Wolfgang Paul-Preis bringt weitere Spitzenforscher an Max-Planck-Institute

14 Spitzenforscher im Ausland mit höchstdotiertem deutschen Forschungspreis ausgezeichnet / Fünf der Preisträger arbeiten künftig an Max-Planck-Instituten

Mit dem Wolfgang Paul-Preis vergibt die Alexander von Humboldt-Stiftung in diesem Jahr den höchstdotierten Forschungspreis der deutschen Wissenschaftsgeschichte. Die einmalig aus dem „Zukunftsinvestitionsprogramm“ der Bundesregierung mit insgesamt 50 Millionen DM finanzierte Auszeichnung soll Spitzenforscher in ein „Center of Excellence“ nach Deutschland holen. Ausgestattet mit bis zu 4,5 Millionen DM können die 14 Preisträger für drei Jahre in Deutschland eine eigene Forschungsgruppe aufbauen und mit Teams in ihren Heimatländern vernetzen. Fünf der Preisträger werden an Max-Planck-Instituten forschen. Die Preisverleihung findet am 6. November in Berlin statt.

An Max-Planck-Instituten werden folgende Wolfgang Paul-Preisträger arbeiten:

Christiane Fellbaum
50 J.; (USA/D), Fachgebiet: Linguistische Datenverarbeitung.

Gastinstitute: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin, und Max-Planck-Institut für Psycholinguistik, Nijmegen, NL.

Christiane Fellbaum studierte an der Northeast University, der Université de Paris 4 und an der Princeton University, an der sie 1980 promoviert wurde. Seitdem war sie an den Universitäten Rider und Princeton (USA) tätig. Als Gastwissenschaftlerin forschte sie an den Universitäten Paris 7 (Frankreich), Tübingen (Deutschland), Lissabon (Portugal), Pennsylvania (USA) und am Xerox Research Center, Grenoble (Frankreich).

Forschungsvorhaben: Christiane Fellbaum hat, gemeinsam mit ihren Mitarbeitern an der Princeton University, völlig neue Verfahren entwickelt, um den Wortschatz einer Sprache zu erschließen. In den herkömmlichen Wörterbüchern geschieht dies in Form einer alphabetisch geordneten Liste von Stichwörtern mit Angaben zur Bedeutung, zur Schreibweise und zur Aussprache. Dieses vertraute Verfahren hat viele Nachteile. So kann man die Beziehungen zwischen Wörtern kaum erfassen, zusammengesetzte Ausdrücke wie Trübsal blasen lassen sich schlecht darstellen, und Neubearbeitungen und Korrekturen sind aufwändig. Bei dem von Frau Fellbaum mitentwickelten Verfahren wird der Wortschatz hingegen auf dem Computer in Form eines großen Wortnetzes dargestellt, welches die Eigenschaften der Wörter, vor allem auch den Zusammenhang zwischen ihnen, beliebig genau lässt. Der Schwerpunkt ihrer Arbeiten galt Verben und zusammengesetzten Ausdrücken. Sie sollen auch im Mittelpunkt ihres weiteren Arbeitsvorhabens stehen, das gemeinsam mit dem ’Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache’ an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften durchgeführt wird.

Roberto Ragazzoni
35 J.; (ITALIEN), Fachgebiet: Astronomie.

Gastinstitut: Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg.

Roberto Ragazzoni studierte an der Universität Padova (Italien), wurde dort promoviert und ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Astronomical Observatory of Padova tätig.

Forschungsvorhaben: Als Astrophysiker arbeitet Dr. Ragazzoni an der vordersten Front der Entwicklung optischer Geräte. Scharfe, hoch aufgelöste Bilder fernster Strahlungsquellen sind das wichtigste Ziel der beobachtenden Astronomie. Je größer das Teleskop, desto höher sein theoretisches Auflösungsvermögen. Deshalb werden heute an den weltweit führenden Forschungszentren Teleskope mit 8 bis 10 Metern Öffnung gebaut, die nur am Erdboden eingesetzt werden können. Allerdings führt die Turbulenz der Erdatmosphäre zu einem schnellen Zittern und Wabern des vom Teleskop entworfenen Bildes. Erst die diffizile Technologie der Adaptiven Optik (AO) erlaubt die Kompensation der atmosphärischen Schwankungen durch die laufende Messung dieser Verformungen und deren Kompensation mittels rechnergesteuerter, schnell deformierbarer Spiegel, die in den Strahlengang der Teleskopriesen eingebracht sind: Das Bild wird „entwackelt“. Zur gegenwärtigen rasanten Entwicklung der AO hat Dr. Ragazzoni weltweit herausragende Beiträge geleistet. Im Rahmen des Wolfgang Paul-Preises sollen diese Ideen jetzt in die Praxis umgesetzt werden. Die AO ist nicht nur für die astrophysikalische Grundlagenforschung von entscheidender Bedeutung – sie wird auf zahlreichen anderen Gebieten, u.a. in der Medizin, gänzlich neue Möglichkeiten eröffnen.

Barry Smith
49 J.; (USA/GB), Fachgebiet: Systematische Philosophie.

Gastinstitute: Institut für Informatik, Universität Leipzig, und Max-Planck-Institut für neuropsychologische Forschung, Leipzig.

Barry Smith studierte an der Oxford University und wurde 1976 an der University of Manchester promoviert. Seither war er an der University of Sheffield, der University of Manchester (England), an der International Academy of Philosophy, Schaan (Liechtenstein), an der State University of New York, Buffalo (USA) und dem National Center for Geographic Information Science, Buffalo (USA) tätig.

Forschungsvorhaben: Barry Smith, Julian Park Professor für Philosophie an der New York State University in Buffalo, hat in einer Reihe von bahnbrechenden Arbeiten die Anwendbarkeit ontologischer Methoden und Theorien auf die Informationswissenschaften überzeugend demonstriert.

Das von ihm initiierte interdisziplinäre Forschungsvorhaben an der Universität Leipzig dient der Etablierung des zukunftsorientierten Gebiets der Formalen Ontologie in Informationssystemen. Die Fakultäten für Philosophie, Philologie, Medizin und Informatik sowie ein Max-Planck-Institut sind an diesem Forschungsvorhaben beteiligt. Ein zentrales Problem der heutigen Informationswissenschaften besteht in der Vielzahl vorhandener Modellierungsmethoden und Begriffssammlungen, die alle größtenteils subjektiv und vage sind und denen eine vereinheitlichende Grundlage fehlt. Entsprechend können diese selbst für ähnliche Anwendungsgebiete nicht wiederverwendet werden.

Ziel des Forschungsvorhabens ist es daher, einen allgemein nutzbaren Rahmen, d.h. eine semantisch fundierte Konstruktion von Taxonomien und Lexika zu entwickeln, um genau die o.a. Probleme der Wiederverwendbarkeit und der Kohärenz zu überwinden.

Das Hauptanwendungsgebiet liegt in der Leitlinien gestützten medizinischen Diagnostik und Therapie (Klinischer Studienkontext). Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der University at Buffalo und auf der Homepage der Uni Leipzig.

Alexander Sobolev
47 J.; (RUSSISCHE FÖDERATION), Fachgebiet: Geochemie.

Gastinstitut: Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz.

Alexander Sobolev studierte an der Novosibirsk State University und wurde promoviert am Vernadsky Institute of Geochemistry and Analytical Chemistry (Russische Föderation), wo er bislang tätig war. Als Humboldt-Preisträger forschte er am MPI für Chemie, Mainz.

Forschungsvorhaben: Der Geologe Prof. Sobolev erforscht die Entstehung von Schmelzen im Erdinneren. Dazu hat er neue Methoden entwickelt, um mikroskopisch kleine Mengen solcher Schmelzen, die in Kristallen des Minerals Olivin eingeschlossen sind, chemisch zu analysieren. Bevor solche Schmelzen als Lava aus einem Vulkan ausbrechen, muss zuerst das heiße Gestein des Erdmantels in 30 bis 100 km Tiefe aufgeschmolzen werden. Kleine Mengen dieser Schmelzen steigen auf und sammeln sich in „Magmakammern“. Dort kühlen sie ab und bilden Kristalle, die in Folge von Baufehlern kleine Mengen von Schmelze einschließen. Diese etwa 0,1 mm großen Schmelzeinschlüsse erstarren bei der Eruption der Lava zu Glas und können dann mit mikroanalytischen Methoden untersucht werden.

Sobolev entwickelt aus diesen Messungen neue Theorien zur Vorgeschichte und Entstehung der Schmelzen. Schwergewicht der Untersuchungen wird auf den Vulkaninseln Hawaii und Island, sowie in Kamtschatka und an Basaltproben vom Tiefseeboden liegen. Das Verständnis der Schmelzbildung in der Erde ist wichtig, weil dies die Grundlage der Entstehung von Kontinenten und Ozeanen ist.

Michele Solimena
40 J.; (USA/ITALIEN), Fachgebiet: Zellbiologie.

Gastinstitute: Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik, Dresden, und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden.

Michele Solimena studierte am Liceo Berchet, Milano (Italien) und an der University of Milano School of Medicine, wo er 1993 promoviert wurde. Im Anschluss arbeitete er an der Yale University School of Medicine im Department of Cell Biology und im Department of International Medicine.

Forschungsvorhaben: Dr. Solimena beschäftigt sich mit der Erforschung der insulinproduzierenden pankreatischen Betazellen. Insulin ist das wichtigste Hormon zur Steuerung des Blutzuckerspiegels im menschlichen Körper. Wenn Betazellen nicht genug Insulin herstellen und freisetzen oder wenn andere Zellen in unserem Körper nicht ausreichend darauf reagieren, dann erhöht sich der Blutzuckerspiegel. Dies führt zu Diabetes, einer schwerwiegenden Erkrankung, an der eine schnell wachsende Anzahl von Menschen in Deutschland und der ganzen Welt leiden. Dr. Solimena hat kürzlich einen Zusammenhang zwischen dem für die Freisetzung des Insulins verantwortlichen Mechanismus und einer Enzymfamilie entdeckt, zu der das erste Gen gehört, von dem bekannt ist, das es für die Veranlagung für die häufigste Diabetesart verantwortlich ist. Dieser Zusammenhang könnte Teil eines Rückkopplungs-Mechanismus sein, der einzelnen Betazellen eine kontinuierliche Steuerung ihrer Insulinsekretion und eine dementsprechende Veränderung ihres Verhaltens erlaubt. Die Arbeit von Dr. Solimena kann demnach neue Erkenntnisse über die Ursachen von Diabetes bringen und bei der Entwicklung von Strategien zur Prävention und Behandlung dieser Erkrankung helfen.

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