Wie und wann die Hoden ihren Platz finden
Mit einem reich bebilderten Band schaffen Klaus J. Barteczko, wissenschaftlicher Zeichner, und Dr. med. Monika J. Jacob (Medizinische Fakultät der RUB, Institut für Anatomie und Embryologie, Leiter: Prof. Dr. Hans Georg Mannherz) endlich Klarheit in einer lange unbeantworteten Frage: wie und wann die menschlichen Hoden ihren Weg aus dem Unterleib in ihre endgültige Position im Hodensack finden. Über 100 Jahre anatomische Forschung hatten darüber keine klaren Ergebnisse liefern können.
Wie und wann die Hoden ihren Platz finden
RUB-Forscher räumen anatomische Irrtümer aus
Endlich Klarheit über Embryonalentwicklung
Mit einem reich bebilderten Band schaffen Klaus J. Barteczko, wissenschaftlicher Zeichner, und Dr. med. Monika J. Jacob (Medizinische Fakultät der RUB, Institut für Anatomie und Embryologie, Leiter: Prof. Dr. Hans Georg Mannherz) endlich Klarheit in einer lange unbeantworteten Frage: wie und wann die menschlichen Hoden ihren Weg aus dem Unterleib in ihre endgültige Position im Hodensack finden. Über 100 Jahre anatomische Forschung hatten darüber keine klaren Ergebnisse liefern können. Mittels Licht- und Rasterelektronenmikroskopie, immunhistochemischen Untersuchungen sowie dreidimensionaler Rekonstruktionen von Material aus der Embryonensammlung des 1997 verstorbenen Bochumer Wissenschaftlers Prof. Dr. Klaus V. Hinrichsen, konnten sie die Entwicklung erstmals genau verfolgen.
Säugetier ist nicht gleich Säugetier
Bisherige Studienergebnisse waren häufig fehlerbehaftet, da sie auf Untersuchungen von Tieren, etwa Ratten, basierten. Wie groß die Unterschiede zwischen den einzelnen Säugetieren sind, zeigt sich jedoch schon darin, dass manche gar keine Hodensäcke haben, sondern die Hoden im Unterleib tragen, wo sie trotz der höheren Kerntemperatur funktionierende Spermien produzieren, so etwa Elefanten und Wale. Erst die Betrachtungen der Entwicklungsstadien bei menschlichen Embryonen schaffte Klarheit über die Fragen, ob die Hoden schon vor dem Austritt im Inneren des Körpers herabsteigen, wie und wann das Leitband des Hodens (Gubernaculum Hunteri) entsteht, was sein Schicksal ist und wie die Nebenhoden und Samenleiter (Hodenadnexe) in ihre definitive Position gelangen. Ebenso klärten die Forscher die Entstehung zweier gonadaler Bänder bei der Frau, die zum Halteapparat der Ovarien gehören.
Phasen und Funktionen des Gubernaculum Hunteri
Anhand der Untersuchungen konnten sie den bisher umstrittenen inneren Abstieg der Sexualorgane vor dem Austritt der Hoden in den Hodensack beim Menschen beweisen: Die Anlage für die Eierstöcke und die Hoden steigen gleichermaßen herab, beim weiblichen Embryo erreichen die Ovarien ihre Position schon recht früh. Das Schicksal des Gubernaculum Hunteri teilten die Forscher in fünf Phasen ein, von seiner Entstehung in der ersten, über sein starkes Wachstum in der zweiten Phase, erste sexuell unterschiedliche Entwicklungen in der dritten Phase bis hin zu seinem Weg in den Hodensack, wohin es die Hoden begleitet. In keiner der Phasen verbindet das Leitband die Hoden mit dem Boden des Hodensacks; daraus folgt, dass die Hoden nicht – wie früher angenommen – durch eine Verkürzung des gummibandähnlichen Gubernaculum in den Hodensack hineingezogen werden können. Das Gubernaculum hat demnach verschiedene Funktionen, z. B. weitet es durch seine Verdickung besonders im 7. Lebensmonat des Fötus den Leistenkanal, durch den die Hoden schließlich den Unterleib verlassen.
Mehr Wissen für Kinderärzte
Die neuen Erkenntnisse und die exakte Dokumentation der Vorgänge während der Entwicklung des Embryos werden vor allem für Kinderärzte bei der Behandlung von Kindern, deren Hoden nicht herabgestiegen sind (Kryptorchismus), von Bedeutung sein, da sie Entstehung, Entwicklung und Folgen dieses Phänomens nun besser kennen.
Titelaufnahme
K.J. Barteczko, M.I. Jacob: The Testicular Descent in Human. Origin, Development and Fate of the Gubernaculum Hunteri, Processus Vaginalis Peritonei, and Gonadal Ligaments. (= Advances in Anatomy, Embryology and Cell Biology 156) Berlin, Heidelberg, New York, Springer 2000, ISBN 3-540-67315-6
Weitere Informationen
Klaus J. Barteczko, Medizinische Fakultät der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-25214, Fax: 0234/32-14-474, Email: klaus.barteczko@ruhr-uni-bochum.de
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