Fahrzeuge vermeiden Unfälle selbst – Neuartige Plattform für Fahrerassistenzsysteme

Die Wissenschaftler entwickelten erstmals ein komplett fahrzeugübergreifendes System für elektronisch gesteuerte Fahrzeuge (X-By-Wire System), welches ohne „Reißleine“ in Form mechanischer Rückfallsysteme den Sicherheitsanforderungen genügt. Das X-By-Wire System ermöglicht die Anwendung einer Vielzahl lokaler und fahrzeugübergreifender Funktionen, die wie der Fah-rer selbst direkt in das Fahrgeschehen eingreifen können.

Jedes Jahr geschehen auf Europas Straßen über 40.000 schwere Verkehrsunfälle. Dabei werden drei von vier Unfällen nicht durch technische Fehler, sondern durch menschliches Versagen verursacht, bei den schweren Unfällen klettert die Quote sogar auf 95 Prozent. Um die Unfallzahlen zu senken, ist es daher notwendig, den Fahrer als schwächstes Glied der Unfallkette besser zu unterstützen.

Hierzu konzipierten die Stuttgarter Wissenschaftler eine X-By-Wire Plattform, die alle verfügbaren Fahrzeuginformationen nutzt und über alle Stellorgane Einfluss auf das Fahrzeug nehmen kann. Auf dieser Basis wurden im Rahmen des SPARC-Projektes eine Reihe komplexer, direkt eingreifender Fahrerassistenzfunktionen wie der „Virtuelle Copilot“ entwickelt. Der Fahrer steuert das Fahrzeug über einen Stick und erzeugt damit einen Steuerwunschvektor.

Parallel dazu berechnet der „Virtuelle Copilot“ mit Hilfe unterschiedlicher Umgebungssensoren wie Kamera, Radar, GPS und lasergepulsten Lidarsensoren einen Bewegungsvektor, der besagt, wohin das Fahrzeug unter Be-rücksichtigung der Umgebung fahren könnte, ohne damit das Fahrzeug in Gefahr zu bringen. Liegt der Steuerwunsch des Fahrers außerhalb dieses Bereichs, so wird der Steuervektor des Fahrers in punkto Richtung und Geschwindigkeit eingeschränkt.

Würde die X-By-Wire Plattform durch einen Fehler ausfallen, lässt sich das Fahrzeug weder bremsen noch lenken. Um dies zu vermeiden, ist sie fehlertolerant aufgebaut. Das heißt, sie funktioniert auch dann noch, wenn Fehler im System auftreten. Um den Aufwand an Elektronik begrenzt zu halten, wurde für den Rechnerkern der Ansatz der dynamischen Rekonfiguration gewählt: Solange im Rechnerkern kein Fehler auftritt, werden alle Funktionen (Assistenzsysteme), verteilt auf verschiedene Rechnermodule, bearbeitet.

Wann immer ein Modul ausfällt, wird eine Neuzuweisung der Aufgaben in der Weise durchgeführt, dass die absolut sicherheitskritische Kernaufgabe weiterarbeiten kann, aber weniger bedeutende Aufgaben letztlich nicht mehr ausgeführt werden. Damit stehen die Elementarfunktionen wie Bremsen und Lenken selbst nach drei Fehlern alleine im Rechnerkern noch voll zur Verfügung. Darüber hinaus ist der Plattformansatz skalierbar aufgebaut. Dadurch kann die Plattform mit minimalem Änderungsaufwand in verschiedenen Fahrzeugklassen wie Lastwagen oder Pkw eingesetzt werden. Das System wurde an drei Versuchsfahrzeugen umgesetzt.

*) Contract No. IST-507589

Ansprechpartner: Institut für Luftfahrtsysteme, Eduard Zimmer, Tel. 0711/685-67003, e-mail: eduard.zimmer@ils.uni-stuttgart.de, http://www.eu-sparc.net

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Ursula Zitzler idw

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