Die Messung der subjektiven Lebensqualität gehört zur Tumornachsorge


Lebensqualität darf nicht beliebig definiert werden, sondern muss das Ergebnis einer naturwissenschaftlichen Analyse des subjektiven Befindens der Patientinnen sein. Dies folgern Experten aufgrund der Überprüfung eines neuen Konzeptes zur Tumornachsorge auf dem Senologie-Kongress in Lugano.

„Das psychische und soziale Wohlbefinden von Menschen ist nicht mit Sigmund Freud zu bestimmen, sondern eine naturwissenschaftlich fundierte und messbare Größe.“ Mit dieser Aussage plädierte Professor Wilfried Lorenz vom Institut für theoretische Chirurgie der Universität Marburg dafür, dass die klinische Forschung vermehrt die Möglichkeiten der Psycho- und Soziometrie nutzen sollte.

Wie und ob dieses möglich ist, hat das Team von Lorenz gemeinsam mit Ärzten der Universitätsfrauenklinik überprüft. Die mathematischen Verfahren zur Messung der subjektiven Lebensqualität werden in einer Feldstudie zur Analyse der onkologischen Versorgung des Landkreises Marburg-Biedenkopf eingesetzt. Ziel ist, die psychischen und sozialen Aspekte der Lebensqualität von Brustkrebspatientinnen zu messen und in der Tumornachsorge zu berücksichtigen.

Grundlage ist ein Fragebogen, in dem die Patientinnen anhand von 30 Kriterien ihre aktuelle körperliche, psychische und soziale Situation bewerten. Die statistische Auswertung und deren Interpretation durch einen Psychosoziologen liefert ein individuelles Profil der subjektiven Lebensqualität aus der Sicht der Frau. Die Einschätzung der Lebensqualität durch den jeweils behandelnden Arzt weicht davon oft deutlich ab, da dessen Beurteilung fast ausschließlich auf den Ergebnissen seiner körperlichen Untersuchungsbefunde basiert.

Die Marburger Forscher haben auf der Grundlage dieser Erkenntnisse mit den Ärzten der Universitätsfrauenklinik ein neues Konzept der symptom- und problemorientierten Tumornachsorge entwickelt: Der behandelnde Arzt erhält die Auswertung des Fragebogens seiner Patientin. Jetzt kann im Dialog zwischen Arzt und Patientin eine gemeinsame Bewertung der körperlichen Untersuchungsbefunde und der ermittelten Lebensqualität erfolgen. Ebenso können beide mögliche oder erforderliche Konsequenzen für die weitere Behandlung prüfen.

Die Messung der Lebensqualität nutzt der Lebensqualität

Die Marburger Erfahrungen belegen, dass dieses Prinzip erfolgreich in die Feldstudie integriert werden kann. Ebenso zeigen erste Auswertungen, dass ein solches Vorgehen bei den meisten der 203 beteiligten Patientinnen die Lebensqualität positiv beeinflusst.

Die Feldstudie soll einen Beitrag zur Qualitätssicherung in der Tumornachsorge leisten. Deshalb wurde auch ein Qualitätszirkel im Landkreis etabliert, in dem Patientinnen, vertreten durch Beauftragte von Selbsthilfegruppen, niedergelassene Ärzte, Ärzte und Wissenschaftlicher der Universität sowie Ärzte der regionalen Krankenhäuser zusammenarbeiten.

„Lebensqualität wird von uns als dynamisches und individuelles Profil eines Individuums, nicht als starrer Punktwert wiedergegeben und wird im Nachsorgekonzept richtungsweisend genutzt.“ fasst Lorenz zusammen. Denn zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen einen direkten Zusammenhang zwischen Lebensqualität und Dauer des Überlebens. Deshalb will Lorenz, der auch Vorsitzender der ständigen Leitlinienkommission der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften ist, das Marburger Konzept in die Leitlinien für die Tumornachsorge einbringen.

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Dipl. Biol. Barbara Ritzert

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