Modernisierung der "Platte" oder besser Neubau?
Marketing-Experten untersuchen die Akzeptanz von Rückbaukonzepten in Chemnitz
Zu DDR-Zeiten galt das Fritz-Heckert-Wohngebiet als Hoffnungsträger für ein schöneres Zuhause. 1991 – also kurz nach der deutschen Wiedervereinigung – wohnten dort über 70.000 Bürger. Heute sind es noch etwa 40.000, Tendenz fallend. Vor allem junge Leute und Familien mit einem guten Einkommen wandern ab – es droht eine Vergreisung dieses Stadtteils. Die Kommune und die Wohnungsgenossenschaften der Stadt müssen darauf reagieren, so auch die Wohnungsgenossenschaft „Einheit“ Chemnitz. Sie kommt nun den geforderten Veränderungen im Bereich der Plattenbauten mit Modellkonzepten zum Rück- und Neubau von Wohnraum nach. Um diese Konzepte auf ihre Akzeptanz bei den Mietern zu prüfen sowie Meinungen und Wünsche zu einem frühen Planungszeitpunkt zu berücksichtigen, wurde die Professur für Marketing und Handelsbetriebslehre der TU Chemnitz unter Leitung von Prof. Dr. Cornelia Zanger um Hilfe gebeten.
Die Marketing-Experten der Universität befragten im Dezember des letzten Jahres Mieter der Wohnungsgenossenschaft „Einheit“ Chemnitz aus dem Stadtteil „Hutholz“ sowie aus anderen Bereichen des „Heckert-Wohngebietes“. Zur Validierung der Untersuchungsergebnisse wurde darüber hinaus eine repräsentative Stichprobe der Chemnitzer Haushalte auf Basis des Einwohnerverzeichnisses der Stadt angeschrieben. Die Stichprobenziehung erfolgte für beide Gruppen nach dem Zufallsprinzip auf Basis der genannten Datenbestände. Insgesamt wurden 3.364 Fragebögen versendet, wovon 443 beantwortet wurden. Mit der Rücklaufquote von 13,2 Prozent sind die Mitarbeiter der Marketing-Professur durchaus zufrieden. Die ersten Ergebnisse der Chemnitzer Untersuchungen zeigen im Vergleich mit Studien in anderen Städten, dass Plattenbauten zu Unrecht einen schlechten Ruf innerhalb der Wohnungslandschaft der neuen Bundesländer besitzen. Dieses Ergebnis wird auch in Chemnitz durch eine überdurchschnittlich hohe globale Zufriedenheit der Mieter im Bereich der Plattenbauten bekräftigt. „Der positive Eindruck darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass hinsichtlich der Ausstattung und des Komforts Unzufriedenheit geäußert wurde“, so Diplom-Kaufmann Ralph Schweigert von der TU Chemnitz. Aus dem Wohnumfeldbereich habe insbesondere die Freizeitqualität und der Ruf des Stadtteils „Hutholz“ Anlass zu Kritik geboten.
Generell betrachtet, sind die Rück- und Neubaupläne im Bereich des Stadtteils „Hutholz“ sowohl in der Mieter- als auch in der Kontrollgruppe durch Mieterinformationen und diverse Pressemitteilungen überwiegend bekannt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Veränderungspläne aufgrund der erwarteten Qualitätssteigerung und Auflockerung des Wohnumfeldes überwiegend Zustimmung finden. Ein ebenso häufig geäußertes Meinungsbild besteht jedoch dahingehend, dass zunächst vorhandene Gebäude durch Modernisierung einer Qualitätsverbesserung unterzogen werden sollten anstatt neuen Wohnraum in einem Gebiet mit ohnehin hohem Leerstand zu schaffen. Der Erfolg bereits realisierter Teilrückbaumaßnahmen in den Stadtteilen „Hutholz“ und „Morgenleite“ bekräftigt dieses Meinungsbild.
Zusammenfassend meint Schweigert, dass der Stadtteil „Hutholz“ aufgrund seiner Stadtrandlage prinzipiell ein interessanter Wohnstandort ist und bleibt. Die geplanten Rück- bzw. Neubaupläne der Wohnungsgenossenschaft „Einheit“ werden nun aufgrund des damit verbundenen hohen finanziellen Risikos im Falle eines Leerstandes unter Einbeziehung der Studienergebnisse des Marketing-Professur der TU Chemnitz sorgfältig geprüft.
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