Durchbruch bei Kunststoffen für Karosserieteile: Neuer on-line-lackierbarer Thermoplast entwickelt
Große Marktchancen dank hervorragender thermischer und mechanischer Eigenschaften
Leverkusen – Innovation bei der Großserienfertigung von Karosseriekomponenten aus Kunststoff: Mit Triax® LP 3155 hat Bayer einen Thermoplasten für Bauteile mit Class-A-Oberflächen entwickelt, der auch den hohen Temperaturen bis 200 °C bei der kathodischen Tauchlackierung (KTL) gewachsen ist. Fertigteile aus dem Polyamid-ABS-Blend können daher direkt an die Rohkarosse montiert werden und mit ihr die komplette Lackierstraße „on-line“ durchlaufen. Dadurch vereinfacht sich nicht nur der Lackierprozess, auch die Farbtonübereinstimmung (color matching) zwischen Metall- und Kunststoffteilen ist sichergestellt.
Bereits für das kommende Jahr plant Bayer in enger Kooperation mit namhaften Automobilbauern die Serienentwicklung von Teilen aus dem neuen Triax-Typ. Der Fokus liegt zunächst auf Kotflügeln. Zu den Marktchancen des Blends erklärte Hans-Peter Neuwald, Spezialist für Karosserieaußenteile im Geschäftsbereich Kunststoffe: „Der Verbrauch von thermoplastischen Materialien für Kotflügel wird sich in den nächsten zehn Jahren von derzeit rund 5.000 Tonnen auf rund 18.000 Tonnen erhöhen. Wir wollen uns von diesem Kuchen rund die Hälfte sichern.“ Grund für diesen Optimismus ist auch, dass Bayer den neuen Werkstoff im nächsten Jahr auch in einer inhärent leitfähigen Variante anbieten wird. Dies führt zu erheblichen Kosteneinsparungen bei der elektrostatischen Lackierung durch den Wegfall der Leitprimerschicht.
Die einzigen on-line-lackierbaren Thermoplasten, die sich bisher im Markt etabliert haben, sind Blends aus Polyphenylenoxid und Polyamid (PPO/PA). Im Vergleich zu diesen zeichnet sich Triax® LP 3155 gleich durch ein ganzes Bündel von Stärken aus.
So ist die Wärmeformbeständigkeit im Temperaturbereich von 180 bis 200 °C um mehr als 100 Prozent höher, wie Bayer-Experten mit dem praxisnahen heat-sag-Test ermittelten. Dabei wird untersucht, wie stark sich ein einseitig eingespannter Probekörper in Abhängigkeit von der Temperatur absenkt. Die Verweilzeit der Probekörper bei den verschiedenen Temperaturen betrug 60 Minuten. „Diese Versuchsbedingungen sind“, so Neuwald, „besonders realistisch bezogen auf die Bedingungen der kathodischen Tauchlackierung. Denn es kommt vor, dass die Teile etwa bei einer Störung sehr lang hohen Temperaturen ausgesetzt sind und sich dabei nicht verformen dürfen.“
Die thermische Längenausdehnung des neuen Werkstoffs ist um rund 20 Prozent niedriger als bei PPO/PA-Blends. Die geforderten Spaltmaße zwischen benachbarten Baugruppen können daher exakter eingehalten werden. „Wir werden unseren neuen Werkstoff noch weiter optimieren, um auch den Anforderungen der Nullfugentechnologie gerecht zu werden“, erklärte Neuwald.
Das Bayer-Material ist im spritzfrischen Zustand fast doppelt so steif wie vergleichbare PPO/PA-Blends. „Mit ihm lassen sich daher Kotflügel in dünneren Wanddicken und ohne zusätzliche Verstärkungselemente konstruieren, was gleichzeitig ein geringeres Teilegewicht bedeutet“, erklärte Hubert Goldbach, Leiter Innovative Konstruktionslösungen bei Bayer. Die sehr gute Fließfähigkeit erlaubt zum einen die Umsetzung komplexer Designformen, zum anderen den Einsatz einfacherer Spritzgusswerkzeuge – zum Beispiel mit weniger Anspritzpunkten. Aus dem guten Fließverhalten resultieren Teile mit geringerer Eigenspannung und damit reduzierter Verzugsneigung. Eine hohe Dimensionsgenauigkeit der Formteile ist durch die um circa 30 Prozent geringere Gesamtschwindung gegeben.
Auch in puncto passiver Sicherheit hat der neue Karosseriewerkstoff seine Vorteile, denn er ist selbst bei niedrigen Temperaturen besonders zäh. Sollte das Bauteil brechen, bilden sich keine scharfe Spitzen und Kanten, was das Verletzungsrisiko für Fußgänger bei Unfällen reduziert. Gute Nachricht für die Autoversicherer: Dank der Elastizität des Blends ist auch das Risiko von Bagatellschäden gering.
Mit Triax LP 3155 rundet Bayer seine Produktpalette an online-lackierbaren Kunststoffen weiter ab. Im Markt durchgesetzt haben sich bereits Polyurethan-RIM-Materialien wie Bayflex® 180/190, die speziell für die Fertigung kleiner Serien geeignet sind. Außerdem bietet das Unternehmen ein umfangreiches Paket erprobter Werkstofflösungen für Karosserieteile an, die inline oder offline lackiert werden.
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