuwachs von 8,5 auf 52,3 Millionen Autos 7,1 Millionen Fahrzeuge auf Frauen. Die Gruppe der Senioren mit Pkw, also der über 60jährigen Frauen und Männer, wächst ähnlich stark um 6,8 auf 15,2 Millionen Menschen. Die Folge: 2020 ist jeder dritte Autofahrer älter als 60 Jahre.
Diesel-Pkw gewinnen weiter an Bedeutung, denn der geringe Kraftstoffverbrauch, die Preisvorteile und der wachsende Fahrkomfort erhöhen die Nachfrage. Laut Shell Szenarien klettert der Dieselanteil am Fahrzeugbestand von heute rund 15 auf 30 bis 40 Prozent im Jahre 2020. Die Zukunft der alternativen Antriebsformen sieht Shell gemischt. Sie werden sich einen Anteil von drei bis zehn Prozent erobern. Das sind bis zu fünf Millionen Fahrzeuge.
Ganz oben steht die Brennstoffzellen-Technik. Doch die Brennstoffzelle wird den Verbrennungsmotor zunächst nur ergänzen. Otto- und Dieselmotoren, die noch erhebliche Optimierungspotentiale bieten, bleiben also für lange Zeit die Nr. 1 im Straßenverkehr.
Verbrauch, Fahrleistung und Emissionen im Sinkflug
Prägend ist der Trend zu sparsameren Pkw. Der Verbrauch von Neufahrzeugen liegt in 20 Jahren je nach Szenario im Durchschnitt zwischen 3,7 und 4,3 Liter, gegenüber 7,7 Liter im Jahre 2000. Die sparsamen Techniken wirken sich aber erst zeitlich verzögert auf den Gesamtverbrauch des Pkw-Bestandes aus, da die alten Fahrzeuge rund zwölf Jahre gefahren werden, bevor sie in der Schrottpresse landen. Die Shell Studie erwartet für das Jahr 2020 – je nach Szenario – einen durchschnittlichen Verbrauch der gesamten Flotte von 5,5 bis 5,8 Liter, gegenüber 8,5 Liter im Jahr 2000.
Abnehmen wird auch die Fahrleistung. Legten Pkw in den 60er Jahren über 16.000 km pro Jahr zurück, sind es heute nur noch 12.300 km. Der Abwärtstrend wird anhalten und sich auf 10.300 bis 11.300 km einpendeln. Ursache dafür ist die Motorisierung der Frauen und Senioren, die ihre Autos weniger nutzen; ferner nimmt der Anteil langer geschäftlicher Fahrten ab, die Nutzung des Pkw in der Freizeit aber zu. Darüber hinaus spielen Zweit- und Dritt-Pkw zukünftig eine größere Rolle – auch dies reduziert die Fahrleistung.
Mehr Autos bedeuten nicht mehr Emissionen. Auch zukünftig wird die Fahrzeugtechnologie voranschreiten und einen weiteren Rückgang der Schadstoffemissionen bewirken. Der Gipfel der Abgasemissionen (Benzol, Kohlenwasserstoffe, Kohlenmonoxid, Stickoxide sowie Dieselpartikel) wurde bereits Ende der 80er Jahre erreicht. Seitdem ist der Ausstoß um über 60 Prozent gefallen. In 20 Jahren dürfte der Schadstoffgipfel um rund 90 Prozent unterschritten sein.
Auch die durch die Verbrennung von Benzin und Diesel entstehenden Kohlendioxidemissionen werden zurückgehen. Shell zufolge fällt der Benzin- und Dieselkonsum im Individualverkehr um 30 bis 40 Prozent: Der sinkende Kraftstoffverbrauch und neue Antriebstechniken überkompensieren den Anstieg des Autobestandes.
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