Spintronik: Physiker bewegen sich auf neuem Terrain

Ein dünnes, unmagnetisches Metall (rosa) zwischen zwei ferromagnetischen Metallen (gelb). Von der Spinrichtung (Pfeile) der Ferromagneten hängt es ab, ob der elektrische Widerstand zwischen den Schichten klein (a) oder groß (b) ist. <br>Grafik: Schott <br>

Elektronen tragen nicht nur eine elektrische Ladung. Sie besitzen auch einen so genannten Spin, der im Prinzip der Drehrichtung des Elektrons entspricht. Für dieses Phänomen interessieren sich Physiker von der Universität Würzburg: Es geht ihnen darum, den Spin zu kontrollieren – denn dies könnte völlig neuartige Bauelemente für die Computer- oder Datenübertragungstechnik hervorbringen.

Elektronische Bausteine – zum Beispiel Transistoren – nutzen die Ladung eines Elektrons, um Informationen zu speichern oder weiterzugeben. In einer neuen Forschungsrichtung namens Spintronik wird abseits der klassischen Physik eine zweite Eigenschaft des Elektrons untersucht, der Spin.

Dessen Beherrschung könnte neuartige Bausteine ermöglichen, da der Spin im Gegensatz zur konstanten Ladung des Elektrons manipulierbar ist. Wie eine rotierende Ladung erzeugt auch der Spin ein magnetisches Moment. Es gibt zwei mögliche Spinzustände, „Spinup“ und „Spindown“, die in einem magnetischen Feld unterschieden werden können.

1988 wurde erstmals eine rein elektrische Wechselwirkung zwischen Elektronen mit unterschiedlichem Spin beobachtet: Ein dünnes, unmagnetisches Metall wird zwischen zwei ferromagnetischen Metallen eingebettet. In einem Ferromagneten haben die meisten Elektronen eine bevorzugte Spinrichtung, während in einem normalen Metall die beiden Spinrichtungen zu jeweils 50 Prozent vorliegen.

Die Elektronen können nun von dem einen Ferromagneten durch das unmagnetische Metall fließen. Dabei verlieren sie ihren Spinzustand nicht, sofern das Metall dünn genug ist. Treffen sie auf den zweiten Ferromagneten, dann werden die Elektronen, deren Spinzustand dem des zweiten Ferromagneten entgegengesetzt ist, häufig zurückgeworfen. Bei Elektronen mit dem anderen Spin kommt es dagegen seltener zur Streuung.

Dazu die Würzburger Physikerin Gisela Schott: „Das bedeutet, dass der elektrische Widerstand der zweiten Struktur groß ist, wenn die ferromagnetischen Schichten entgegengesetzt magnetisiert sind. Im anderen Fall ist der Widerstand klein. Basierend auf diesem Prinzip werden heute zum Beispiel schon magnetoelektronische Leseköpfe für Festplatten hergestellt.“

Gisela Schott arbeitet an einem Forschungsprojekt, das von Prof. Dr. Laurens W. Molenkamp geleitet wird. Die Physiker untersuchen den Transport in Halbleitern, in denen es einen bevorzugten Spinzustand für die Ladungsträger gibt, um spintronische Bauteile zu entwickeln, die mit der bestehenden Halbleitertechnik kompatibel sind.

Bei herkömmlichen integrierten Schaltungen werden in erster Linie die Halbleiter Galliumarsenid (GaAs) und Silizium verwendet, die beide nicht ferromagnetisch sind. Es gibt verschiedene Ansätze, um insbesondere das GaAs ferromagnetisch zu machen: In Würzburg wird dies durch die Beimischung von Mangan mit Hilfe der Molekularstrahl-Epitaxie erreicht. Dabei werden im Ultrahochvakuum einzelne Atomlagen nacheinander auf einen vorbereiteten Kristall aufgebracht.

Wie Gisela Schott sagt, könnte eine Kontrolle des Spins nicht nur neuartige Bausteine für die Mikroelektronik, sondern auch ein bislang nicht realisierbares Verfahren für die Informationsverarbeitung zugänglich machen: den Quantencomputer. Elektronen mit entgegengesetztem Spin können außerdem mit polarisiertem Licht in Wechselwirkung treten, und das ermögliche neue Perspektiven für die Optoelektronik.

Dieses Forschungsprojekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert und im Rahmen des europäischen Gemeinschaftsprojekts FENIKS von der Europäischen Union unterstützt.

Weitere Informationen: Gisela Schott, T (0931) 888-5799, Fax (0931) 888-5124, E-Mail: 
schott@physik.uni-wuerzburg.de

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Robert Emmerich idw

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