Schwarze Löcher auf Kollisionskurs
Computersimulationen am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik zeigen erstmals, was Gravitationswellen-Detektoren bei der Kollision Schwarzer Löcher messen werden.
Die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher ist eines der seltsamsten Ereignisse, für das sich die moderne Astronomie interessiert. Auf den größten Computern der Welt zeigen Physiker jetzt, wonach Astronomen mit ihren Detektoren suchen müssen und bringen so die ersten Beobachtungen von Gravitationswellen in greifbare Nähe. In einem Artikel in Physical Review Letters vom 17. September 2001, berechnet ein Team junger Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut (AEI) in Golm bei Potsdam) die Form der Gravitationswellen, die abgestrahlt werden, wenn Schwarze Löcher zusammenstoßen und verschmelzen. Mitarbeiter des Teams sind John Baker (jetzt am NASA Goddard Space Flight Center in den USA), Bernd Brügmann, Manuela Campanelli, Carlos Lousto und Ryoji Takahashi. Sie haben sich selbst den Namen „Lazarus Team“ gegeben.
Das wichtigste Ergebnis der Lazarus-Simulationen besteht darin, dass die Gravitationswellen-Astronomen nun wissen, nach welchen Signalformen sie in den Daten ihrer Detektoren suchen müssen. Die Vorhersagen der Lazarus-Simulationen sind genauer und verlässlicher als alle vorhergehenden Berechnungen. Die Lazarus-Wissenschaftler gehen davon aus, dass Gravitationswellen deutlich stärker sind als bislang vermutet.
Bernard Schutz, Direktor am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik, stellt fest: „Der Erfolg des Lazarus-Projekts am AEI stellt sich gerade zum richtigen Zeitpunkt ein. Anhand von Zusammenstößen Schwarzer Löcher können wir womöglich erstmals Gravitationswellen detektieren – das wäre ein Meilenstein für Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie. Numerisch berechnete Gravitationswellenformen werden uns nicht nur helfen, die Wellen solcher Ereignisse zu messen und zu erkennen, sondern sie erlauben uns auch, aus den Messergebnissen Rückschlüsse auf die Massen der Schwarzen Löcher und ihre Entfernung von der Erde zu ziehen. Beim Zusammenstoß Schwarzer Löcher werden weder Licht, noch Radiowellen oder Röntgenwellen abgestrahlt. Wir können diese Ereignisse nur sehen, wenn wir die entstehenden Gravitationswellen messen können.“
Frühere Simulationen konnten nicht den gesamten Verschmelzungsprozess zeigen. Im Innern eines Schwarzen Loches lauert eine „Singularität“, eine Stelle, an der die Schwerkraft immens groß wird. Computersimulationen hatten bislang große Schwierigkeiten, gleichzeitig die abgestrahlten Wellen und das Innere des Schwarzen Loches zu modellieren.
Der entscheidende Fortschritt des Lazarus-Teams am AEI stellte sich ein, als zwei Methoden miteinander kombiniert wurden: die volle Numerische Simulation für den Zusammenstoß und eine Näherungsmethode aus der Störungstheorie zur Berechnung der Strahlung, die von dem entstehenden Schwarzen Loch abgegeben wird. Die Simulation des Zusammenpralls wird daher beendet, bevor der Code zusammenbricht. Für den weiteren Prozess wird eine Methode verwendet, die die Gravitationswellen außerhalb des resultierenden Schwarzen Loches beschreibt. Auch diese Berechnungen werden mit Computern durchgeführt, aber so werden die Simulationsprobleme vermieden, die auftreten, wenn man in das Innere Schwarzer Löcher hineinrechnet.
Originalarbeit: Plunge Waveforms from Inspiralling Binary Black Holes J. Baker, B. Brügmann, M. Campanelli, C. O. Lousto, and R. Takahashi Physical Review Letters 17 September 2001 (Published 31 August 2001)
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