Neuer biochemischer Signalweg in Pflanzen entdeckt
MLO-Protein leitet Sonderweg in der Signalübertragung ein / Erkenntnisse von Max-Planck-Forschern erweitern klassische Lehrmeinung der Pflanzenbiochemie
In der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature berichten Kölner Max-Planck-Forscher über einen erstaunlichen biochemischen Sonderweg in der Signalerkennung bei Pflanzen. Das von den Pflanzenforschern erstmals funktionell charakterisierte MLO-Protein spielt eine entscheidende Rolle bei der Abwehr von Pilzerkrankungen bei Nutzpflanzen (nature, 28. März 2002).
Der Mehltau ist eine bei Getreide häufig auftretende Pilzerkrankung, die immer wieder zu beträchtlichen Ernteeinbußen führt. Nur wenige Getreidesorten sind dauerhaft widerstandsfähig gegenüber diesem Schädling. Dazu gehören beispielsweise Gerstesorten mit einem Defekt im so genannten MLO-Gen. Das Gen enthält die Bauanleitung für ein Protein, das normalerweise die pflanzliche Abwehr gegenüber dem Pilz unterdrückt. Mutationen im MLO-Gen können nun dazu führen, dass Pflanzen kein oder zumindest nur ein in seiner Funktion gestörtes MLO-Protein ausbilden.
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung haben die Wirkungsweise dieses Proteins untersucht und dabei überraschende Unterschiede zu Molekülen festgestellt, die zunächst einmal aufgrund struktureller Übereinstimmungen als verwandt eingestuft worden waren. So hat das Pflanzenprotein zwar nahezu die gleiche Struktur wie tierische Hormonrezeptoren und ist, ebenso wie diese, in der Zellmembran verankert, die Vermutung aber, dass das MLO-Protein im Inneren der Pflanzenzelle auch ähnliche biochemische Reaktionen auslöst wie die Rezeptormoleküle bei Tieren ließ sich nicht bestätigen.
Wie die Gruppe um Paul Schulze-Lefert berichtet, bindet das MLO-Protein nicht, wie erwartet, an so genannte G-Proteine. Der gängigen Lehrmeinung nach wird der erste Schritt der Signalumwandlung im Zellinneren durch eine solche Wechselwirkung von Rezeptor und G-Protein vermittelt. Das G-Protein fungiert hierbei als Signalüberträger und verstärkt gleichzeitig den Reiz. Wie die Kölner Forscher weiter berichten, bindet allerdings Calmodulin an das MLO-Protein. Dieses im gesamten Tier- und Pflanzenreich vorkommende Protein spielt bei der durch Calcium-Ionen vermittelten Signalübertragung im Zellinneren eine zentrale Rolle.
Die Arbeiten, die in Kooperation mit koreanischen Wissenschaftlern entstanden sind, wiesen damit auf einen interessanten biochemischen Sonderweg in Pflanzen hin. Sie zeigen, dass trotz ähnlicher Proteinstrukturen in Tier und Pflanze mitunter völlig unterschiedliche Funktionsmechanismen zum Tragen kommen. Ob und wie sich der Mehltau-Pilz diese besondere Biochemie seiner Wirtspflanze zu Nutze macht, ist für das Verständnis von Krankheitsanfälligkeit bei Pflanzen sicherlich entscheidend
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Neuartige biomimetische Sprechventil-Technologie
Ein Forschungsteam der Universität und des Universitätsklinikums Freiburg hat eine neuartige biomimetische Sprechventil-Technologie entwickelt, die die Sicherheit für Patient*innen mit Luftröhrenschnitt erheblich erhöhen könnte. Die Herausforderung: Bei unsachgemäßem Gebrauch von…
Kollege Roboter soll besser sehen
CREAPOLIS-Award für ISAT und Brose… Es gibt Möglichkeiten, Robotern beizubringen, in industriellen Produktionszellen flexibel miteinander zu arbeiten. Das Projekt KaliBot erreicht dabei aber eine ganz neue Präzision. Prof. Dr. Thorsten…
Neue einfache Methode für die Verwandlung von Weichmagneten in Hartmagnete
Ein Forscherteam der Universität Augsburg hat eine bahnbrechende Methode entdeckt, um einen Weichmagneten in einen Hartmagneten zu verwandeln und somit magnetische Materialien zu verbessern: mithilfe einer moderaten einachsigen Spannung, also…