Vietnam: Strom aus Biomüll
Reis gehört zu den Grundnahrungsmitteln in Ost- und Südostasien. Da in der Reisproduktion große Mengen an Abfall entstehen – ein Viertel des Gewichts besteht aus so genannten Spelzen, die abgetrennt werden müssen – könnte dies eine neue Energiequelle darstellen. Forscher vom Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg haben nun eine Wirbelschichtfeuerungsanlage konzipiert, die von ihren Kollegen an der Hanoi University of Technology zur Stromerzeugung genutzt werden soll.
„Dieses System bietet zumindest die Möglichkeit, Stoffe zu nutzen, die sonst verrotten“, so Eyck Schotte, der die Konzeption der vietnamesischen Wirbelschichtfeuerungsanlage am IFF leitet, im pressetext-Interview. Reis liefere jede Menge Bioabfälle, bisher wird jedoch nur ein kleiner Teil davon verwertet, beispielsweise um die Öfen von Schnapsbrennereien zu feuern. „Wirbelschichtfeuerungsanlagen sind in Deutschland bereits seit längerem im Einsatz. Bisher wird damit überwiegend Kohle verbrannt“, erklärt Schotte. Untersucht soll nun aber werden, wie gut sich dieses System auch für Biomasse eignen würde. „Die Test-Anlage, die in den kommenden Wochen in Vietnam aufgebaut wird, soll Klarheit darüber bringen, wie gut sich die Reisspelzen zur Verstromung eignen, wie ihr Abbrandverhalten ist, ob ein Sekundärstoff wie beispielsweise ein fossiler Brennstoff hinzugefügt werden muss“, erklärt der Experte.
„Solche Anlagen bestehen vereinfacht gesagt aus einem senkrechten Rohr mit einem Düsenboden“, so Schotte. Auf dem Düsenboden liegt ein Wirbelgut, meist Quarzsand, das mit dem Brennstoff vermischt ist. Strömt Gas durch die Düsen, reißt es das Wirbelgut mit dem Brenngut nach oben, wo der Brennstoff umgesetzt wird. Eine seitliche Zufuhr speist das Wirbelbett nach und nach mit neuem Brennstoff. Da bei diesem Verfahren die Temperatur im gesamten Rohr annähernd gleich ist, entstehen keine Temperaturspitzen, bei denen besonders viele Schadstoffe freigesetzt würden.
„Ganz unproblematisch sind die Reisspelzen ja nicht, da ihre Energiedichte gering ist“, meint Schotte. Daher müsse auch die Überlegung folgen, wo man ein solches Kraftwerk errichtet. Der Forscher geht davon aus, dass ein Kraftwerk kleiner bis mittlerer Größe sich am besten dafür eignet. Außerdem werden die IFF-Techniker gemeinsam mit den vietnamesischen Forschern verschiedene Brennstoffe auf ihr Abbrandverhalten untersuchen. „Bei Bedarf können beispielsweise die Spiralschnecken, die die weiteren Brennstoffe in die Brennkammer befördern, ausgetauscht werden – und somit sowohl grobe Reisschalen als auch feinen Kohlestaub kontinuierlich in die Brennkammer einführen“, sagt Schotte
Die zirkulierende Wirbelschichtanlage ist mit umfangreicher Messtechnik, wie Volumenstrommesser, Thermoelementen und Drucksensoren ausgestattet. Eine speicherprogrammierbare Steuerung zeigt alle gemessenen Werte an und speichert sie. Somit können die Forscher den Brennprozess direkt überwachen und anschließend genau auswerten. Über die Steuerung lässt sich auch die Menge der zugeleiteten Luft oder deren Temperatur einstellen. Schotte schätzt, dass die Anlage ab Anfang Dezember laufen wird.
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