DFG genehmigt über 2,5 Millionen Euro für Forschergruppe "Resistenzaktivierung im Getreide"
Erfolgreicher Abschluss der ersten dreijährigen Projektphase zur Widerstandsfähigkeit von Getreiden gegenüber mikrobiellen Krankheitserregern
Großer Erfolg für die Forschergruppe „Resistenzaktivierung im Getreide“ (FOR 343) der Justus-Liebig-Universität Gießen: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat Anfang Februar 2002 Finanzmittel im Umfang von mehr als 2,5 Millionen Euro für die zweite Phase der Forschergruppe „Resistenzaktivierung im Getreide“ für weitere drei Jahre bewilligt. Zugleich hat die DFG damit einer Erhöhung des Gesamtetats zugestimmt, so dass die Gießener Verbundforschung zu diesem Thema nun noch weiter ausgeweitet werden kann. Sprecher der Forschergruppe ist Prof. Dr. Karl-Heinz Kogel, Institut für Phytopathologie und Angewandte Zoologie, Interdisziplinäres Forschungszentrum für biowissenschaftliche Grundlagen der Umweltsicherung (IFZ für Umweltsicherung), Gießen.
Aufgrund der sehr erfolgreichen Forschungsarbeiten der dreijährigen ersten Projektphase zur Widerstandsfähigkeit (Resistenz) von Getreiden gegenüber mikrobiellen Krankheitserregern (Pathogenen) hat die DFG einer Erhöhung des Gesamtetats für die Gießener Verbundforschung zugestimmt. Neun statt bislang sechs Einzelprojekte können somit in der nächsten Antragsphase gefördert werden. Innerhalb des Verbundes wird eine DFG-Nachwuchsgruppe durch das Exzellenzprogramm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses unterstützt. Ein räumliches Zentrum für die Arbeiten bildet das Gießener IFZ für Umweltsicherung, in dem neben der Nachwuchsgruppe fünf weitere Arbeitsgruppen aus den Bereichen Pflanzenschutz, Pflanzenzüchtung, Pflanzenernährung und Biometrie kooperieren. Zusätzlich ist eine Gruppe der Gießener Botanik und des Marburger Max-Planck-Instituts für Terrestrische Ökologie an den zukünftigen Arbeiten beteiligt.
Alternativen für einen hohen Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel
Ziel der Arbeiten ist die Aufklärung von natürlicher Resistenz von Getreidepflanzen gegenüber Pflanzenkrankheiten, die in Mitteleuropa vorzugsweise durch Viren und pilzliche Mikroorganismen hervorgerufen werden. In den Einzelprojekten werden die molekularen Ursachen der Resistenz von Gerste und Weizen gegenüber wichtigen Erkrankungen wie dem Getreidemehltau und der Gelbverzwergungsvirose mit biochemischen und molekularbiologischen Methoden untersucht. Die Forscher erhoffen sich davon wertvolle Informationen, die schon mittelfristig zur Reduktion von Pestizideinsätzen genutzt werden können. Dabei kommt der systematischen Identifizierung von Genen eine entscheidende Bedeutung zu. Die erfolgreiche internationale Entwicklung der modernen Biotechnologie und die von der Bundesregierung in großem Maßstab initiierten deutschen Projekte zur Pflanzen-Genomforschung können synergistisch genutzt werden, weil ein Großteil der dort erarbeiteten Informationen für Fragen der angewandten Agrarforschung zur Verfügung stehen.
Mit Hilfe neuer Labortechniken ist es den Gießener Wissenschaftlern möglich, Gene nicht nur zu isolieren, sondern in einem weiteren Schritt auch systematisch auf ihre Wirkung gegenüber Krankheitserregern direkt an der Pflanze zu überprüfen. Mit dieser neuen Technik ist die Grundlage für eine gezielte Nutzung einzelner, nun in ihren Eigenschaften umfassend charakterisierter Gene zur Kontrolle wichtiger Krankheiten geschaffen worden.
Die Kooperation mit Industrieunternehmen und privaten Züchtern ist ein wichtiges Element, um die hochgesteckten Ziele der laufenden Arbeiten zu erreichen. Ein wichtiger Grund für die DFG, die Förderung der Gießener Verbundforschung auszubauen, war die anwendungsorientierte Projektausrichtung vor dem Hintergrund der modernen Ausrichtung der Agrarwissenschaften an der JLU Gießen mit biotechnologischem und umweltwissenschaftlichem Schwerpunkt. Dadurch sind alle Voraussetzungen erfüllt, dass schon mittelfristig realistische Alternativen für einen hohen Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel erarbeitet werden können. Auf diese Weise wird dem Anspruch auf Nachhaltigkeit (sustainability) und Schonung von Naturressourcen Rechnung getragen.
Der Erfolg der Gruppe war nicht zuletzt auf der Identifizierung von neuen biologischen Mechanismen der Auslösung von Resistenz durch Mikroorganismen, sogenannte Wurzel-Endophyten, begründet. So ist es Wissenschaftlern des Gießener Instituts für Phytopathologie und Angewandte Zoologie in Kooperation mit dem Marburger Max-Planck-Institut gelungen, einen Mikroorganismus nachweisen, der in einer Symbiose mit Gerste leben kann. Die vom Mikroorganismus besiedelten Gerstenpflanzen wachsen besser (erhöhte Biomasse) und sind, was nicht erwartet wurde, auch widerstandsfähiger gegenüber Krankheitserregern, die den Landwirten zur Zeit erhebliche Probleme bereiten. Mit dieser Forschung eröffnen sich neue, weitreichende Perspektiven für die globale Pflanzenproduktion in Acker-, Gemüse- und Gartenbau. Auch für den ökologischen Landbau, der ganz auf chemischen Pflanzenschutz verzichtet, und deshalb auch mit Problemen durch Pflanzenkrankheiten konfrontiert ist, sind diese Ergebnisse von höchstem Interesse.
Gießener Resistenzforschung im globalen Zusammenhang
Die Gießener Resistenzforschung muss im globalen Zusammenhang gesehen werden. Moderne Landwirtschaft ist immer deutlicher einem zunehmenden Handlungsdruck ausgesetzt: Einerseits muss die Welt in den nächsten 50 Jahren aufgrund der wachsenden Bevölkerung mehr Nahrungsmittel produzieren als sie dies bisher, das heißt seit Beginn der landwirtschaftlichen Produktion vor etwa 10.000 Jahren getan hat. Andererseits sind die anthropogenen Einflüsse, und unter diesen auch die der Nahrungsmittelerzeugung, zu einer Bedrohung der Stabilität der Ökosysteme und zu einem riskanten Faktor bei der Veränderung des Weltklimas geworden. Die scheinbar unlösbare globale Herausforderung besteht darin, qualitativ hochwertige Nahrungsmittel in genügender Menge bereitzustellen und gleichzeitig die landwirtschaftliche Produktion umweltverträglicher zu gestalten. Ökonomie und Ökologie stehen sich beim Erreichen dieses Ziels als Antipoden gegenüber. Beide zu versöhnen erscheint – das zeigt auch die aktuelle politische Diskussion um die „Agrarwende“ – unmöglich. Globale Erwärmung, Wassermangel und in deren Folge Versteppung sowie der Abbau der uns vor UV-Strahlung schützenden Ozonschicht sind aber zur konkreten Gefahr auch für das Individuum geworden und zwingen nun die Politik zu reagieren und die Wertigkeit ihrer Handlungsgrundsätze und Ziele neu zu überdenken.
Die Gießener Forschergruppe „Resistenzaktivierung im Getreide“ will mit dem Schwerpunkt auf der Resistenzforschung wissenschaftliche Grundlagen für Alternativen zu heutigen Strategien der Pflanzenproduktion aufzeigen.
Kontakt:
Prof. Dr. Karl-Heinz Kogel
Institut für Phytopathologie und Angewandte Zoologie
Heinrich-Buff-Ring 26-32
35392 Gießen
Tel.: 0641/99-3 74 90/91
Fax : 0641/99-3 74 99
E-Mail: Karl-Heinz.Kogel@agrar.uni-giessen.de
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Weitere Informationen:
http://www.uni-giessen.de/ipazAlle Nachrichten aus der Kategorie: Agrar- Forstwissenschaften
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