Natur im Konflikt
VolkswagenStiftung fördert mit einer Million Mark interdisziplinäres Forschungsvorhaben an sechs Wissenschaftsstandorten zu „Naturschutz, Naturbegriff und Küstenbildern“.
Eröffnungsveranstaltung am 22. Januar 2001 um 14 Uhr in der
Universität Hamburg – Journalisten sind herzlich willkommen
Seit geraumer Zeit sorgt sich ein nicht unbeträchtlicher Teil der Gesellschaft um den Zustand unserer „Umwelt“. Die Ängste richten sich dabei vor allem auf die Natur als ein Objekt, das vom Menschen manipuliert und missbraucht wird und dazu herhalten muss, die unerwünschten Nebenprodukte seiner „Kultur“ zu entsorgen. Wenngleich viele der daraus resultierenden Probleme inzwischen erkannt sind, stehen den Forderungen, das gesellschaftliche Handeln und den Schutz der natürlichen Ressourcen im Einklang zu sehen (und zu bringen), die vermeintlichen „Sachzwänge“ einer hochtechnisierten Gesellschaft gegenüber. In dieser Konfliktlage ist schon die Verständigung darüber, was „Natur“ ist oder sein könnte, oft nahezu unmöglich – zu konträr und unterschiedlich sind die Interessen, aber auch die Vorstellungen davon, welche Rolle der natürlichen Umwelt im Kontext menschlicher Existenz zuzukommen hat.
Mit den strittigen Vorstellungen vom Umgang mit „Natur“ setzt sich das Projekt „Natur im Konflikt. Naturschutz, Naturbegriff und Küstenbilder“ auseinander, das von der VolkswagenStiftung mit einer Million Mark unterstützt wird. Das Vorhaben ist – unter Federführung des Instituts für Germanistik II der Universität Hamburg – in fünf Teilprojekte untergliedert, die an sechs Wissenschaftsstandorten angesiedelt sind (siehe unten). Eröffnet wird das Forschungsprojekt mit einem Workshop am 22. Januar 2001 in der Universität Hamburg. Interessierte Journalistinnen und Journalisten sind herzlich eingeladen, an der Projektvorstellung und der nachfolgenden Eröffnungsdiskussion um 14 Uhr in Hörsaal W im Flügelbau West des Hauptgebäudes der Universität Hamburg, An der Edmund-Siemers-Allee 1, teilzunehmen (das vollständige Programm finden Sie als Anhang zu dieser Pressemitteilung).
Die geschilderten Ziel- und Interessenkonflikte sollen umfassend am Beispiel des Naturschutzes aufgearbeitet werden, fokussiert auf das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer. Das Projekt geht dabei zunächst von der Vorstellung aus, dass die vielfältig zu beobachtenden Auseinandersetzungen um Status, Wert und Bedeutung von Natur in beträchtlichem Ausmaß auf Bilder, Begriffe und Vorstellungen zurückgehen, die sich im Bewusstsein des Einzelnen verfestigt haben und nur selten überdacht werden. Das gilt, so meinen die Forscher unter der Leitung von Professor Ludwig Fischer, für die massenmediale Darstellung von „Natur“ nicht weniger als für ihre (natur-) wissenschaftliche Erforschung. Das Besondere an dem Projekt liegt auf der Hand: Die Vielzahl der beteiligten Arbeitsbereiche mit ihrer Palette an fachspezifischen und methodischen Ansätzen ermöglicht eine interdisziplinäre, natur-, kultur- und geisteswissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Grundfragen der Ökologie. Damit hebt sich das Vorhaben merklich ab von bisher üblichen Betrachtungsweisen in den Umweltwissenschaften, in denen kultur- und sozialwissenschaftliche Ansätze in der Regel nicht mit den maßgeblichen naturwissenschaftlichen verbunden werden. Folgende Untersuchungsfelder sind vorgesehen:
1. Der Schwerpunkt liegt bei dem Teilprojekt „Lebenswelten und Naturverständnis der Küstenbewohner zwischen Tradition und Wirklichkeit; eine ethno-historische Untersuchung aktueller Konflikte um den Naturschutz im Küstenraum“ unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Geschichte in Göttingen, gemeinsam mit dem Institut für Ethnologie der Universität Hamburg und der Universität Süddänemark in Esbjerg;
2. „Naturbegriff, leitende Vorstellungen, Wertsetzungen und Ziele der Naturwissenschaften“ werden thematisiert am Institut für Gewässerphysik im GKSS Forschungszentrum in Geesthacht;
3. am Institut für Germanistik der Universität Hamburg werden „Naturtheoretische, naturethische und naturästhetische Prämissen und Zielvorstellungen in Schutzkonzepten“ untersucht;
4. mit den „Konfliktlagen touristischer Naturnutzung und -schonung im Küstenraum“ beschäftigen sich wiederum Forscher in Geesthacht in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Geografie der Universität Frankfurt/Main;
5. „Die Rolle von modernen Massenmedien bei der Lancierung beziehungsweise Vermittlung Naturschutz relevanter Bilder und Wertsetzungen“ ist Thema an den Instituten für Germanistik sowie Romanistik der Universität Hamburg.
Deutlich wird: Die Fragestellungen zielen auch auf verschiedene Interessengruppen und Akteure: Naturwissenschaftler und Ökologen, Naturschützer, Planer, Administratoren, Politiker und Ökonomen, aber auch auf die Bevölkerung, die Anbieter und Nutzer touristischer Attraktionen – und nicht zuletzt eben auf die Medien. Und das immer vor dem Hintergrund der Schlüsselfrage: Wie lässt sich der vielfach zu beobachtende Gegensatz „Natur versus Kultur“ aufweichen?
Oder ganz einfach: Wie lässt sich durchsetzen, dass „die Natur“ in dem ihr zustehenden Maße respektiert wird?
Kontakte:
Prof. Dr. Ludwig Fischer, Institut für Germanistik II der Universität Hamburg, Telefon: 0 40/4 28 38 – 2738 oder – 4810
VolkswagenStiftung; Förderprogramm „Schlüsselthemen der Geisteswissenschaften“: Dr. Vera Szöllösi-Brenig, Telefon: 05 11/83 81 – 218, E-Mail: szoelloesi@volkswagenstiftung.de
Vorläufiger Plan der Eröffnungsveranstaltung des Projektes Natur im Konflikt
Titel:
Natur im Konflikt – Was haben Kultur- und Sozialwissenschaften
mit den Debatten um den Naturschutz zu tun?
Am 22.1.2001, um 14.00 Uhr Hörsaal W,
Westflügel des Universitätshauptgebäudes (Neubau!),
Stand: 8.1.2000
Allgemeine Einführung
14.00 Uhr
Grußwort durch Dr. Jürgen Lüthje, Präsident der Universität Hamburg
14.10 Uhr
Begrüßung durch Prof. Dr. Ludwig Fischer, Projektsprecher des Projektes Natur im Konflikt, Institut für Germanistik II, Universität Hamburg
14.25 Uhr
Grußwort durch Dr. Vera Szöllösi-Brenig, VolkswagenStiftung Hannover
14.40 Uhr Fragen
14.50 – 15.00 Uhr Pause
Workshop: Natur im Konflikt – Was haben Kultur- und Sozialwissenschaften mit den Debatten um den Naturschutz zu tun?
Moderation: Prof. Dr. Ludwig Fischer
15.00 Uhr
Prof. Dr. Hans von Storch: Naturwissenschaftliche Gegenstände als soziale Konstrukte.
GKSS Forschungszentrum Geesthacht und Institut für Meteorologie, Universität Hamburg
15.10 Uhr
Dr. Jens Ivo Engels: Der Naturbegriff im Wandel der letzten Jahrzehnte – das Beispiel der Naturkatastrophen
Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Universität Freiburg
15.20 Uhr
Prof. Dr. Poul Holm: Naturraum und Konfliktraum: Grenzüberschreitungen aus dänischer Perspektive
Center for Maritim og Regionalhistorie, Universität Süddänemark, Esbjerg
15.30 Uhr
Prof. Dr. Wolfgang Settekorn/Martin Döring M.A.: Bilder von Natur und Naturkonflikten: Implikationen massenmedialer Vermittlung
Institut für Romanistik und Zentrum für Medien und Medienkultur, Universität Hamburg
15.40 Uhr
Dr. Bernd Scherer: Die Bedeutung der kultur- und sozialwissenschaftlichen Lücke in der Umweltforschung. Ein Bericht aus der Praxis.
Nationalparkamt, Tönning
15.50 – 16.00 Uhr Kurze Pause
16.00 Uhr Diskussion
Diskussionsleitung: Prof. Dr. Wolfgang Settekorn
Geladene DiskutantInnen:
Prof. Dr.Thomas Hengartner, Institut für Volkskunde, Universität Hamburg
Dr. Nobert Fischer, Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Universität Hamburg
Prof. Dr. Albrecht Lehmann, Institut für Volkskunde, Universität Hamburg
PD. Dr. Klaus Müller, Zentrum für Agrar- und Landwirtschaftsforschung, Müncheberg
PD Beate Ratter, Institut für Geographie, Universität Hamburg
Prof. Dr. Volker Schurig, Interdisziplinäres Zentrum für Hochschuldidaktik, Universität Hamburg
Dr. Wilhelm Trampe, Institut für Informations- und Kommunikationsökologie, Duisburg
Gegen 17.30 Uhr Ende der Veranstaltung
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