Meeresströmung verknüpft Nord- und Südhemisphäre in der Eiszeit
Die jetzt im Wissenschaftsmagazin nature veröffentlichten Untersuchungen an einem Eiskern aus der Antarktis weisen auf eine prinzipielle Verknüpfung beider Hemisphären durch eine „bipolare Klimaschaukel“ hin. Selbst kürzere und schwächere Temperaturveränderungen im Süden sind durch die Änderungen der Meeresströmungen im Atlantik direkt mit den schnellen Temperatursprüngen im Norden verknüpft.
Die Antarktis erwärmte sich in der Zeit von 20.000 bis 55.000 Jahren vor heute immer dann, wenn der Norden kalt und der Export von warmem Wasser aus dem Südozean reduziert war. Umgekehrt begann die Antarktis sich jedes Mal dann abzukühlen, wenn während Wärmeereignissen im Norden vermehrt warmes Wasser in den Nordatlantik strömte. Dieses Ergebnis weist auf eine prinzipielle Verknüpfung beider Hemisphären durch eine „bipolare Klimaschaukel“ hin, sobald sich die Ozeanzirkulation im Atlantik ändert.
Wissenschaftlern des Forschungsprojektes EPICA (European Project for Ice Coring in Antarctica) ist es nun gelungen, Klimazeitreihen von Eiskernen aus der Antarktis und von Grönland präzise zu synchronisieren. Dazu nutzen sie die Information vergangener Methankonzentrationen, die in Luftblasen in den Eiskernen archiviert ist. Die Untersuchungen wurden an dem neuen EPICA Eiskern aus Dronning Maud Land (EDML), im atlantischen Sektor der Antarktis durchgeführt. Aufgrund der relativ hohen Niederschlagsrate an diesem Ort können atmosphärische und klimatische Zeitreihen der letzten Eiszeit in diesem Kern zeitlich besser als in Eiskernen aus der Ostantarktis aufgelöst werden. Diese höhere Auflösung war Voraussetzung für die präzise Synchronisation des EDML-Eiskerns mit seinem grönländischen Gegenstück, dem Eiskern des North GReenland Ice core Project (NGRIP). Basierend auf dieser Synchronisation konnten die Wissenschaftler die Ergebnisse aus Grönland und der Antarktis direkt miteinander vergleichen. Dieser Vergleich zeigt, dass die „bipolare Klimaschaukel“ im Verlauf der gesamten Eiszeit und vermutlich auch darüber hinaus aktiv war. „Es ist wirklich erstaunlich, wie systematisch dieser Prozess auch für kleinere Klimaschwankungen im Südozean wirkte. Unsere Daten zeigen, dass die Stärke der Erwärmung im Süden linear von der Dauer der Kälteperiode im Norden abhängt“, sagt Dr. Hubertus Fischer, Mitautor des Artikels und Paläoklimatologe am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven.
Die im Wissenschaftsmagazin nature veröffentlichte Studie fasst die Arbeit der EPICA-Wissenschaftler aus zehn europäischen Ländern zusammen: Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Norwegen, Schweden und Schweiz. „Diese Studie ist ein gutes Beispiel, wie Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen der Eiskernforschung Fächer übergreifend und international zusammenarbeiten. Ozeanmodellierer, Isotopenspezialisten und Glaziologen haben hier ihre Expertise zusammengetragen“, so Prof. Dr. Heinz Miller, wissenschaftlicher Leiter von EPICA. Als deutscher Partner von EPICA ist das Alfred-Wegener-Institut für die Durchführung der Eiskern-Bohrung in Dronning Maud Land in der Antarktis verantwortlich. Am Institut in Bremerhaven wird eine Vielzahl der Analysen am Dronning Maud Land-Eiskern und die Fließmodellierung des Eises durchgeführt. Koordiniert unter dem Dach der European Science Foundation (ESF) wird EPICA durch Beiträge der beteiligten Länder und der europäischen Union finanziert. EPICA ist eines der zentralen Forschungsprojekte des Alfred-Wegener-Instituts im Forschungsprogramm „Meeres-, Küsten- und Polarsysteme“ im Bereich „Erde und Umwelt“ der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
Die Veröffentlichung „One-to-one coupling of glacial climate variability in Greenland and Antarctica“ erscheint am 9. November 2006 im Wissenschaftsmagazin nature.
Hinweise für Redaktionen: Ihre Ansprechpartner am Alfred-Wegener-Institut sind Dr. Hubertus Fischer (Tel. 0471/4831-1174; Mobil: 0175/8930172; E-Mail: hufischer@awi-bremerhaven.de) und Prof. Dr. Heinz Miller (Tel. 0471/4831-1210; E-Mail: hmiller@awi-bremerhaven.de). Ihr Ansprechpartner in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist Dr. Ude Cieluch (Tel. 0471/4831-2008; E-Mail: medien@awi-bremerhaven.de).
Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der gemäßigten sowie hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der fünfzehn Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.awi-bremerhaven.de/Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften
Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.
Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.
Neueste Beiträge
Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen
An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…
Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean
20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….
Resistente Bakterien in der Ostsee
Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…