Fallen für gefräßige Liebhaber von Kirschbäumen und Kastanien
Ökologische Schädlingsbekämpfung in Fürther Alleen und fränkischen Obstplantagen
Statt im Sommer den Schatten eines dichten Laubdachs zu genießen, sehen Besucher von Biergärten und Parks, die mit Rosskastanien bepflanzt sind, immer häufiger ausgedünnte, kränkliche Baumkronen über ihren Köpfen. Daran sind Pflanzenschädlinge schuld, deren Bestände vor allem in Süddeutschland stark zugenommen haben. Eine Allee in Fürth ist nun als Testfall dafür ausersehen worden, ob es gelingt, die blätterfressenden Mottenlarven ohne Giftstoffe in erträglichen Grenzen zu halten. In dieser Untersuchungsreihe von Zoologen und Chemikern der Universität Erlangen-Nürnberg sollen die Bäume selbst die Substanzen liefern, die zu ihrer Rettung eingesetzt werden.
Die Schädlingsabwehr unter Verwendung von Naturstoffen, ein Projekt im Bereich chemische Ökologie, vereint Teilnehmer aus mehreren Fachrichtungen. Unter der Leitung des Diplombiologen Stefan Schwab kooperieren Mitglieder der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Hans-Werner Scheloske am Lehrstuhl I des Instituts für Zoologie mit Prof. Dr. Hans Jürgen Bestmann, Emeritus des Lehrstuhls II am Institut für Organische Chemie der FAU. Aus der Industrie kommt die Firma in-TER CONSULT GREIZ als Partner hinzu. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie finanziert Personalkosten in Höhe von 125.000 Euro aus dem Programm „INNOvationskompetenz mittelständischer Unternehmen“. Aus der Kooperation sollen marktreife Produkte hervorgehen. Neben den Motten, deren Larven Kastanienblätter befallen, stehen Fruchtfliegen in fränkischen Kirschanbaugebieten auf der Liste der Schädlinge, deren Verbreitung begrenzt werden soll.
Abwehr durch
Lock- und Schreckstoffe
Die Rosskastanien-Miniermotte ist noch nicht sehr lange bekannt; 1983/84 wurde sie erstmals im Südwesten von Mazedonien entdeckt. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Kleinschmetterling mit dem wissenschaftlichen Namen „Cameraria ohridella“ unaufhaltsam über fast alle Länder Mittel- und Südosteuropas verbreitet. Seine Larven sind darauf spezialisiert, sich von den Blättern der Gemeinen Rosskastanie zu ernähren. Starke Fraßschäden führen dazu, dass das Laub braun wird und schon im Hochsommer abfällt. Dadurch wird das Abwehrsystem der Bäume erheblich geschwächt.
In Süddeutschland, wo Kastanien oft zum Stadtbild gehören, sind die Larven besonders zahlreich und flächendeckend anzutreffen. Da die Symptome sehr auffällig sind, war das öffentliche Interesse für die Problematik schnell geweckt. Je stärker der Befall sichtbar wurde, desto mehr wuchs der Druck auf Forstschutz-, Grünflächen- und Umweltschutzämter der Kommunen, Abhilfe zu schaffen und dabei umweltverträgliche Mittel zu verwenden. Diesem Wunsch der Menschen, die Annehmlichkeiten ihres Lebensraums zu erhalten, soll nun enstprochen werden.
In Zusammenarbeit mit demGrünflächenamt der Stadt Fürth führt Stefan Schwab bereits seit einiger Zeit Vorversuche an einer Fürther Kastanienallee durch. Es geht um die Frage, woran die Insekten sich orientieren. Wie finden sie den Wirt, der allein die Nahrungsquelle für ihre Larven abgibt, und welche Rolle spielen dabei Substanzen, die von Rosskastanien abgegeben werden? Solche Naturstoffe könnten in Insektenfallen als Lock- oder Schreckstoffe eingesetzt werden.
Die Firma in-TER CONSULT GREIZ entwickelt neue Fallenmodelle und Systeme zur Verteilung solcher Substanzen, sobald diese identifiziert sind und in ausreichenden Mengen hergestellt werden können. Die Systeme sollen langfristig wirksam sein, hohe Fangraten aufweisen und nur Stoffe abgeben, die biologisch abbaubar sind. Auf diese Weise soll die Populationsdichte des Schädlings gesenkt und bei einer Schwelle gehalten werden, die ökologisch vertretbar ist.
Eine sehr ähnliche Fragestellung wird bei der Kirschfruchtfliege verfolgt. Seit dem 1. Juli 2001 verbietet das Pflanzenschutzgesetz in Deutschland den Einsatz des Insektizids Lebaycid. Seither wird „Rhagoletis cerasi“ erneut zu einem ernstzunehmenden Schädling, der die Kirschenernte im gewerblichen Obstbau gefährdet. Verschiedene Standorte in der Fränkischen Schweiz, einem der größten zusammenhängenden Kirschanbaugebiete in Europa, sind für Freilandversuche ausgewählt worden.
Weitere Informationen
Dipl.-Biol. Stefan Schwab
Institut für Zoologie
Tel.: 09131/85 -28066
sschwab@biologie.uni-erlangen.de
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