Die Tschechische Republik auf dem Weg in die Europäische Union
Bericht über die Beratertätigkeit eines Wolfenbütteler Hochschulprofessors im Rahmen des EU-Phare-Projektes.
Die Europäische Union unterstützt die MOE-Staaten (mittel- und osteuropäische Staaten) beim Übergang zu einer dezentralen Marktwirtschaft und einer auf Individualrechten basierenden demokratischen Gesellschaft. Als finanzielles Instrument der Europäischen Union wurde das Phare-Projekt ins Leben gerufen, dessen vorrangiges Ziel die Vorbereitung der MOE-Staaten auf den EU-Beitritt ist.
Im Rahmen dieses Projektes reiste der Jurist Dr. Achim Rogmann, Professor im Fachbereich Recht der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, als durch die EU akkreditierter Experte nach Prag. Es fanden zahlreiche Gespräche im Finanzministerium statt, um die Tschechische Republik bei der Angleichung der nationalen Gesetzgebung an das Europäische Gemeinschaftsrecht sowie bei der Umsetzung des Europäischen Gemeinschaftsrechts in das tschechische Rechtssystem zu beraten. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür ist die Übernahme des sogenannten „Gemeinschaftlichen Besitzstandes“, das heißt aller bisher verabschiedeten Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Ein Schwerpunkt ist dabei das Zollrecht der Gemeinschaft.
„Die Mitgliedstaaten der EU haben schon vor einigen Jahren die Kompetenz zur Gesetzgebung in diesem Bereich auf die Gemeinschaft übertragen. Denn der Binnenmarkt kann nur dann ordnungsgemäß funktionieren, wenn alle Ex- und Importe an allen Punkten der gemeinsamen Außengrenze gleich behandelt werden. Für die funktionierende Wirtschaft ist es zudem wichtig, dass durch eine moderne Zollgesetzgebung unnötige Handelshemmnisse und somit Hindernisse für die Wirtschaftsbeteiligten abgebaut werden. Es muss dabei gelingen, den Warenverkehr der redlichen Wirtschaftsbeteiligten möglichst reibungslos abzuwickeln, ohne dass der Zugriff der Zollverwaltungen auf unerlaubte Warenbewegungen (wie z.B. Waffen, Drogen, Falschgeld oder Fälle der Produktpiraterie) oder die Aufdeckung von Betrügereien bei Importabgaben oder Exportsubventionen unverhältnismäßig stark erschwert wird. Den gesetzlichen Rahmen bietet ein einheitliches EG-Zollrecht, dass seit 1994 in Kraft ist und das nationale Recht in den 15 Mitgliedstaaten nahezu vollständig verdrängt hat“, erläutert Professor Rogmann.
Während seines Aufenthaltes in Prag war es die Aufgabe von Rogmann, die Vereinbarkeit bestimmter Vorschriften der tschechischen Zollgesetzgebung mit dem Gemeinschaftsrecht zu beurteilen, aber auch Hilfestellung bei der Interpretation und der praktischen Anwendung des EG-Zollrechts zu leisten. Geprägt waren die Gespräche mit den Vertretern des Tschechischen Finanzministeriums daher nicht nur von erforderlichen Gesetzesänderungen sondern auch von der Notwendigkeit, die bestehenden Vorschriften des Europäischen Rechts auch tatsächlich in der Verwaltungs- und Wirtschaftspraxis anzuwenden. Rogmann berichtet weiter, dass hierbei die jüngsten Änderungen in den maßgeblichen Vorschriften des EG-Rechts von Bedeutung seien, da sie die erste umfassende Reform seit ihrem Inkrafttreten darstellen. So wurde in Prag auch das Spannungsverhältnis zwischen Forderungen der unterschiedlichen Interessenvertretungen im Rahmen des tschechischen Gesetzgebungsverfahrens und den Vorgaben aus Brüssel erörtert. Aber auch Aspekte der Korruptionsbekämpfung waren Gegenstand der Konsultationen.
Rogmann bezeichnet die Gespräche als erfolgreich. „Es konnten viele offene Fragen im Bereich der Kompatibilität des tschechischen Rechts mit dem europäischen Recht geklärt werden. Auch ist es mir gelungen, die noch bestehenden Abweichungen im Bereich der praktischen Anwendung aufzuzeigen, um hier eine Angleichung an die Verwaltungspraxis in der EG zu erreichen. Ebenso wurden bestehende Fragen im Bereich der Interpretation des reformierten EG-Zollrechts geklärt. Auf diese Weise ist die Tschechische Republik ihrem Beitritt zur Europäischen Union einen wichtigen Schritt näher gekommen. Schon vor diesem Zeitpunkt wird der Warenverkehr zwischen Wirtschaftsbeteiligten in der EU und in der Tschechischen Republik auf einer verlässlicheren und wirtschaftsfreundlicheren Rechtsgrundlage abgewickelt werden könne, was insbesondere für die deutsche Wirtschaft als deren bedeutendster Handelspartner von Vorteil ist“, so das Fazit von Professor Rogmann.
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