Antibiotika in Puten gefunden
Auch Behörden warnen: Massentierhaltung braucht zu viele Medikamente
Greenpeace hat einen neuen Beweis dafür gefunden, dass Puten in der Massentierhaltung routinemäßig Medikamente erhalten, insbesondere Antibiotika. Die Umweltorganisation hat 19 Putenschenkel untersuchen lassen, die in Supermärkten in Hamburg, Hannover und Göttingen gekauft wurden. In 14 Knochen wurden Antibiotika aus der Gruppe der Tetracycline entdeckt. Auf einer Pressekonferenz in Hannover legt Greenpeace heute Fotos vor, auf denen die Ablagerung der Antibiotika in den Knochen zu sehen ist. Die untersuchten Putenschenkel stammen unter anderen von der Firma Heidemark aus Garrel (Niedersachsen), von der auch Unilever für seine Marke „Du darfst“ Fleisch bezieht.
„Hinter jeder Spur von Tetracyclin in einem Putenknochen verbirgt sich ein breiter Einsatz von Antibiotika, bei dem mehrere Tausend Tiere gleichzeitig behandelt werden“, sagt Greenpeace-Sprecherin Barbara Kamradt. „Puten werden mit Antibiotika vollgepumpt, damit sie die Massentierhaltung überhaupt durchstehen. Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Medikamente auch im Endprodukt zu finden sind. Sie landen beim Verbraucher auf dem Teller.“
Puten aus Massentierhaltung bekommen in den letzten drei Wochen keine Antibiotika mehr, weil diese sonst im Fleisch nachweisbar wären. Tetracycline lagern sich aber in den Knochen ab. Über zwei Drittel der Puten, deren Knochen untersucht wurden, erhielten mindestens einmal Tetracycline. In einem Knochen hatten sich sogar zwei verschiedene Antibiotika angereichert.
Der Antibiotikaeinsatz in der Massentierhaltung stellt für den Menschen ein großes Problem dar, da immer mehr Krankheitserreger resistent werden. Auf die Zunahme von Resistenzen bei Bakterien als Folge eines übermäßigen Einsatzes antimikrobiell wirksamer Substanzen in der Nutztierproduktion weist auch das Berliner Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) seit Jahren hin. Der Leiter des Nationalen Referenzlabors für Salmonellen im BgVV, Dr. Helmuth, betont auf der Pressekonferenz: „Resistente Bakterien aus den Ställen können über die Nahrung auf den Menschen übertragen werden. Besorgnis erregend ist vor allem der beginnende Anstieg von Resistenzen gegen neue Antibiotika wie die Fluorchinolone, die in der Humanmedizin eine sehr wichtige Rolle spielen. Das erschwert die Behandlung von schweren Erkrankungen. Im New England Journal of Medicine wurde sogar über zwei Todesfälle nach Therapieversagern berichtet.“
„Knapp 4000 Tonnen Antibiotika werden jährlich in der EU zu angeblich therapeutischen Zwecken in Ställen eingesetzt“, erklärt Prof. Manfred Kietzmann von der Tierärztlichen Hochschule Hannover. „Ein Großteil davon erscheint völlig überflüssig und dient offenbar dazu, die schlechten Haltungsbedingungen auszugleichen oder die als Masthilfe verbotenen Leistungsförderer zu ersetzen.“ Greenpeace fordert mehr Platz, Luft und Licht für die Tiere. Nur wirklich kranke Tiere dürfen gezielt mit den Antibiotika behandelt werden, die für die Behandlung des Menschen weniger wichtig sind. Zudem sollen Nahrungsmittelhersteller und Handel nur noch Produkte einkaufen, die nicht aus Massentierhaltung stammen.
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