Bremerhavener Spedition testet innovative Fahrzeugsteuerung über Handy und Internet

Uni Bremen: Ein Projekt der Wirtschaftswissenschaft modernisiert die Transportlogistik. Es wurde ein Konzept erarbeitet, um LKW-Flotten optimal mit Handy und Internet zu steuern. Ein Bremer Speditions- und Logistikunternehmen probierte Konzeption und System in der Praxis aus: mit großem Erfolg.

Kundenwünsche schnell erfüllen, mit den Waren zur rechten Zeit am rechten Ort: Speditionen müssen heute höchste Anforderungen erfüllen. Dennoch ist es bisher nur ansatzweise gelungen, rollende Fahrzeuge trotz teurer Bordsysteme optimal in die Transportlogistik einzubeziehen. Spediteure mit einer Vielzahl von Auftraggebern und Subunternehmern sind nach wie vor auf der Suche nach einer preiswerten Lösung, die ihren Organisationsprozessen entspricht. Wirtschaftswissenschaftler der Universität Bremen sorgen jetzt für Abhilfe. Sie haben im Projekt „wapLog“ (wireless application protocol) des Forschungsverbundes Logistik unter Leitung von Prof. Herbert Kopfer (Lehrstuhl für Logistik) ein Konzept erarbeitet, um LKW-Flotten optimal mit Handy und Internet zu steuern. Der Tauglichkeitstest erfolgte jetzt. Bremer Speditions- und Logistikunternehmen probierten die Konzeption und System in der Praxis aus: mit Erfolg.

Aktueller Pilotpartner der Uni-Logistiker ist die 1946 gegründete Würfel Spedition. Aus dem Bremerhavener Unternehmen, das ursprünglich Seefisch-Transporte durchführte, wurde ein international tätiger Logistikdienstleister. Die Geschäftsfelder umfassen neben der Beschaffungslogistik im „just-in-sequence“-Takt und dem Betrieb sogenannter LLZ (Lieferanten-Logistik-Zentren) für namhafte Automobilhersteller auch die traditionellen Transportdienstleistungen im Massengütergeschäft. Jeden Tag werden 800 Lkw und 1.000 Wechselbrücken eingesetzt. Fast 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewährleisten einen hohen Servicegrad und bieten ein Spektrum von der Beratungsleistung bis zur Kommissionierung in eigenen Lagern. Dabei wird innerhalb Europas ein Umsatz von über 200 Millionen Euro erwirtschaftet. Nach wie vor im Besitz der Familie wird die Würfel-Gruppe in zweiter Generation von Gert Würfel geführt.

Das Projekt „wapLog“ verfolgt zunächst das Ziel nachzuweisen, dass Internet und Handys geeignete Bausteine für eine zeitnahe Fahrzeugsteuerung im Speditions- und Transportgewerbe sind. Mit Hilfe mehrere Fahrer wurde die Tauglichkeit für den täglichen Bordeinsatz überprüft. Für diese Testphase setzten die Disponenten im Hause Würfel bereits die Internet-basierte Auftragserfassung und Disposition ein. Zwei wissenschaftliche Mitarbeiterinnen des Projektes untersuchten bei Fahrten nach Belgien und den Niederlanden die Kommunikation zwischen Fahrern und Bremer Zentrale, um Probleme zu erfassen und Lösungen in das wapLog-System zu integrieren.

Grundlage für das System wapLog bilden die Prozesse der Transportlogistik. Die Abläufe in Unternehmen – hier bei der Würfel Spedition – mit sehr unterschiedlichen Verkehrsarten sind analysiert und in der wapLog-Datenbank hinterlegt worden. Je nach konkreter Anwendung wird das zutreffende Modell aktiviert. Darin sind die Details der Arbeitsprozesse und des aktuellen Auftrages erfasst, so dass der Fahrer schrittweise durch seinen Fahrverlauf geführt wird. Kurzfristige Aufträge können so schnell in den Tourenplan aufgenommen werden.

Der Fahrer ist im einfachsten Fall über ein wap-fähiges Handy mit der zentralen Leitstelle verbunden. Mehr Komfort bieten persönliche und digitale Assistenten (PDA), die einen größeren Bildschirm besitzen. Gemeinsam ist allen, dass sie nicht mit dem einzelnen Disponenten, sondern mit dem Dispositionssystem von wapLog im Dialog stehen. Dort sind die aktuellen Auftrags- und Tourendaten abgelegt, auf die nun direkt zugegriffen wird. In welcher Form die Aufträge abgearbeitet werden, welcher Ausschnitt auf dem Bildschirm des Fahrers erscheint und welche Statusmeldung von ihm auszuwählen ist – diese Eigenschaften lassen sich direkt vom Logistiker in der Speditions-Zentrale steuern. Während der wapLog-Server sämtliche Auftrags-, Touren- und Fahrzeugdaten kennt, auf die unterschiedlichen Prozessmodelle zugreifen kann und auf diese Weise die Auftragsabwicklung steuert, bleibt das Endgerät dagegen „unwissend“.

Für die mobile Kommunikation zwischen Dispositionssystem und Fahrzeug wurde das GPRS-System (General Packet Radio Service) benutzt. Dieses System gewährleistet durch das Zerlegen der Dateien in Pakete eine optimale Datenübertragung. Mit Hilfe des GPRS-Protokolls kann eine Verbindung zwischen Fahrzeug und Dispositionssystem auch dann bestehen bleiben, wenn längere Zeit keine Datenübertragung stattfindet. Ein erneutes Anwählen wie in anderen Modi entfällt. Auch bestimmt nicht mehr die Gesprächsdauer den Tarif, sondern das übertragene Datenvolumen. Bisherige Erfahrungen ergeben erhebliche Kostenvorteile für den Spediteur. Für den reibungslosen Einsatz von GPRS wurde von den Wirtschaftswissenschaftlern der Uni Bremen eine systematische Vorgehensweise gewählt, die den Einsatz unterschiedlicher Gerätetypen, Netzbetreiber (D1/Telekom und D2/Vodafone) sowie verschiedener Verfahren (auch GSM: Global System for Mobile Communications) umfasste. Allerdings gelang die durchgängige Kommunikation über GPRS nur bis zur deutschen Grenze. Doch die großen Netzbetreiber werden hier bald einen europaweiten Service anbieten. Die Spedition Würfel ist für die Logistik-Zukunft bestens gewappnet.

Weitere Informationen:

Universität Bremen
Fachbereich Wirtschaftswissenschaft
Lehrstuhl für Logistik
Prof. Dr. Herbert Kopfer
Projektleitung: Dr. Elmar Erkens
Tel. 0421 218 4903

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Angelika Rockel idw

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