Mit "Salsa" schonend Zahnersatz platzieren

Eine neue endoskopische Technik ermöglicht jetzt die so genannte „Schlüsselloch-Chirurgie“ auch bei Zahnimplantaten. Zahnmediziner der Universität Göttingen – Bereich Humanmedizin – wenden „SALSA“ (Subantroskopisch Laterobasale Sinusboden Augmentation) seit einiger Zeit an. Bei Zahnverlust im Oberkiefer entsteht häufig eine große Öffnung in der Kieferhöhlenwand, die für die Platzierung eines Zahnimplantates geschlossen sein muss. Dafür wurde bislang Knochenmaterial aus der Hüfte entnommen und zum Knochenaufbau im Oberkiefer wieder eingesetzt. Eine solche Hüft-Operation erfolgt stationär und unter Vollnarkose. Mit „SALSA“ ist diese Knochenentnahme aus der Hüfte nicht mehr notwendig. „Schon kleine Mengen Knochenersatzmaterial, die experimentell und klinisch von Professor Dr. Dr. Hans G. Jacobs erprobt wurden, eigene Knochen, zusammen mit körpereigenen Wachstumsfaktoren können durch eine Öffnung von nur fünf Millimetern in einen künstlich mit dem Endoskop erzeugten Raum zwischen Kieferknochen und Kieferhöhlenschleimhaut eingebracht werden,“ sagt Professor Dr. Dr. Wilfried Engelke, Abteilung Zahnärztliche Chirurgie. Die neue Technik habe auch bei ungünstigen Implantatlager des seitlichen Oberkiefers eine Erfolgsquote von 94 Prozent. Das habe eine Untersuchung an mehr als 200 Implantaten an der Göttinger Klinik über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren nachgewiesen. Die Resultate wurden kürzlich bei einem internationalen Symposium in Boston/USA vorgestellt.

Während des endoskopischen Eingriffs kann der Zahnarzt in einem Arbeitsgang auch künstliche Zahnwurzeln, also dentale Implantate einsetzen. Die Prinzipien der dentalen Implantologie wurden bereits Mitte der 70-er Jahre von Professor Dr. Dr. Hans G. Jacobs an der Göttinger Zahnklinik erarbeitet. Die Stabilität der Implantate kann dabei wenn notwendig mit den so genannten „Göttinger Satellitenimplantaten“ soweit verbessert werden, dass die Einheilzeit von bisher etwa zwölf Monaten für einen Kieferaufbau und die Einheilung der Implantate um mehrere Monate verkürzt werden kann und die Patienten in der Einheilungsphase stets eine Verankerungsmöglichkeit für ihren Zahnersatz behalten. Der Einsatz des Endoskopes ermöglicht es, den Knochenverlust beim Kieferhöhlenaufbau sehr gering zu halten, vergleichbar mit dem Verlust an Zahnsubstanz bei der Füllung eines Backenzahnes. Deshalb wird die für die Knochenregeneration wesentliche Blutversorgung erhalten und der Bildung von so genannten Mund-Antrum-Fisteln, einer möglichen Komplikation der konventionellen Technik, vorgebeugt.

Die neue Technik wurde jetzt durch die Audiovisuelle Zentrale des Bereichs Humanmedizin verfilmt. Ein halbstündiges Video dient der Ausbildung von Implantologen und ist bereits in englischen und spanischen Fassungen erhältlich. Die in der Ausbildung befindlichen Implantologen können am speziell dafür entwickelten Göttinger Operationsphantom die minimalinvasive Technik erlernen. Eine umfangreiche Langzeituntersuchung zur SALSA- Technik findet zur Zeit in einem Projekt mit der Universität de Entre Rios/Argentinien und mit Unterstützung deutscher Endoskophersteller statt.

Die neue SALSA-Technik ist Resultat einer 10-jährigen Forschungstätigkeit von Professor Dr. Dr. Wilfried Engelke, der aufgrund seiner Ausbildung als Hals-Nasen-Ohrenarzt und Kieferchirurg die Methode aus der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde in die Zahnheilkunde „importiert“ hat. Durch Verbesserung der endoskopischen Systeme zur so genannten Stütz-Immersions-Endoskopie können jetzt sogar die Bohrstollen für zahnärztliche Implantate während der Operation genau untersucht werden und das geeignete Implantat nach der Beschaffenheit des Implantatlagers ausgewählt werden. Die Endoskopie gibt auch Auskunft über die Belastungsfähigkeit des Knochens und dessen Regenerationspotenzial, so dass die zahnärztliche Implantatbehandlung durch die Schlüssellochtechnik sicherer wird.

In der Göttinger Implantatsprechstunde hat die neue Technik die aufwendigere so genannte Fenstertechnik nach Tatum vollständig abgelöst, nur in wenigen Ausnahmefällen, wie zum Beispiel bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalten und nach Tumoroperationen, ist die Verwendung von Hüftknochen noch notwendig. Alle anderen Fälle können mit der neuen minimal invasiven, endoskopischen Technik mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit ambulant in Lokalanästhesie behandelt werden. Die chirurgische Behandlung mit Kieferhöhlenaugmentation und Implantation von drei Implantaten einer Kieferseite dauert etwa 90 Minuten, also nicht länger als die zahnärztliche Behandlung zur Herstellung einer Brücke.

Weitere Informationen:

Universität Göttingen – Bereich Humanmedizin
Abt. Zahnärztliche Chirurgie
Direktor Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Hans G. Jacobs
Prof. Dr. Dr. Wilfried Engelke
Robert-Koch-Str. 40
37075 Göttingen
Tel.: 0551/39 – 2868 (Poliklinik – mit Prof. Engelke verbinden lassen)
Fax: 0551/39 – 92 17

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Rita Wilp idw

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