Stammzellen für die Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen

Neurales Gewebe, das in der Zelltherapie eingesetzt werden kann, lässt sich am Tiermodell Maus auf zwei alternativen Wegen aus neuralen Vorläuferzellen herstellen, die unter spezifischen Kulturbedingungen gehalten werden. Grafik: Twardzik

Bei Krankheiten wie Parkinson, Alzheimer und Creutzfeldt-Jakob sterben im Gehirn Nervenzellen ab. Möglicherweise lässt sich dieser Verlust ausgleichen, wenn die überlebenden Nervenzellen dazu gebracht werden, sich zu vermehren. Um diesem Ziel näher zu kommen, erforschen Wissenschaftler von der Universität Würzburg die Eigenschaften von Stammzellen aus dem Gehirn, denn diese besitzen die Fähigkeit zur Zellteilung und Selbsterneuerung.

Fast täglich berichteten die Medien in den vergangenen zwei Jahren, ausgelöst durch die BSE-Krise, über neurodegenerative Erkrankungen, ihre Behandlungsmöglichkeiten und die Heilungschancen. Hierzu zählt die Parkinson-Krankheit, an der in Deutschland rund 300.000 Menschen leiden und bei der jährlich an die 30.000 Neuerkrankungen zu verzeichnen sind. Auch die Alzheimer-Erkrankung gehört dazu: Von ihr sind in Deutschland 800.000 Menschen betroffen, wobei sich diese Zahl in den kommenden zehn Jahren voraussichtlich verdoppeln wird.

Ein weiteres Leiden aus der Gruppe der neurodegenerativen Krankheiten ist Creutzfeld-Jakob. Die Ausbreitung dieser beim Menschen auftretenden Variante von BSE könne man zurzeit nur schwer abschätzen, so Dr. Thomas Twardzik vom Würzburger Uni-Institut für Medizinische Strahlenkunde und Zellforschung. All den genannten Krankheiten ist die fortschreitende Degeneration des Gehirns gemeinsam, wobei bislang nur die Symptome behandelt werden können.

Lange Zeit gingen die Wissenschaftler davon aus, dass der Körper Schäden am Gehirn nicht selbst reparieren kann, da zerstörte Nervenzellen nicht erneuerbar sind. In den vergangenen Jahren hat sich allerdings gezeigt, dass im Gehirn von Ratten und Singvögeln Nervenzellen durchaus neu entstehen können: Diese Fähigkeit zur Regeneration ist auf die neuralen Stammzellen zurückzuführen, die ein gewisses Potenzial zur Zellteilung und Selbsterneuerung zeigen.

Dr. Twardzik: „Setzt man im Tierversuch diese Zellen ein, um zerstörtes Nervengewebe zu regenerieren, so führt das zur Ausbildung neuer, funktionsfähiger Nervenzellen. Allerdings führt es in manchen Fällen auch zur Entstehung von Tumoren.“

In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt unter der Leitung von Prof. Dr. Ulf R. Rapp will die Arbeitsgruppe von Dr. Twardzik das Entwicklungspotenzial der neuralen Stammzellen nun genauer untersuchen. Die Zellen sollen genetisch manipuliert werden, um sie in bestimmte Entwicklungswege zu weisen und sie darin zeitweilig festzuhalten.

Hiervon erwartet man sich Aufschlüsse über die Mechanismen, die zur Ausbildung beispielsweise von Nervenzellen führen. „Es ist zu erwarten, dass diese Erkenntnisse es auch ermöglichen werden, die Tumorentstehung in den Transplantationsexperimenten zu unterdrücken“, so Dr. Twardzik.

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sollen die Grundlage dafür schaffen, in entwickelten Nervenzellen gezielt ein Programm anzuschalten, das die Zellen wieder mit den Eigenschaften ihrer neuralen Vorläufer ausstattet. Langfristiges Ziel ist der Einsatz solcher Zellen als Gewebeersatz bei neurodegenerativen Erkrankungen.

Weitere Informationen: Dr. Thomas Twardzik, T (0931) 201-3847, Fax (0931) 201-3835, E-Mail: 
thomas.twardzik@mail.uni-wuerzburg.de

Media Contact

Robert Emmerich idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Wirkstoff-Forschung: Die Struktur von Nano-Genfähren entschlüsseln

LMU-Forschende haben untersucht, wie sich kationische Polymere beim Transport von RNA-Medikamenten auf molekularer Ebene organisieren. Kationische Polymere sind ein vielversprechendes Werkzeug für den Transport von RNA-Therapeutika oder RNA-Impfstoffen und werden…

Entwicklung klimaneutraler Baustoffe

…aus biogenen Materialien unter Einsatz phototropher Mikroorganismen. Das Fraunhofer-Institut FEP in Dresden bietet skalierbare Forschungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, um technologische Innovationen auf neue Produktionsprozesse anzuwenden. Angesichts der steigenden Nachfrage nach klimaneutralen…

Optimiertes Notfallmanagement dank App

Wie die eGENA-App bei Notfällen in der Anästhesie hilft. Mit der eGENA-App hat die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) ein digitales Werkzeug geschaffen, das den Klinikalltag bei…