Game-Figuren am Weg zum eigenen Bewusstsein

LAD-Technologie ermöglicht rasche Lernfähigkeit

Figuren in einem Computerspiel könnten angesichts der rasanten technischen Entwicklung bald ein eigenes Bewusstsein entwickeln. Das behauptet der Wissenschaftler des britischen Unternehmens Lobal Technologies und Professor am Londoner King´s College, John Taylor. Wie die BBC berichtet, arbeitet er an einer Technologie mit dem Namen LAD (Language Acquisition Device), die die Funktionsweise des menschlichen Gehirns nachahmt. Einen der unmittelbarsten Anwendungsbereiche der Technologie sieht Taylor im Bereich der interaktiven Unterhaltung wie zum Beispiel Video- bzw. Computerspiele. Szenarios wie sie derzeit nur aus Science-Fiction-Filmen wie Wargames (1983) oder Star Trek bekannt sind könnten also bald Realität werden. In offensichtlicher Kenntnis der Gewalttätigkeit mancher Games nimmt der Professor seine Schöpfung präventiv in Schutz und gibt ethische Probleme zu bedenken.

Wesentliches Merkmal menschlicher Intelligenz (und letztendlich des Bewusstseins) ist die Sprache. Allerdings genüge es nicht bloß Wörter zu erkennen wie dies Sprachprogramme heute schon tun. Vielmehr sei es notwendig, dem Sprachprogramm ein lernfähiges Gehirn zu geben, so Taylor. LAD imitiert die Funktionsweise der Stirnlappen (Lobus frontalis) des menschlichen Gehirns, die für Handlungen, Antriebe und die Verarbeitung der Sprache zuständig sind. Dabei orientiert sich LAD an der Lernweise eines Kindes. Das wesentliche Problem bei Interaktion sei für künstliche Intelligenz nicht das Erkennen der Wörter, sondern zu wissen, was deren Bedeutungsinhalt ist, erklärt Taylor. Die neue Technologie lernt daher anhand von Assoziationen und Beispielen aus seiner Umwelt (die im Falle eines Computerspiels auch eine virtuelle sein kann).

Zurzeit erreicht der LAD-Prototyp die Lernfähigkeit eines 18 Monate alten Kleinkindes. Taylor und sein Team bei Lobal Technologies sind sicher, diesen Level bis Ende 2003 auf das Niveau eines Sechsjährigen zu heben. „Stellen sie sich vor, sie kommandieren eine Gruppe Soldaten, die verstehen was sie ihnen sagen und ihre Anweisungen ausführen“, erläutert Taylor seine Vision des ultimativen Spiels der Zukunft. „Das Spiel wäre um Längen spannender und realistischer, wenn die Figuren eine eigene Art von Bewusstsein hätten.“ Taylor denkt vor allem an Aufbauspiele wie Civilisation, Siedler oder Age of Empires. In der virtuellen Welt des Spiels wären ganze Städte mit intelligenten Bewohnern denkbar. Der Gedanke an Games wie Warcraft, Command & Conquer oder andere Kriegsspiele bereitet ihm aber schon jetzt Kopfzerbrechen. Was wäre, wenn die intelligenten Gamecharaktere sich nicht bedingungslos in den Krieg schicken lassen und zu Pazifisten mutieren. Ab einem bestimmten, technisch vorstellbaren Niveau würden sich gewisse Bedenken ergeben. „Wenn sie eine Art von Bewusstsein entwickeln, könnten sie auch Gefühle haben, und dann haben wir ein ernstes ethisches Problem“, eilt der Wissenschaftler selbst den kühnsten Vorstellungen begeisterter Spielefans voraus. Die virtuellen Gestalten hätten dann ein „eigenes Recht zu Existieren“. Das würde so manchem schießwütigen Game-Freak aber dann gar nicht gefallen, denn nur die wenigsten Spiele haben eine friedliche Koexistenz zum Ziel.

Media Contact

Erwin Schotzger pte.monitor

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Interdisziplinäre Forschung

Aktuelle Meldungen und Entwicklungen aus fächer- und disziplinenübergreifender Forschung.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Mikrosystemforschung, Emotionsforschung, Zukunftsforschung und Stratosphärenforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Größte bisher bekannte magnetische Anisotropie eines Moleküls gemessen

An der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II ist es gelungen, die größte magnetische Anisotropie eines einzelnen Moleküls zu bestimmen, die jemals experimentell gemessen wurde. Je größer diese Anisotropie ist, desto besser…

Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean

20 Jahre nach der Tsunami-Katastrophe… Dank des unter Federführung des GFZ von 2005 bis 2008 entwickelten Frühwarnsystems GITEWS ist heute nicht nur der Indische Ozean besser auf solche Naturgefahren vorbereitet….

Resistente Bakterien in der Ostsee

Greifswalder Publikation in npj Clean Water. Ein Forschungsteam des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) hat die Verbreitung und Eigenschaften von antibiotikaresistenten Bakterien in der Ostsee untersucht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit…