Forschungskooperation zur Entwicklung neuer meteorologischer Analyseverfahren

Gewitter in Innsbruck, Schnee in Salzburg, Regen in Wien, Nebel in Klagenfurt, Sturm in Graz – eine halbe Stunde später kann überall die Sonne scheinen; meteorologische Beobachtungsdaten verlieren sehr rasch an Aktualität. Den größten Nutzen bringen sie, wenn sie möglichst ohne Zeitverzögerung für die Diagnose und kurzfristige Prognose des Wetters zur Verfügung stehen. Rohdaten allein sind allerdings von beschränktem Wert, da sie unvollständig, d.h. nicht flächendeckend und kontinuierlich vorhanden und zudem oft fehlerbehaftet oder nicht repräsentativ sind. Die notwendigen Erfordernisse der Zukunft umschreibt Reinhold Steinacker, Professor am Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Wien, folgendermaßen: „Ein System, das diese Mängel behebt, muss Datenlücken sinnvoll auffüllen können, robust gegenüber Fehlern sein und die benötigte Information sofort verfügbar machen.“ In den meisten Wetterdiensten werden dazu Prognosemodelle als Hintergrundinformation verwendet.

Neue Methode für Kürzestfristvorhersage und Modellvalidierung mit VERA

Am Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Wien wird seit mehreren Jahren ein etwas anderer Weg verfolgt. Durch die Einbeziehung von Vorwissen über die Beeinflussung der Atmosphäre durch Gebirge und verschiedenen Untergrund können hochwertige meteorologische Analysen auch ohne die Notwendigkeit eines aufwändigen Prognosemodells erstellt werden. Dieses automatische System „Vienna Enhanced Resolution Analysis“ (VERA), welches die Beobachtungsdaten mittels künstlicher Intelligenz veredelt, liefert qualitätskontrollierte Analysen mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung in Echtzeit. Damit haben MeteorologInnen der Wetterdienste nicht nur ein Hilfsmittel für die realistische Darstellung des Ist-Zustandes des Wetters in der Hand, sondern auch ein Werkzeug für die Kürzestfristvorhersage (Nowcasting) und die Modellüberprüfung (Validierung) in Echtzeit.

Die Modellüberprüfung, die so genannte Validierung, stellt heute weltweit ein überaus aktuelles Forschungsgebiet dar. Da jedes, auch noch so raffinierte Modell nur ein unvollständiges Abbild der Realität widerspiegelt, gelingt es durch die Validierung mittels VERA zum frühest möglichen Zeitpunkt festzustellen, ob und wie ein Modell von der Realität abweicht. Durch die Verfügbarkeit von zahlreichen Prognosemodellen der verschiedenen Wetterdienste kann das jeweils am besten funktionierende objektiv herausgefiltert werden.

Meteorologische Forschung wird direkt in der Praxis getestet

Die wichtigste Aufgabe der Austro Control Meteorologen besteht darin, die Luftfahrt rechtzeitig vor auftretenden Gefahren wie Gewitter, Turbulenz- oder Vereisungszonen zu warnen und somit einen sicheren Ablauf des Flugverkehrs zu garantieren. Der Austro Control Flugwetterdienst stellt daher höchste Ansprüche an die Qualität von meteorologischen Prognosen für die Luftfahrt und verwendet deshalb für die Bodenanalysen bereits testweise VERA-Produkte. Höchste Qualität muss auch das eingesetzte Computersystem gewährleisten. Sun Microsystems stellt mit seinen Servern und Workstations ein technisch hoch entwickeltes verlässliches System zur Verfügung, dass höchste Ausfallsicherheit und effektives Processing garantiert. Für diese vorbildhafte Kooperation haben die drei Partner das Center of Excellence für Meteorologische Analyse und Nowcasting (COE-MAN) gegründet, mit dem Ziel, in den kommenden drei Jahren ein marktfähiges Software-Paket zu entwickeln.

Kontakt:
Univ.-Prof. Dr. Reinhold Steinacker
Institut für Meteorologie und Geophysik
Universität Wien
1090 Wien, Althanstraße 14
T +43-1-4277-537 30
M +43-676-507 46 87
reinhold.steinacker@univie.ac.at
Mag. Peter Schmidt
Austro Control
T 051703 9120
peter.schmidt@austrocontrol.at
Rückfragehinweis:
Mag. Veronika Schallhart
Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement
Universität Wien
1010 Wien, Dr.-Karl-Lueger-Ring 1
T +43-1-4277-175 30
M +43-664-602 77-175 30
veronika.schallhart@univie.ac.at

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