Archäologische Sensation: Heidelberger Forscher entdecken das "Mekka" der Montanisten

the valley of the Pepouza site

Jahrhundertelanges Rätselraten beendet: In Phrygien entdeckten Prof. Peter Lampe von der Universität Heidelberg und Prof. William Tabbernee aus Tulsa (USA) das antike Pepouza, wo frühe Christen die Herabkunft des „himmlischen Jerusalem“ erwarteten

Unter Heidelberger Beteiligung gelang es einem internationalen Forscherteam, das Jahrhunderte alte Geheimnis um Pepouza, den lange verschollenen Hauptsitz und heiligen Ort der antiken Montanisten, durch eine archäologische Entdeckung zu lüften. Prof. Peter Lampe von der Universität Heidelberg und der Montanismusexperte Prof. William Tabbernee aus Tulsa, USA, entdeckten mit ihren Teamkollegen den bisher der wissenschaftlichen Welt nicht bekannten Siedlungsplatz aus römischer Zeit in einem unzugänglichen Flusstal südlich von Usak (Türkei).

Der Montanismus entstand um 165 n.Chr. in Phrygien in Kleinasien als von frühen Christen gegründete prophetisch-charismatische Bewegung, in der ekstatische Elemente und ein hoher Einfluss von Frauen eine Rolle spielten. Auch das Priesteramt stand beiden Geschlechtern offen. Die Bewegung erfreute sich großen Zulaufs, breitete sich rasch über das gesamte Römische Reich aus und fasste auch in Rom und Konstantinopel Fuß.

Sie wurde jedoch bald als eigenständige Kirche verketzert, der Beeinflussung durch den phrygischen Kult der Muttergottheit Kybele verdächtigt und von den christlichen Kaisern ab dem 4. Jahrhundert zugunsten eines konservativeren Christentums verfolgt. Pepouza mit seinem Schrein der Gebeine des Propheten „Montanus und seiner Frauen“ zog als heiliges Zentrum die Menschen an, bis 550 n.Chr. kaiserliche Soldaten den Schrein zerstörten und andere Gebäude der Montanisten, einschließlich ihres Klosters, konfiszierten.

Bereits im 2. Jahrhundert träumten die Montanisten davon, in Pepouza würde beim Weltende das am Ende der christlichen Bibel beschriebene „Neue Jerusalem“ aus dem Himmel auf die Erde herabkommen.

Prof. Peter Lampe und Prof. William Tabbernee entdeckten den Siedlungsplatz südlich von Usak. Dem Expertenteam, das sich bei seiner Suche auf antike Dokumente stützte, gelang es, diesen Ort als das von den antiken Montanisten zu ihrem Hauptsitz erkorene Pepouza zu identifizieren. Mit Unterstützung der türkischen Regierung leitete Prof. Lampe eine intensive archäologische Oberflächenuntersuchung dieser historisch bedeutsamen Siedlungskammer des antiken Phrygien ein. Dem Survey-Team werden im nächsten Jahr auch Kartographen der Fachhochschule Karlsruhe, Jürgen Otto und Andreas Rieger, angehören.

Prof. Tabbernee erläuterte zu dem Fund: „Schlüssel zur Identifizierung des bisher unbekannten Siedlungsplatzes als Pepouza war ein mit der Stadt verbundenes Kloster, das in den antiken literarischen Quellen wiederholt auftaucht. Als wir das unzugängliche Tal abwanderten, boten sich unseren Augen zunächst Reste einer römischen Straße, einer Brücke sowie ein weitläufiger antiker Friedhof neben Resten einer größeren Stadtsiedlung. Etliche hundert Meter weiter erklommen wir sodann einen in den Felsen gehauenen umfangreichen Klosterkomplex mit antiken Graffiti.“

Prof. Lampe: „Das Rätsel Pepouzas kann als gelöst gelten“

„Von einem Felsplateau aus“, fuhr Lampe fort, „ließen sich auf Anhieb weitere Geländemerkmale erkennen, die mit den Hinweisen der antiken Quellen über Pepouza übereinstimmen.“

„Seit über einem Jahrhundert“, so Lampe, „bemühten sich die Gelehrten um die Identifizierung Pepouzas. Sie schlugen in dem in Frage kommenden phrygischen Gebiet zahlreiche antike Siedlungsstätten vor, doch keiner dieser Orte wies den von den antiken Schriften genannten Klosterkomplex auf. Das Rätsel Pepouzas kann als gelöst gelten. Gleichwohl wird unser Survey nicht nur die christliche Epoche dieser Siedlungskammer erfassen, sondern auch die früheren und späteren Siedlungsphasen erforschen. In einer in Flussnähe gelegenen Höhle wird möglicherweise sogar neolithisches Fundmaterial zu erwarten sein. An anderer Stelle sind zum Beispiel Spuren des Kybelekultes ersichtlich.“

Mit von der Entdeckungsparty waren Prof. Robert Jewett (Chicago, derzeit Gastprofessor in Heidelberg), Dr. Richard Petrovszky (Speyer), Henning Hupe (Heidelberg), auf türkischer und amerikanischer Seite Prof. Ayse Calik-Ross, Hüsam Suleymangil, Richard Engle und David Killen. Ihnen gelang der Fund in Kooperation mit dem vor Ort zuständigen Direktor des Archäologischen Museums in Usak, Kazim Akbiyikoglu.

Kontakt:
Prof. Dr. Peter Lampe
Universität Heidelberg
Wissenschaftlich-Theologisches Seminar
Kisselgasse 1, 69117 Heidelberg
Tel. 06221 543319 oder -543311 oder 06223-2927, Fax 06221 543509 
Peter.Lampe@urz.uni-heidelberg.de

oder peterlampe@hotmail.com

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Dr. Michael Schwarz idw

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