Europäische Akademie: Wissenschaftliche Tagung zu nachhaltiger Entwicklung und Innovation

Zum Thema “Nachhaltige Entwicklung und Innovation. Globale Perspektiven wirtschaftlichen Handelns” veranstaltete die Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen GmbH am Donnerstag und Freitag in Bad Neuenahr ihre jährliche Frühjahrstagung. Im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Tagung standen die Begriffe ’nachhaltige Entwicklung’ und ’Innovation’: Diese Leitbegriffe zeitgemäßer Umwelt- bzw. Wirtschaftspolitik scheinen auf den ersten Blick einen Gegensatz darzustellen: die Forderung nach nachhaltiger Entwicklung verhindert Innovationen; Innovationen – als Motor wirtschaftlicher Weiterentwicklung – verhindern eine nachhaltige Entwicklung.

Ob dieses Bild der Realität standhält, wurde auf der Frühjahrstagung 2002 der Europäischen Akademie GmbH verhandelt. Professor Dr. Carl Friedrich Gethmann, Direktor der Akademie, stellte im Rahmen seiner Einführung die These auf, dass die Begriffe vielmehr in ein Verhältnis gegenseitiger Ergänzung gesetzt werden müssen: Ohne Innovationen ist an eine nachhaltige Entwicklung nicht zu denken; die Ausrichtung von Innovationen auf eine nachhaltige Entwicklung verbessert deren Wertschöpfungspotential. Nach Meinung von Professor Gethmann sei eine der wichtigsten Aufgaben der Tagung, das Zusammenspiel von Innovation und nachhaltiger Entwicklung in spezifischen Anwendungsfeldern zu klären.

Professor Dr. Cornelis Blok, Utrecht, nahm die so formulierte Herausforderung für den Energiebereich auf und stellte mehrere Möglichkeiten der Entwicklung des Energiebedarfs und Techniken der Bedarfsdeckung dar. Eine Reduktion der Verwendung fossiler Energiequellen und ein Ausbau regenerativer Energiequellen sei wirtschaftlich nur machbar, wenn der Energiebedarf insgesamt durch Effizienzsteigerungen beim Energieverbrauch zurückgeführt wird. Es sei möglich, diese Steigerungen in den maßgeblichen Bereichen der Industrie, des Wohnungsbereiches und der Mobilität mit heute zur Verfügung stehenden Techniken zu erreichen. Probleme sah Blok in der Aktivierung bestehender Potentiale. Diese wird eine Studie der Europäischen Akademie, die im Herbst erscheinen wird, bearbeiten, an der Professor Blok mitarbeitet.

Aus unternehmerischer Sicht ist das Zusammenspiel von Innovation und nachhaltiger Entwicklung längst Realität. Dr. Dieter Jahn, BASF AG, schilderte den in den vergangenen zehn Jahren vollzogenen Umbau des Unternehmens zu einem auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit führenden “global player”. Entscheidend seien für das Chemieunternehmen eine ständige Verbesserung der chemischen Prozesse im Hinblick auf die Ausbeute, also die Menge an Produkt, die eine chemische Reaktion ergibt. Diese Verbesserungen gelten als Paradebeispiel für die Vereinbarkeit von Innovation und Nachhaltigkeit.

Dr. Christian Schneller von der E.ON Energie AG problematisierte die Ersetzung der auslaufenden Kernkraftkapazitäten. Ein Ersatz durch regenerative Energietechniken könne zu schwer überwindbaren Problemen führen: Vor allem bei der Wirtschaftlichkeit dieser Techniken gäbe es Defizite. Dipl.-Ing. Heinz-Jörg Brecker von der Vaillant GmbH erläuterte den Innovationsprozess im Hause Vaillant. Kern dieses Prozesses ist die Annahme, dass Innovationen planbar sind, sobald eine Vision für ein Produkt entwickelt wurde. Diesen Prozess schilderte er beispielhaft an der inzwischen seriereifen Brennstoffzelle für die Energieversorgung von Mehrfamilienhäusern. Geplant sei die Vernetzung dieser Geräte in Kleinnetzen, die es erlauben, Kapazitätsengpässe abzupuffern, so dass eine Anlage etwa nicht notwendig das Verbrauchsmaximum eines Hauses abdecken muss.

Professor Gethmann wies abschließend auf die Studie hin, die im Herbst 2002 als Ergebnis der Projektgruppe “Nachhaltige Entwicklung und Innovation im Energiebereich” der Europäischen Akademie GmbH erscheinen wird. Die Projektgruppe wird von Professor Dr. Ulrich Steger geleitet, der am IMD in Lausanne Umweltmanagement lehrt.

Weitere Referenten der Tagung waren: Professor Dr. Ulrich Steger (Nachhaltige Entwicklung und Innovation in einer globalisierten Wirtschaft); Professor Dr. Dieter Imboden, ETH Zürich (Die Beurteilung von Energiesystemen), Professor Dr. Hans G. Nutzinger, Kassel, und Professor Dr. Rudi Kurz, Pforzheim (Nachhaltige Innovationen. Eine Restriktion als Chance für wirtschaftliche Entwicklung), Professor Dr. Walter Frenz, Aachen (Das Recht nachhaltiger Innovationen).

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Friederike Wütscher idw

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