Gedächtnis von Soldaten nach Irak-Einsatz schlechter
Soldaten, die neulich aus dem Irak zurückgekehrt sind, weisen im überdurchschnittlichen Maße Gedächtnislücken und Konzentrationsstörungen auf. Diese Abweichungen halten nach der Heimkehr oft zwei Monate oder länger an. Dem steht jedoch gegenüber, dass die Soldaten während des Irak-Einsatzes ein signifikant besseres Reaktionsvermögen entwickelt haben. Zu dieser Schlussfolgerung kommt ein Forscherteam um Jennifer Vasterling der Tulane University School of Medicine in New Orleans. Die Ergebnisse der Studie wurden heute, Mittwoch, in der Fachzeitschrift Journal of the American Medical Association veröffentlicht. Es ist die erste Studie, die eine Übersicht über Änderungen im mentalen Funktionieren von in Kriegsgebieten gelagerten Soldaten verschafft.
Die Wissenschaftler untersuchten 654 männliche und weibliche Soldaten, die sich im Zeitraum von April 2003 bis Mai 2005 mindestens zwölf Monate im Irak aufhielten, sowohl vor wie nach ihrem Einsatz und führten mehr als 20 verschiedenen Tests durch. Auffallend war, dass die Soldaten bei Aufgaben, die das räumliche und verbale Gedächtnis sowie die Fähigkeit zu Fokussieren prüften, signifikant schlechtere Ergebnisse erzielten. Bei allen anderen Tests schnitten sie jedoch genau so gut ab wie die 307 Soldaten aus der Vergleichsgruppe, die ihren Einsatzort in den USA hatten. In einem Reaktionsgeschwindigkeitstest waren die Ergebnisse der aus dem Irak zurückgekehrten Soldaten sogar besser wie jene von den zurückgebliebenen Soldaten.
Auch im Jahre 1991, nach dem Ende des Golfkriegs, haben Forscher versucht, die mentalen Änderungen der heimkehrenden Truppen zu messen. Viele der Kriegsveteranen, die andeuteten eine chronische Konzentrationsstörung zu haben, vermuteten, dass sie giftigen Gasen ausgesetzt waren und dass das die Ursache ihrer Probleme sein könnte. Die Forscher verfügten jedoch über zu wenig Informationen über das Konzentrationsvermögen der Soldaten vor dem Abzug zum Golf, um entscheidende Schlussfolgerungen ziehen zu können.
Den Forschern zufolge könnten die aktuellen Befunde darauf hindeuten, dass sich das Gehirn der Soldaten den gefährlichen, Aufmerksamkeit erfordernden Kriegsumständen anpasst. Genau wie es beim Rest des Körpers der Fall ist, verstärkt das Gehirn jene Muskeln, die es am meisten benutzt, manchmal sogar auf Kosten anderer Funktionen. Ist für das Überleben die Reaktionsgeschwindigkeit essenzieller als das verbale Gedächtnis, dann wird das Gehirn seine begrenzte Mittel eher hierfür anwenden.
Darüber hinaus wird die Gehirnfunktion auch durch die Tatsache, dass die Soldaten Monate hintereinander unter Stress stehen, beeinflusst. In einer noch nicht veröffentlichten Studie zeigt Andy Morgan, Psychiater an der Yale Universität auf, dass Soldaten, die lange Zeit Stress ausgesetzt waren, in Tests bezüglich des räumlichen Gedächtnisses nicht besser abschneiden konnten als Kinder im Vorschulalter. Lässt die Bedrohung nach, stellen sich die Fähigkeiten jedoch wieder ein. „Wir vermuten, dass jener Teil des Gehirns, der am räumlichen Gedächtnis beteiligt ist, durch die großen Mengen Adrenalin vorübergehend ausgeschaltet wird“, erklärt Morgan.
Die Forscher hoffen, dass das neue Verständnis es ermöglicht, vorherzusagen, welche Soldaten sich schnell an das zivile Leben anpassen können und welche chronische Probleme erleiden. „Die neuen Erkenntnisse könnten uns dabei behilflich sein, frühe Anzeichen für Probleme zu erkennen und auf passende Weise einzugreifen“, so Morgan abschließend.
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