Forschungsprojekt Elektronische Kommunikation in Unternehmen und Verwaltungen
Ein Forschungsprojekt, das sich mit dem Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien in Unternehmen und Verwaltungen beschäftigt, startete im August an der Professur für Konsum- und Kommunikationsforschung an der Universität Trier. Im Zentrum der Forschungen steht die Frage, wie sich die Akzeptanz neuer IuK-Technologien im beruflichen Alltag gestaltet und wie sich im Umgang mit neuen Medien Nutzungsregeln herauszubilden beginnen.
Die Geschichte der modernen Kommunikation kennt viele Beispiele, die von einer zunächst verhaltenen Akzeptanz gegenüber neuen Medien berichten. Als Alexander Graham Bell seine liquid telephone-Technologie im Jahr 1876 als Patent anmeldete, sah die amerikanische Geschäftswelt darin ein scientific toy. Bis die Überlegenheit im Vergleich zur Telegraphentechnologie offensichtlich wurde, vergingen viele Jahre. Aber allmählich entwickelten sich auch für dieses Medium Regeln des Umgangs; Telefonregeln für Unternehmen wurden angesichts der wachsenden Diffusion notwendig. Dieses historische Beispiel ist auch für gegenwärtige Entwicklungen in der Unternehmenskommunikation von Bedeutung. Je größer die Zahl der verfügbaren Kommunikationsmedien, desto häufiger werden Fragen der Akzeptanz auch zu Fragen der Übereinkunft über Nutzungsregeln.
Denn heute hat der Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien) im Unternehmensalltag erkennbar zur Folge, dass in vielen Fällen unterschiedliche Möglichkeiten zur Vermittlung einer Nachricht bzw. zur Erledigung eines bestimmten Sachverhalts zur Verfügung stehen. Infolgedessen wird immer häufiger die Frage auftauchen, welches Medium bzw. welcher Kanal für welchen Zweck geeignet ist. Die Verwendung neuer IuK-Technologien verlangt offensichtlich eine Verständigung auf Konventionen, die letztlich auch die Akzeptanz bestimmter Formen des Informationsaustauschs betreffen. Die Abkehr von gewohnten Arbeitsabläufen wird nur dort ohne nennenswerte Reibungsverluste stattfinden, wo eine positive Grundeinstellung gegenüber der elektronisch gestützten Variante besteht. Formen einer nicht immer zweckdienlichen „Überakzeptanz“ neuer Medien haben dagegen Unternehmen dazu veranlasst, bspw. das Versenden von E?Mails zu bestimmten Zeiten zu verbieten oder den Zugang zum World-Wide-Web zu begrenzen.
Unter dem Leitbild E?Business finden gegenwärtig in vielen Unternehmen Umstrukturierungen organisatorischer Abläufe statt, die ohne einen durchgehenden Einsatz moderner IuK-Technologien nicht realisierbar wären. Ähnliche Entwicklungen lassen sich im Zuge von „E?Government“-Maßnahmen auch in den Verwaltungen beobachten. Erwartet wird eine Optimierung der zeitlichen Effizienz des Informationsflusses. Dass Letzteres keinesfalls garantiert ist, verdeutlichen die angeführten Beispiele und die damit einhergehende Diskussion des so genannten „Information-Overload“ als Folge des Anstiegs computervermittelter Kommunikation. Der vermeintliche „Zeitgewinner“ Technologie entwickelt sich dergestalt zum „Zeitfresser“. Darüber hinaus besteht die Gefahr einer Abnahme persönlicher Kontakte, deren Auswirkungen auf das soziale Gefüge der Organisation in diesem Zusammenhang bisher nur wenig hinterfragt wurden. Vor diesem Hintergrund lässt sich das Ziel des Forschungsprojekts in Anlehnung an die berühmte Lasswell-Formel wie folgt beschreiben:
WER sagt WAS zu WEM über welchen KANAL mit welchem EFFEKT?
Im Rahmen der Studie sollen zum einen die Einflussfaktoren auf die Medienwahl ermittelt und zum anderen die Konsequenzen der Mediennutzung für den Unternehmensalltag analysiert werden. Wie beeinflussen z.B. Inhalt, Zeit oder Adressat (situative Rahmenbedingungen) die Medienwahl? Welche Folgen ergeben sich aus der umfassenden Nutzung moderner IuK-Technologien für traditionelle organisatorische Abläufe? Verändern sich formelle oder informelle Kommunikationsstrukturen? Wie viel Zeit entfällt auf die einzelnen Kommunikationskanäle? Führt der Einsatz neuer Medien zu neuen zeitlichen Freiräumen oder zu neuen Belastungen? In welcher Weise ändert sich das tägliche Miteinander im Unternehmen/in der Verwaltung?
Insgesamt sollen 1000 Beschäftigte befragt werden. Die Auswahl berücksichtigt sowohl die Position als auch das Aufgabenfeld im Unternehmen. Ziel ist es, Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen in die Untersuchung einzubeziehen. Die Erhebung erfolgt mit Hilfe eines modular aufgebauten, standardisierten Fragebogens in zwei Wellen. Mittels dieses Designs können Entwicklungen und Trends, die sich während der Projektlaufzeit abzeichnen, erfasst und in die Untersuchung einbezogen werden. Der Fragebogen soll Aufschluss darüber geben, welche Einflüsse die Medienwahl bestimmen, und welche Probleme und Potenziale sich aus der Mediennutzung ergeben. Darüber hinaus sollen die wahrgenommenen Folgen des Einsatzes moderner IuK-Technologien für den Unternehmensalltag Beachtung finden.
Ergänzend zur Fragebogenerhebung werden mit ausgewählten Personen in Einzel- und Gruppengesprächen zukünftige Entwicklungen für die Unternehmenskommunikation thematisiert und bestehende oder erwartete Probleme diskutiert. Die Ergebnisse der Studie können hier einfließen und den Unternehmen bereits während der Projektlaufzeit Anstöße geben.
Bedeutung und Nutzen des Forschungsprojekts
- Entscheidungsgrundlagen zur Einführung und Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien
Das Forschungsprojekt liefert Hinweise zu den organisatorischen Rahmenbedingungen des Einsatzes moderner Medien. Die Voraussetzungen und Einflussfaktoren (z.B. Vertrauensklima) für einen effizienten und effektiven Einsatz neuer Technologien werden ermittelt und Chancen und Risiken dargelegt. - Ermittlung und Abgrenzung eines Regelungsbedarfs für die Nutzung neuer Medien
Die Studie gibt Aufschluss darüber, in welchem Umfang der Einsatz von Informations- und Kommunikationsmedien im Unternehmen reglementiert werden kann und soll. Das Projekt soll Lösungen aufzeigen, wie dysfunktionalen Effekten aus der Nutzung neuer Medien begegnet werden kann. - Generierung von Anhaltspunkten für die Entwicklung neuer (intelligenter) Softwarelösungen im Bereich des Kommunikationsmanagements
Die Darstellung des Einsatzes neuer Medien in der Unternehmenskommunikation zeigt Problemfelder und Ansatzpunkte für neue technische Lösungen auf (z.B. Wissensmanagement, Intranet, intelligente Mail-Programme). Gleichzeitig erlaubt die Analyse der Akzeptanz einzelner Medien Rückschlüsse für den Einsatz neuer Weiterbildungs- oder Informationssysteme (z.B. E?Learning, computerbasiertes Business-TV).
Gegenwärtig werden noch Unternehmen und Verwaltungen gesucht, die sich an dieser Studie beteiligen möchten. Interessierte Unternehmen sollten über mehr als 50 Beschäftigte verfügen und den Branchen Dienstleitung oder Banken/Versicherungen angehören.
Projektleitung: Projektkoordination:
Universität Trier Universität Trier
Prof. Dr. Michael Jäckel Dipl.-Kfm. Alexander Würfel
Lehrstuhl für Konsum- und DM 20 / Postfach Nr. 8
Kommunikationsforschung 54286 Trier
54286 Trier Telefon: (0651) 201-3172
Telefon: (0651) 201-2656 Telefax: (0651) 201-3860
Telefax: (0651) 201-2657 E-Mail: wuerfel@uni-trier.de
E-Mail: jaeckel@uni-trier.de
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Weitere Informationen:
http://www.uni-trier.de/~commAlle Nachrichten aus der Kategorie: Kommunikation Medien
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