Flugsicherheit kennt keine Tabus: Viele Unternehmen an FernUni-Studie interessiert

Die Abschlussarbeit von Jörg Höhnerbach (44) wurde von seinem Arbeitgeber, der Hapagfly, hervorragend untertützt. Auch andere Luftfahrtunternehmen können von den Ergebnissen der an der FernUniversität erstellten Studie profitieren, denn – so Jörg Höhnerbach – „Flugsicherheit kennt keine Tabus.“

Die Ergebnisse des Verkehrspiloten zeigen ein insgesamt positives Bild der Sicherheitskultur im Unternehmen. Es gibt ganz offensichtlich jedoch teilweise starke Wahrnehmungsunterschiede: Teilergebnisse weisen auf deutliche Differenzen zwischen dem Anspruch der Geschäftsleitung und der Wahrnehmung durch die Mitarbeiter hin, welche in einigen Bereichen Schwachpunkte erkannt haben. So nehmen z. B. Organisationsmitglieder Richtlinien, Anweisungen oder taktische und strategische Maßnahmen innerhalb einer Firma nicht immer so wahr, wie es die Geschäftsleitung tatsächlich beabsichtigt hat.

Wieso kommt es aller eingesetzten Hochtechnologie zum Trotz immer noch zu Unfällen, insbesondere mit Flugzeugen? Das war die Ausgangsfrage für den Verkehrspiloten Jörg Höhnerbach bei seiner wissenschaftlichen Untersuchung von Anspruch und Wirklichkeit bei der Sicherheitskultur einer Fluggesellschaft. Die Ergebnisse seiner Abschlussarbeit im weiterbildenden Master-Studiengang Arbeits- und Organisationspsychologie beeindruckten auch seinen Arbeitgeber Hapagfly und mehrere andere Fluggesellschaften: In etwa einem Jahr soll Jörg Höhnerbach seine Untersuchung wiederholen – auch bei Wettbewerbern des eigenen Unternehmens. Höhnerbach war der 100. Absolvent des weiterbildenden Studiums.

Oft ist ein kleines menschliches Versehen Auslöser einer Katastrophe. Obwohl auch auf die Beachtung kleinster Unregelmäßigkeiten und Fehler größter Wert gelegt wird, meinen Mitglieder des fliegenden Personals gelegentlich, dass ihren Hinweisen nicht nachgegangen werde. Ein demotivierender Irrtum, der z. B. auf fehlenden Rückinformationen an sie bzgl. der Fehlerbeseitigung beruht. Höhnerbach stellt klar: „Nicht die Sicherheit im Flugbetrieb ist kritisch, sondern die Meinung des Einzelnen, ob sein persönlicher Beitrag beachtet wird!“

Hier kann die Arbeits- und Organisationspsychologie helfen. Daher hat Jörg Höhnerbach, seit vielen Jahren Pilot und Fluglehrer, das weiterbildende Master-Studium Arbeits- und Organisationspsychologie der FernUniversität in Hagen absolviert. Seine Master-Arbeit „Sicherheitskultur im Flugbetrieb eines Luftfahrtunternehmens im Spannungsfeld zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ gab ihm die Gelegenheit, diesen wichtigen Zukunftsfaktor in seinem direkten Arbeitsumfeld zu untersuchen. Darüber hinaus haben ihm die Ergebnisse seiner Arbeit, die von der Hapagfly hervorragend unterstützt wurde, ein neues berufliches Betätigungsfeld erschlossen.

Schon seit langem haben Luftfahrtgesellschaften die Gefahren erkannt, die von Menschen ausgehen können. Alle Flugzeugführer sollen künftig für die „Human Factors“ sensibilisiert werden – mögliche Gefahrenpotentiale, die von menschlichen Fehlern ausgehen. Als ein Beispiel nennt Höhnerbach einen Absturz 1989 in Dryden, USA. Der Flugkapitän vergaß damals, die Tragflächen der Maschine zu enteisen. Ein systembedingter menschlicher Fehler, der 21 Tote forderte. Insgesamt wurden anschließend 48 Fehler festgestellt, von denen 36 so geartet waren, dass die Vermeidung jedes einzelnen davon einen Absturz unwahrscheinlich gemacht hätte. Höhnerbach: „Vieles wird dem Flugpersonal vorgeschrieben, aber nicht verinnerlicht, weil man eigene Fehler nicht einkalkuliert.“ Die Sicherheitskultur müsse darauf hinwirken, eigene Fehler zu erkennen und offen zu nennen, damit das gesamte System daraus lernen könne. Daher müsse das Konzept als Teil der Organisationskultur die gesamte Gruppe einbeziehen und auf allgemein anerkannten Normen beruhen.

Höhnerbachs Ergebnisse zeigen ein insgesamt positives Bild der Sicherheitskultur im Unternehmen. Es gibt ganz offensichtlich jedoch teilweise starke Wahrnehmungsunterschiede: Teilergebnisse weisen auf deutliche Differenzen zwischen dem Anspruch der Geschäftsleitung von Fluggesellschaften und der Wahrnehmung durch die Mitarbeiter hin, welche in einigen Bereichen Schwachpunkte erkannt haben. So nehmen z. B. Organisationsmitglieder Richtlinien, Anweisungen oder taktische und strategische Maßnahmen innerhalb einer Firma nicht immer so wahr, wie es die Geschäftsleitung tatsächlich beabsichtigt hat.

Interessant war auch, dass die Einstellung zur Sicherheitskultur umso positiver ist, je jünger die Piloten sind. Daraus leitet der FernUni-Absolvent einerseits einen Riesenvertrauensvorschuss für das Unternehmen ab. Aber auch, dass dieser Vorschuss im Laufe der Jahre auch „verbraucht“ werden kann. Einig waren sich jedoch alle Befragten bzgl. der guten Ausbildung. Interessanterweise schätzt das Management die Meinung seiner Mitarbeitenden zur Sicherheitskultur durchaus realistisch ein. Weil es sieht, dass diese Kultur seinen Ansprüchen nicht gerecht wird, wird auch schon daran gearbeitet.

Solche Ergebnisse sind für Fluggesellschaften überaus wichtig. Höhnerbach wurde daher bei seinen Untersuchungen von der Geschäftsleitung voll unterstützt und konnte so eine anonyme schriftliche Befragung aller Piloten durchführen, um festzustellen, wie sich die Wahrnehmung der Cockpitbesatzungen mit der von der Geschäftsführung angestrebten Sicherheitskultur deckt.

Die Ergebnisse zeigen nicht nur konkrete Problembereiche auf (die bereits in die Sicherheitsausbildung einfließen). Darüber hinaus ermöglichen sie es, die Anwendbarkeit und Validität der Untersuchungsmethode für zukünftige Befragungen zu optimieren. Höhnerbach: „So kann ein verlässliches Instrument zur Untersuchung der Sicherheitskultur in einem Flugbetrieb entstehen, um mögliche verborgene Organisationsdefizite frühzeitig entdecken und aktiv anpacken zu können.“ Nach einem Jahr will Höhnerbach die Befragung wiederholen. Zahlreiche andere Flugbetriebe wollen die Untersuchung ebenfalls durchführen.

Besonders lobt Jörg Höhnerbach die „sehr gut ausgearbeitete Lernunterlagen und interessant dargestellte Themen“ der FernUniversität, die Grundlage für eigene vertiefende Studien waren: „Die Kombination aus Selbststudium, Präsenzveranstaltungen, Einsende- und Hausaufgaben, Klausuren und der Projektarbeit formt ein stabiles Gerüst dafür, nicht den Faden oder gar die Motivation zu verlieren.“ Erfolgsfaktoren waren für seinen Studienerfolg „die sehr engagierte und persönliche Betreuung durch das Team der FernUni, das mir stets mit Rat und Tat zur Seite stand.“

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