Quellende Mikrochips für Säure, Salz und Alkohol

Es gibt Medikamente, deren Wirkstoff soll ausschließlich im Magen abgegeben werden, damit der Körper ihn absorbieren kann. Wandert das Präparat weiter in den Darm, soll die Abgabe des Medikaments wieder stoppen. Möglich ist dies durch so genannte Hydrogele. Mit dieser Art Kunststoff beschäftigt sich Karl-Friedrich Arndt, Professor für Spezielle physikalische Chemie/Physikalische Chemie der Polymere an der Technischen Universität Dresden.

Hydrogele sind wasserenthaltende, aber wasserunlösliche Polymere. Sie haben die Eigenschaft, bei Kontakt mit entsprechenden Substanzen um ein Vielfaches zu quellen, ohne allerdings ihren stofflichen Zusammenhalt zu verlieren. Quellen Hydrogele, nehmen sie Flüssigkeit auf. Gehen sie wieder in den ursprünglichen Zustand über, geben sie Flüssigkeit ab. Temperatur, pH-Wert sowie Konzentration, Lichteinstrahlung oder magnetische bzw. elektrische Felder sind Faktoren, die den Quellprozess bei Hydrogelen beeinflussen bzw. auslösen. Professor Arndt bezeichnet diese Kunststoffe als „smarte Hydrogele“, „weil sie eigentlich ganz unscheinbare Werkstoffe sind, aber herausragende Eigenschaften besitzen“, so der Wissenschaftler.

Einsetzbar sind die Polymere in der Medizin und Medizintechnik (Kontaktlinsen, gesteuerte Freisetzung von Medikamenten), der chemischen Industrie (Trennsysteme), der Landwirtschaft (gesteuerte Nährstofffreisetzung) sowie in der Elektroindustrie (elektrolytische Gele) und der Sensortechnik (pH-Wertmessung).

In der Medizin wird zum Beispiel ein Wirkstoff mit einem bereits gequollenem Hydrogel versetzt. Nach oraler Einnahme und Kontakt mit der Magensäure reagiert das pH-Wert-empfindliche Hydrogel und gibt mit der Flüssigkeit das Medikament in den Magen ab. Wandert es weiter in dem Darm, ändert sich der pH-Wert. Das Hydrogel nimmt Flüssigkeit auf und quillt wieder, wodurch die Abgabe des Wirkstoffes gestoppt wird. Das Polymer kann dann vom Körper ausgeschieden werden.

Gerald Gerlach, Direktor des Instituts für Festkörperelektronik an der TU Dresden will jetzt Hydrogele in einen winzigen Siliziumchip integrieren und den Quellprozess als Indikator verwenden. Das auf dem Mikrochip platzierte Polymer quillt nach Kontakt mit einer zu untersuchenden Flüssigkeit entsprechend deren chemischer Zusammensetzung. Dadurch verformt sich eine anliegende, flexible Membran. Widerstände messen anschließend den Grad der Deformation, wodurch eine spezifische Messgröße bestimmt werden kann. Mit diesen Sensoren könnten unter anderem Gewässer kontinuierlich auf pH-Wertveränderungen oder Salzkonzentration überwacht oder der Alkoholgehalt in wässrigen Lösungen bestimmt werden.

Denkbar sind mit Hydrogelen ganze Systeme aus Ventilen, Pumpen und Sensoren. Gegenüber mechanischen Technologien haben hydrogelbasierte Bauteile den Vorteil, dass sie kleiner, preiswerter und zuverlässiger sind.

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Kim-Astrid Magister idw

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