Wie Computerspiele schlauer werden
Die virtuellen Gegner in den meisten Computerspielen sind leicht durchschaut: Sie reagieren nach immer ähnlichen Mustern, vergessen schnell und zeigen kaum Gefühle. Damit sich daran etwas ändert, programmieren Mitarbeiter der Firma X-aitment künstliche Intelligenz (KI) in Computerspiele. Das junge Unternehmen, das aus der Universität und dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) hervorgegangen ist, wird dafür jetzt mit dem ICT-Preis, dem bedeutendsten Innovationspreis der Europäischen Union, ausgezeichnet.
Den Preis für Informations- und Kommunikations-Technologien werden die EU-Kommissarin Viviane Reding und der Saarbrücker Informatiker Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang Wahlster (Universität des Saarlandes und DFKI) auf der CeBIT in Hannover am Freitag, 16. März um 11 Uhr überreichen: im Convention Center (CC), Saal 3A.
„Die Spiele-Entwicklung hinkt den Forschungsergebnissen der Künstlichen Intelligenz um 15 Jahre hinterher“, meint Dr. Andreas Gerber, Geschäftsführer der Firma X-aitment. Er hat sich vor drei Jahren mit der Idee selbstständig gemacht, Computerspielen mehr menschliches Leben einzuhauchen. Gemeinsam mit seinem Team von inzwischen 24 Mitarbeitern setzt er dafür Methoden und Werkzeuge aus der KI-Forschung ein, die er sich während seines Informatikstudiums und der Promotion am Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz (Prof. Dr. Jörg Siekmann) und dem DFKI erarbeitet hat. Seine Vision ist es, Computerspiele zu entwickeln, bei denen der Spieler nicht mehr erkennt, ob er gegen menschliche oder künstliche Gegner spielt.
Dafür setzen die Saarbrücker Informatiker zum Beispiel so genannte Multiagenten ein, um den Teamgeist im Spiel zu erhöhen. Wie bei einem Fußballspiel bekommt jeder der vom Computer gesteuerten Spieler eine Aufgabe (z.B. Verteidiger, Mittelfeld, Stürmer) zugewiesen, die er jedoch nur erfolgreich im Team umsetzen kann. Die künstlichen Spieler sind in der Lage, wie Menschen miteinander zu kommunizieren und Rückmeldung zu geben, wenn etwas schief läuft. Dadurch können sie auch komplexere Strategien verfolgen, wie sie zum Beispiel in Echtzeitstrategiespielen wie „Die Siedler“ erforderlich sind. Die Hersteller dieser Strategiespiele, wie z.B. Blue Byte / Ubisoft sind daher bereits Kunden von X-aitment.
Die für die Computerspiele entwickelten Verfahren können jedoch auch in anderen Bereichen eingesetzt werden. So lässt sich mit Hilfe der Multiagenten zum Beispiel das Fluchtverhalten von Fans bei einer Panik im Fußballstadion simulieren. Oder ein Verkehrschaos wird vorhergesagt, das durch mehrere Baustellen in einer Stadt entstehen kann. Auch ist es möglich, verschiedene Prozesse in Unternehmen zu modellieren, die bisher von Menschen gesteuert wurden. Um diese Ideen nah an der Forschung weiter zu entwickeln, hat die Firma X-aitment ihren Sitz im Science Park neben dem Campus der Universität des Saarlandes gewählt. Dies ermöglicht eine enge Zusammenarbeit mit der Informatikforschung an der Universität, dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und den Max-Planck-Instituten in Saarbrücken.
Vom 5. bis 9. März 2007 werden die Mitarbeiter von X-aitment ihre Neuheiten auf der weltgrößten Messe für die Entwicklung von Computerspielen, der „Game Developers Conference“ in San Francisco, präsentieren. Auf der CeBIT 2007 stehen Mitarbeiter der Firma am 15./16. März im Rahmen der Preisverleihung für Interviews zur Verfügung. Terminabsprache unter: Tel. 0681/302-58099.
Hintergrund: Der ICT-Preis
Mit dem ICT-Prize (früher IST-Prize) werden Institute und Unternehmen ausgezeichnet, die innovative Produkte der Informations- und Kommunikationstechnologie mit guten Marktaussichten entwickelt haben. Der Preis wird seit 1995 vom 'European Council of Applied Sciences, Technologies and Engineering' (Euro-CASE), der von der Europäischen Kommission unterstützt wird, vergeben. In diesem Rat sind nationale Akademien aus 18 Ländern zusammengeschlossen. Eine Experten-Jury wählt 20 Gewinner des ICT-Preises aus allen europäischen Ländern aus, von denen drei dann den mit jeweils 200.000 Euro dotierten Grand Prize erhalten. In diesem Jahr hatten sich dafür 450 Unternehmen aus 30 Ländern beworben. Wer die drei Grand Prizes gewinnt, wird erst zur offiziellen Preisverleihung bekannt gegeben, die am 16. März 2007 auf der CeBIT in Hannover stattfindet. (www.ict-prize.org).
Zwei weitere Spin-off-Unternehmen der Saarbrücker Informatik haben bereits den ICT-Preis erhalten: Die inTrace GmbH im Jahr 2006 und die AbsInt Angewandte Informatik GmbH im Jahr 2004. Intrace ist aus dem Lehrstuhl für Computergraphik von Prof. Dr. Philipp Slusallek hervorgegangenen und vermarktet das Echtzeit-Ray-Tracing, eine interaktive Visualisierungstechnik. Die AbsInt Angewandte Informatik GmbH (Lehrstuhl für Programmiersprachen von Prof. Dr. Reinhard Wilhelm) hat den aiT-Laufzeit-Analysator entwickelt hat, das weltweit erste Werkzeug, das automatisch das korrekte Zeitverhalten von Software in eingebetteten Systemen garantieren kann. Bereits 1995 hatte das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) mit Standort in Saarbrücken und Kaiserslautern den begehrten Preis erhalten.
Fragen beantworten Ihnen:
Dr. Andreas Gerber
Tel.: 0681 / 95 93 142
E-Mail: andreas.gerber@x-aitment.net
Friederike Meyer zu Tittingdorf
Kompetenzzentrum Informatik an der Universität des Saarlandes
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