Ältere Frauen sollen mehr und länger arbeiten
Rentenabschläge und Abschaffung des Vorruhestands helfen nicht allein, den demografischen Wandel auf dem Arbeitsmarkt zu bewältigen und verstärkt Ältere in Arbeit zu bringen. Auch ältere Frauen müssen mehr und länger erwerbstätig sein. Diese Position vertritt das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Uni Duisburg-Essen und fordert einen Systemwechsel vom traditionellen Alleinverdiener zum gleichberechtigten Familienmodell.
„In der „stillen Reserve“ der Frauenerwerbstätigkeit liegt ein erhebliches Potenzial“, meint IAQ-Leiter Professor Dr. Gerhard Bosch. „Während Länder wie Schweden und Dänemark durch die frühzeitige Integration der Frauen in den Arbeitsmarkt das EU-Ziel 2010, mindestens die Hälfte der Bevölkerung zwischen 55 und 64 Jahren in Beschäftigung zu bringen, längst erreichen, hinken wir hinterher.“
Ein Vergleich innerhalb der EU 15, also den 15 Mitgliedstaaten, die bis zur Osterweiterung 2004 die EU bildeten, zeigt: Schon in der Altersgruppe der 25- bis 44-jährigen Frauen gehen die Beschäftigungsquoten erheblich auseinander. Aber noch größer sind die Unterschiede bei den 55- bis 64-jährigen Frauen, auch im Vergleich zum männlichen Geschlecht. Denn während die Spannbreite der Beschäftigungsquoten in der EU 15 bei den Männern dieser Altersklasse bei 34,3 Prozentpunkten liegt, macht sie bei den Frauen 48,5 Prozentpunkte aus. Insgesamt zeigt sich laut IAQ, dass sich in Europa die nationalen Erwerbsmuster der 55- bis 64-jährigen Männer und Frauen heute weitaus stärker unterscheiden als noch 1970.
Die meisten Länder der EU versuchen, durch Heraufsetzung des Rentenalters und Abschaffung des Vorruhestands die Beschäftigungsphase zu verlängern. „Dies ist eine klassische Männersicht. Die Beschäftigungsquote der über 50-jährigen Frauen wird man durch rein altersspezifische Maßnahmen nur geringfügig erhöhen können“, sagt Bosch. Die Beispiele Schwedens und Dänemarks zeigten dagegen, dass die Integration der Frauen in den Arbeitsmarkt vor allem durch ausreichende Kinderbetreuung sowie eine Individualisierung der Besteuerung und der sozialen Sicherung frühzeitig gefördert werde.
Nur wenn die Beschäftigungsquote der Frauen in jüngeren Lebensjahren erhöht werde, sei es für sie selbstverständlich, auch nach dem 55. Lebensjahr erwerbstätig zu sein – allerdings auch nur dann, wenn sie hier von Hausarbeit entlastet werden, so der IAQ-Leiter weiter. Was für die jüngeren Frauen die Kinderbetreuung, sei für die über 55-Jährigen die professionelle Pflege. „So wird zum Beispiel in Deutschland erst jetzt – 40 Jahre nach Schweden – mit den Programmen für Ganztagsschulen, der Kinderbetreuung für die unter Dreijährigen und dem Elterngeld der Systemwechsel vom traditionellen zu einem gleichberechtigten Familienmodell eingeleitet. Die vollen Auswirkungen auf die Beschäftigungsquote der über 55-Jährigen werden erst mittelfristig eintreten und bis 2010 bescheiden bleiben“, prognostiziert Bosch.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Gerhard Bosch, IAQ,
Tel. 0209/1707-142, -117. E-Mail: gerhard.bosch@uni-due.de
Redaktion: Claudia Brazcko, Tel. 0209/1707-176
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