Wohlstand durch Gerechtigkeit – Deutschland und die Schweiz im sozialpolitischen Vergleich
Ein wesentliches Element der wissenschaftlichen Sozialpolitik ist der internationale Vergleich. Dr. Michael Opielka, Professor für Sozialpolitik am Fachbereich Sozialwesen der Fachhochschule Jena, verbrachte sein Forschungsfreisemester im Sommersemester 2005 an der University of California in Berkeley, um die US-amerikanische, vor allem die kalifornische Sozialpolitik zu untersuchen. Zugleich aber organisierte er an der Universität Basel am 1./2. September 2005 mit Schweizer und deutschen Kollegen ein internationales Kolloquium zum sozialpolitischen Vergleich Deutschland-Schweiz. Unterstützt unter anderem von der Hans-Böckler-Stiftung und der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft widmeten sich etwa 30 renommierte Sozialpolitikforscher(innen) aus beiden Ländern praktisch allen wesentlichen Feldern: Arbeitsmarkt und Familie, Alter und Gesundheit, Grundeinkommen und Armut.
Im April 2006 wurde im Rotpunktverlag Zürich ein Sammelband mit allen Tagungsbeiträgen veröffentlicht. Neben Prof. Opielka wirkten als Herausgeber Erwin Carigiet, der Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Sozialpolitik, Prof. Ueli Mäder von der Universität Basel und Prof. Frank Schulz-Nieswandt von der Universität Köln, Vorsitzender der deutschen „Gesellschaft für sozialen Fortschritt“. Der Titel des Buches lautet programmatisch: „Wohlstand durch Gerechtigkeit. Deutschland und die Schweiz im sozialpolitischen Vergleich“.
Die Veränderungen in den Familien- und Arbeitswelten sowie das demographische Altern der Bevölkerung stellen die Gesellschaften und ihre sozialen Sicherungssysteme vor schwierige Herausforderungen, von welcher Seite man sie auch betrachtet. Das Buch leistet mit dem Vergleich des deutschen und schweizerischen Systems der sozialen Sicherheit einen Beitrag zu den aktuellen Debatten. Die Herausgeber und die meisten Autorinnen und Autoren des Buches sind überzeugt, dass die Schweizer Konzeption einer auf dem Bürgerschaftsprinzip und einer Referendumsdemokratie basierenden Sozialpolitik im internationalen Vergleich vorbildlich erscheint – auch und gerade für die deutsche Sozialpolitik. Freilich, für den Ideentransfer taugen Blaupausen kaum, das genaue Hinsehen ist nicht minder wichtig wie engagiertes sozialpolitisches Wollen.
Die Interpretationen der Wirklichkeit – der Institutionen des Sozialstaats wie seiner ökonomischen und kulturellen Voraussetzungen und Folgen – sind die Grundlage für sozialpolitische Reformen. Vielleicht bei keinem sozialpolitischen Thema sind die Kontroversen so alt und scharf, wie bei der Frage, ob die Erwerbs- bzw. Lohnarbeit, also der Arbeitnehmerstatus, oder ob der Bürgerinnen- oder Bürgerstatus sozialpolitische Rechte und Pflichten leiten solle. Gerade die Kritik an „Bürgerinnen- und Bürgersolidarität“ und an einem universellen, am Bürgerstatus anknüpfendem Grundeinkommen muss als Hinweis darauf verstanden werden, dass „Wohlstand durch Gerechtigkeit“ auch soziale Bewegungen und politische Auseinandersetzungen erfordert.
Mit dieser Buchveröffentlichung demonstriert der Fachbereich Sozialwesen der FH Jena auch seine starke Position in der internationalen fachwissenschaftlichen Debatte. Ohne Forschung und Kontaktpflege sind solche Resultate nicht möglich. Das kostet Zeit und Ressourcen, aber es bringt auch etwas: die Studierenden erleben, dass die Lehrenden am Erkenntnisprozess beteiligt sind und somit aus erster Hand lehren; und die Fachhochschule zeigt ihre Forschungsstärke.
Kontakt:
Prof. Dr. M. Opielka
michael.opielka@fh-jena.de
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Weitere Informationen:
http://www.fh-jena.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Gesellschaftswissenschaften
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