Wie fremdenfeindlich sind die Deutschen?

Langzeituntersuchung unter der Federführung der Universität Bielefeld und mit Beteiligung der Universitäten Göttingen, Marburg und Gießen

Die europaweiten Umfragen des “Eurobarometers” 1997 und 2000 zeigen, dass sich bei den Bewohnern der Staaten der Europäischen Union Einstellungen finden, die als fremdenfeindlich eingestuft werden können. Im Durchschnitt der europäischen Staaten fallen die Urteile der Bewohner der Bundesreplik Deutschland über “Fremde” mit am negativsten aus. Andere Untersuchungen demonstrieren, dass es in Deutschland auch subtile Formen alltäglicher Diskriminierung von “Fremden” gibt. Darüber hinaus deutet einiges darauf hin, dass fremdenfeindliche Einstellungen in den letzten Jahren zugenommen haben.

Über die Ursachen fremdenfeindlicher Einstellungen gibt es international eine Vielzahl von Studien. Ob deren Ergebnisse allerdings auf die Situation in Deutschland übertragen werden können, ist unklar. Diese Forschungslücke soll jetzt mit einer Langzeituntersuchung über zehn Jahre geschlossen werden. Unter Federführung von Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer vom Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld arbeiten hieran Wissenschaftler der Universitäten Göttingen (Prof. Dr. Steffen Kühnel), Gießen (Prof. Dr. Peter Schmidt) und Marburg (Prof. Dr. Ulrich Wagner). Die Hauptlast der Kosten von etwa 2,4 Millionen Euro wird die Volkswagen-Stiftung übernehmen.

Die beteiligten Wissenschaftler wollen im Verlauf eines Jahrzehnts Ausmaß und Entwicklung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und diskriminierender Verhaltensweisen in der deutschen Bevölkerung untersuchen. Dabei geht es nicht nur um die Ablehnung und Diskriminierung von Zuwanderern und Ausländern, sondern auch um Antisemitismus, Sexismus und die Zurückweisung von Normabweichlern, wie Homosexuellen. Die jetzt begonnene Studie bietet die Möglichkeit, den Zusammenhang zwischen der Ablehnung dieser unterschiedlichen Gruppen zu erforschen. Eine weitere Besonderheit liegt darin, dass verschiedene Erklärungen für die Entstehung menschenfeindlicher Einstellungen überprüft werden können. Schließlich wird das Langzeitprojekt Aussagen darüber zulassen, wie sich gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und ihre Ursachen über den Untersuchungszeitraum hinweg verändern.

Erhoben werden die Daten mittels Telefonbefragung: in einer ersten Welle bei 4000, in den folgenden Wellen bei je 3000 Personen. Die Analyse erfolgt dann auf der Basis sozialpsychologischer und soziologischer Theoriekonzepte sowie vor dem Hintergrund wahrgenommener gesellschaftspolitisch relevanter Entwicklungen. Neben individuellen Merkmalen wie Schulbildung werden auch eine Reihe von Kontext- und Regionalmerkmalen, wie z. B. die Arbeitslosenquote, berücksichtigt.
Projektstart ist im Sommer 2002. Die Ergebnisse werden der Öffentlichkeit im Jahresrhythmus vorgestellt. Die Forscher erhoffen sich, auf diesem Wege zu besser gesicherten Erkenntnissen über die Ursachen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu kommen und die gesellschaftliche Öffentlichkeit für das Problem stärker zu sensibilisieren. Von Seiten des “European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia” in Wien wurde inzwischen Interesse bekundet, das Konzept auch als Grundlage für Untersuchungen auf EU-Ebene zu verwenden.

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Christel Lauterbach idw

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