Werbefinanziertes Fernsehen: Klein und allein heißt pleite zu sein
Fernsehsender müssen als Vollprogrammanbieter in Deutschland ungefähr vier Prozent Marktanteil erreichen, um profitabel zu sein. Das heißt: Nur größere Sender haben überhaupt eine Chance, ihre Kosten zu decken – geschweige denn ihre Anlaufverluste abzutragen. In der gerade erschienenen ersten für den deutschen Fernsehmarkt durchgeführten Break-even-Analyse zeigt der Wirtschaftswissenschaftler Armin Rott von der Universtität Dortmund, dass die über den Erfolg im Zuschauermarkt erzielbaren Werbeeinnahmen häufig nicht ausreichen, die für die notwendige Attraktivität erforderlichen Kosten zu decken. Resultat: Kleine Sender haben so gut wie keine Möglichkeit, auf dem deutschen Fernsehmarkt Fuß zu fassen.
Die jüngst aufgegebenen Pläne des Medienunternehmens Kinowelt etwa, mit einem eigenen Fernsehsender in den Markt einzutreten, belegen dies.
Langfristig und auf Senderebene spricht viel dafür, dass höhere Zuschauerreichweiten mit höheren Kosten verbunden sind. Gründe: "Event-Programme" wie Sportübertragungen, Spielfilmhighlights und Spielshows mit spektakulären Gewinnen gehören zu den Programmen mit den höchsten Minutenkosten. Gleichzeitig erreichen sie regelmäßig die höchsten Marktanteile auf dem Zuschauermarkt.
Break-Even erfordert Mindestmarktanteil von 3,9 Prozent
Erstsendungen sind in der Regel deutlich teurer als Wiederholungen, gleichzeitig aber erheblich attraktiver für die Zuschauer. Je aktueller ein Programm ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer hohen Quote. Gleichzeitig steigen mit der Aktualität aber meist auch die (Beschaffungs-)Kosten. Auch für die Eigenwerbung der TV-Sender gilt, dass höhere Aufwendungen tendenziell zu höheren Zuschauermarktanteilen führen. Ebenso hat die künstlerische, handwerkliche und technische Qualität ("production value") Auswirkungen auf den Erfolg bei den Zuschauern.
Die Studie berechnet ausführlich die Gewinnschwellen auf der Basis unterschiedlicher Erlös- und Kostenzusammenhänge. Es zeigt sich, dass der durchschnittliche Mindestmarktanteil in der werberelevanten Zielgruppe der 14-49jährigen bei etwa 3,9 Prozent liegt, wobei die für die einzelnen Ansätze und Modellvarianten errechneten Werte in einem Intervall zwischen 3,39 und 4,23 Prozent streuen.
Ausnahmen bestätigen die Regel
Die Realität zeigt, dass einzelne Anbieter mit niedrigeren Zuschauermarktanteilen kostendeckend arbeiten können, andere sogar mit höherer Akzeptanz keine Gewinne erzielen. Unberücksichtigt bleibt auch, dass das Ausdehnen der Zuschauermarktanteile erfahrungsgemäß nur mit einem langen Atem zu erreichen ist. Zudem gehen Erlössteigerungen eines Anbieters in einem schwach wachsenden Zuschauermarkt hauptsächlich zu Lasten bestehender Anbieter, was den Wettbewerb weiter intensiviert.
Auch eröffnet die Integration in Senderfamilien Möglichkeiten der Quersubventionierung, die in der Absicht betrieben werden mag, auch „Verlustbringer“ langfristig zum Erfolg zu führen. Für Spartenprogramme dürften jedoch andere Erlös- und Kostenverläufe gelten – und damit wohl deutlich niedrigere Gewinnschwellen.
Bezug und nähere Informationen
Die Studie (22 Seiten, 4 Abbildungen, 4 Tabellen, Schutzgebühr: DM 30) ist erhältlich bei: Dipl.-Volkswirt Armin Rott, Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik, Universität Dortmund, 44221 Dortmund, Tel.: 0231/755-3154, Fax: 0231/755-3155.
Internet: Armin.Rott@uni-dortmund.de, www.lehrstuhl-wirtschaftspolitik.de
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