Früherkennung als Aufgabe der Gedächtnissprechstunde
„Alzheimer“ ist längst zum modischen Schlagwort geworden: Zeigt sich jemand vergesslich, schusselig oder desorientiert, wird schnell gefolgert, der Betreffende habe wohl „Alzheimer“. Dies stellt jedoch eine Verharmlosung der klinischen Wirklichkeit der Patienten dar. Mit dem Welt-Alzheimertag der Internationalen Alzheimer-Gesellschaft am Freitag, 21. September 2001 wird die Aufmerksamkeit verstärkt auf diese schwere und zunehmend häufiger auftretende Erkrankung gelenkt. Auch an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie wird seit dem Amtsantritt von Prof. Dr. Johannes Kornhuber vor einem Jahr verstärkt an der Erforschung und Behandlung der Alzheimer-Krankeit gearbeitet. Ein wichtiger Baustein ist die ebenfalls vor einem Jahr ins Leben gerufene Gedächtnis-Sprechstunde.
Ziele des Forschungsschwerpunktes zur Alzheimer-Krankheit an der Erlanger Universitätsklinik sind die erfolgreiche Behandlung von Patienten, die Verbesserung ihrer Lebensqualität und die damit verbundene Entlastung ihrer Familien. Bei „Alzheimer“ handelt es sich um eine langsam fortschreitende Erkrankung. Mit der Behandlung sollen der Krankheitsprozess verzögert und die Krankheitssymptome gemildert werden. Früherkennung ist deshalb eine zentrale Aufgabe der Gedächtnissprechstunde. Bei einer frühzeitigen Behandlung sind die Erfolgsaussichten wesentlich besser. Da Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen auch andere Ursachen haben können wie z.B. Bluthochdruck, Diabetes oder Vitaminmangel, werden in der Gedächtnissprechstunde der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie unter Leitung von Prof. Dr. Joachim Demling und Prof. Dr. Hellmut Erzigkeit mit Hilfe umfangreicher medizinischer und psychometrischer Untersuchungsmethoden mögliche zugrunde liegende Erkrankungen abgeklärt.
Für die Alzheimer-Krankheit gibt es keinen einfachen Test. Prof. Erzigkeit: „Die Grundlage der Diagnose bildet das ärztliche Gespräch mit dem Patienten und den Angehörigen. Erst im Anschluss folgen neuropsychiatrische, laborchemische und apparative bildgebende Verfahren sowie psychometrische Untersuchungsmethoden.“ Mit den für die Therapie zur Verfügung stehenden Medikamenten können die geistige Leistungsfähigkeit, Alltagskompetenz und schließlich die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten in vielen Fällen verbessert oder über längere Zeiträume stabil gehalten werden. Zusätzlich bietet die Gedächtnissprechstunde Erkrankten und ihren Angehörigen ein ständig wachsendes Beratungsangebot.
Die Alzheimer-Krankheit wurde erstmals von dem fränkischen Arzt Alois Alzheimer (1864 bis 1915) beschrieben. Ihr liegt ein langsam fortschreitendes Absterben der Nervenzellen im Gehirn zugrunde, was zum Rückgang der geistigen Leistung und der Veränderung der Persönlichkeit führt. Am Beginn der Erkrankung stehen oft zunehmende Interesselosigkeit oder die Aufgabe von Hobbies. Häufig sind es Angehörigen und Freunde, die Konzentrations- und Gedächtnisstörungen bemerken. Die Bewältigung von Alltagsaufgaben macht den Patienten zunehmend Schwierigkeiten. Schließlich werden sie immer hilfloser bis hin zur vollständigen Abhängigkeit von pflegenden Mitmenschen. Am Ende der Erkrankung folgt der Tod nach Zerstörung aller das Individuum oder die Persönlichkeit des Patienten ausmachenden Merkmale oder Eigenschaften.
Obwohl noch viele Fragen in Diagnostik und Therapie der Alzheimer-Erkrankung ungeklärt sind, sieht Prof. Kornhuber, Inhaber des Lehrstuhls für Psychiatrie und Psychotherapie auf Grund der Forschungsfortschritte in den letzten Jahren keinen Grund mutlos zu sein: „Für eine Reihe von Medikamenten wurde die klinische Wirksamkeit in großen internationalen Studien belegt. Sie haben inzwischen ihren festen Platz im Therapieplan vieler behandelnder Ärzte eingenommen.“ Weitere neu entwickelte Medikamente befinden sich weltweit in der Erprobungsphase.
Bei seiner Arbeit setzt Prof. Kornhuber aber nicht nur auf die eigene erfolgreiche Forschung. Die unter seiner Leitung bereits in Göttingen entwickelten diagnostischen Methoden gelten international als Standard. Ebenso wichtig ist aber auch der wissenschaftliche Austausch und die Umsetzung der Forschungsergebnisse in die Praxis von niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern. Auf diesem Gebiet hat Prof. Kornhuber ebenfalls Neuland betreten. Schon gelungen ist die enge Abstimmung bei der Einrichtung der „Gedächtnissprechstunden“ an der Psychiatrischen Universitätsklinik Erlangen und am Klinikum Nord in Nürnberg. Mit Dr. Günter Niklewski, dem Direktor der Psychiatrischen Klinik in Nürnberg, bestehen bereits Kooperationsabsprachen zur Anwendung von diagnostischen Methoden und zum regelmäßigen wissenschaftlichen Erfahrungsaustausch. Mit Unterstützung von Bezirkstagspräsident Gerd Lohwasser steht ein Kooperationsvertrag zwischen der Psychiatrischen Universitätsklinik und den drei mittelfränkischen Bezirkskrankenhäusern in Ansbach (Direktor: Dr. Hans-Peter Scholl), Erlangen (Direktor: Prof. Dr. Holger Schneider) und Engelthal (Direktor: Dr. Gerd Lotter) unmittelbar bevor. Ziel ist dabei die Einrichtung eines gemeinsam getragenen Modellprojektes zur Verbesserung der Frühdiagnose und Behandlung von Patienten mit Morbus Alzheimer.
Im Rahmen der Kooperation wird in der Gedächtnissprechstunde auch den niedergelassenen Allgemeinärzten und Fachärzten für Neurologie und Psychiatrie, Geriatern und klinischen Psychologen Unterstützung bei der Diagnose und Therapie angeboten. Kornhuber: „Das Ziel aller ärztlichen Bemühungen ist die Verbesserung der Diagnose und Behandlung von Alzheimer-Erkrankten. Entscheidend bleibt aber der frühzeitige Gang zum Arzt bei Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen.“
Die Gedächtnissprechstunde wird jeden Dienstag und Donnerstag in der Zeit von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr abgehalten. Anmeldungen sind unter der Telefonnummer 09131/85 -34597 (Frau Beck) oder über die Ambulanz von Prof. Kornhuber (Tel: 09131/85 -34166, Frau Brinkert) möglich.
* Weitere Informationen:
Prof. Dr. Hellmut Erzigkeit, Klinik mit Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Schwabachanlage 6, 91054 Erlangen
Tel.: 09131/ 85 -36703, 0171/ 6809181
E-Mail: hellmut.erzigkeit@psych.imed.uni-erlangen.de
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