Klimaänderung so rasant wie noch nie
Hamburger Klimaforscher präsentieren neueste Modellergebnisse für das kommende Jahrhundert
Nach Berechnungen der Wissenschaftler am Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) wird sich das Klima in den kommenden hundert Jahren so schnell ändern wie noch nie. Das haben die neuesten Klimamodellrechnungen für unterschiedliche Szenarien bis zum Jahr 2100 ergeben.
Auf dem Höchstleistungsrechnersystem des Deutschen Klimarechenzentrums haben die Klimaforscher des MPI-M mit ihrem komplexen Klimamodell berechnet, dass die globale Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts um vier Grad steigen und der Meeresspiegel durchschnittlich um bis zu 30 Zentimeter ansteigen könnte. Im Sommer rechnen die Wissenschaftler unter bestimmten Bedingungen mit dem vollständigen Abschmelzen des Meereises in der Arktis. Für Europa wird eine Zunahme von trockeneren und wärmeren Sommern erwartet, aber auch mehr extreme Hochwasserereignisse durch Starkniederschläge.
Die Ergebnisse der Hamburger Klimaforscher werden in den Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC – Intergovernmental Panel on Climate Change) einfließen, der im Auftrag der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) den Regierungen als unabhängige Information zur Verfügung gestellt wird. Das Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie ist eines der weltweit führenden Klimaforschungseinrichtungen und war in den vergangenen 2 Jahren mit ca. 50 Wissenschaftlern und einem finanziellen Aufwand in Höhe von knapp 10 Millionen Euro an dem Forschungsprojekt beteiligt. Derzeit stellen die Hamburger Wissenschaftler ihre Ergebnisse auf einem internationalen Workshop im Max-Planck-Institut für Meteorologie vor und diskutieren sie mit Kollegen und Anwendern aus dem In- und Ausland. Die Daten und Ergebnisse werden insbesondere auch Forschergruppen zur Verfügung gestellt, die sich mit Klimafolgenforschung befasst. Dazu gehören die Regionalisierung der Ergebnisse sowie die Auswirkungen auf Land- und Meeresökosysteme, Hydrologie, Luftqualität und auf sozio-ökonomische Systeme.
Mit aufwändigen Modellen konnten die Klimaforscher die Vermutungen der vergangenen Jahre bestätigen, dass der Mensch einen großen und bislang nie da gewesenen Einfluss auf unser Klimageschehen hat und die globale Erwärmung fortschreitet. Zur Überprüfung der eigenen Klimamodellrechnungen haben die Forscher zunächst das Klima der vergangenen Jahrhunderte simuliert und die Ergebnisse mit dem realen Klimageschehen verglichen. „Auf diese Weise konnten die theoretischen Modelle der Wirklichkeit angepasst werden“, sagte Professor Jochem Marotzke, Geschäftsführender Direktor am MPI-M. „Dafür haben wir den größten Klimarechner Europas am Deutschen Klimarechenzentrum eingesetzt“. „Das wesentliche Ergebnis der Zukunftsszenarien ist die fortschreitende Erhöhung der globalen Mitteltemperatur und die damit verbundene Verschiebung von Klimazonen“, so Dr. Erich Roeckner, Projektleiter der Hamburger Modellrechnungen für den IPCC-Bericht. In Europa werden die Sommer wärmer und trockner. Extremereignisse wie Starkniederschläge mit Hochwasserereignissen als Folge gehen mit einer erwärmten Atmosphäre einher. Auch die Winter werden wärmer und feuchter werden. In der Arktis werden die Eisbären im Sommer nicht mehr von Eisscholle zu Eisscholle wandern können, da es diese wegen des schmelzenden Meereises unter bestimmten Bedingungen vermutlich nicht mehr geben wird. Die Forstwirtschaft wird in fast allen Teilen der Erde andere als bislang übliche Baumarten bewirtschaften müssen.
„Das Max-Planck-Institut für Meteorologie beteiligt sich an der Berechnung der IPCC-Szenarien mit einem gekoppelten Atmosphäre-Ozean-Modell, das als eines der weltweit besten Klimamodelle angesehen wird“, betont Guy Brasseur, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie als einer von 15 koordinierenden Hauptautoren des IPCC-Berichtes. „Als Wissenschaftler wollen wir den Politikern mit dem IPCC-Bericht eine möglichst verständliche Entscheidungsvorlage an die Hand geben, ohne selbst zu entscheiden, welche Maßnahmen nun politisch am dringlichsten umgesetzt werden sollten.“
Der 2007 neu erscheinende 4. Sachstandbericht des IPCC – kurz IPCC-Report – ist der Leitfaden für alle Regierungen, um sich auf die geänderten Klimaverhältnisse der kommenden Jahrzehnte vorzubereiten. Insgesamt beteiligen sich an den ca. alle 5 Jahre erscheinenden IPCC-Reports weltweit etwa 1000 Wissenschaftler, die von ihren Regierungen beauftragt werden, sich an dem umfassenden, unabhängigen Klimastatusbericht zu beteiligen.
Ansprechpartner für Medien:
Dr. Annette Kirk
Max-Planck-Institut für Meteorologie
Bundesstr. 53
20146 Hamburg
Tel.: 040 41173 374, e-mail: annette.kirk@dkrz.de
Dr. Erich Roeckner
MPI-M
Tel.: 040 41173 368, e-mail: roeckner@dkrz.de
TV-Footage und Radio-O-Töne bei:
ALDEBARAN Marine Research & Broadcast
Deichstr. 48-50
20459 Hamburg
Tel.: 040 32 57 21-0
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.dkrz.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften
Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.
Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.
Neueste Beiträge
Wirkstoff-Forschung: Die Struktur von Nano-Genfähren entschlüsseln
LMU-Forschende haben untersucht, wie sich kationische Polymere beim Transport von RNA-Medikamenten auf molekularer Ebene organisieren. Kationische Polymere sind ein vielversprechendes Werkzeug für den Transport von RNA-Therapeutika oder RNA-Impfstoffen und werden…
Entwicklung klimaneutraler Baustoffe
…aus biogenen Materialien unter Einsatz phototropher Mikroorganismen. Das Fraunhofer-Institut FEP in Dresden bietet skalierbare Forschungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, um technologische Innovationen auf neue Produktionsprozesse anzuwenden. Angesichts der steigenden Nachfrage nach klimaneutralen…
Optimiertes Notfallmanagement dank App
Wie die eGENA-App bei Notfällen in der Anästhesie hilft. Mit der eGENA-App hat die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) ein digitales Werkzeug geschaffen, das den Klinikalltag bei…