Warzenbeißer und Weizen passen zusammen

Vielfältige Landschaftsstrukturen in einer intensiven Landwirtschaft erhalten die Artenvielfalt unserer Fauna und Flora

Die Artenvielfalt der heimischen Fauna und Flora in intensiv genutzten Agrargebieten kann durch regionaltypische Landschaftsstrukturen erhalten und gefördert werden. Dazu zählen beispielsweise Feldsäume, Ufer- und Krautstreifen sowie Hecken und Ackerrandstreifen. Keine Form der heutigen Landwirtschaft ist jedoch in der Lage, auf den Produktionsflächen selbst nachhaltig die Artenvielfalt zu bewahren. Natur- und Artenschutz stellt ein Anliegen der gesamten Gesellschaft dar. Deshalb müssen sie in Kooperation aller Beteiligten gestaltet und von der Allgemeinheit honoriert werden. So lautete ein Fazit der Veranstaltung „Artenschutz und intensive Landwirtschaft – nachhaltige Wege zum Erfolg“ der Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft e.V.1), die am 3. Juli 2002 in Bonn stattfand.

Für Staatssekretär Dr. Thomas Griese, Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, funktioniert das Zusammenspiel von Natur- und Artenschutz mit praktischer Landwirtschaft nicht von allein, sondern muss tatkräftig organisiert werden. Der ökologische Landbau bringe die Entwicklung in vielen Feldern voran, ohne ein Ersatz für spezifische Artenschutzmaßnahmen sein zu können. In einem integrativen Ansatz gehörten die Anliegen zusammengeführt. Während diese Position einhellig begrüßt wurde, führte seine besondere Herausstellung des ökologischen Landbaus zu einer regen Diskussion.

Ebenso wie Staatssekretär Dr. Griese setzte sich Friedhelm Decker, Präsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes, für die Entlohnung von Naturschutzleistungen ein, die über das übliche Maß der guten fachlichen Praxis hinausgehen. Schließlich sei der Artenschutz ein Interesse der ganzen Gesellschaft. Das Kulturlandschaftsprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen diene beispielsweise diesem Ziel. Decker warnte ausdrücklich vor planwirtschaftlichen Maßnahmen und bürokratischen Regelungen. Sie könnten die Kooperationsbereitschaft der Landwirte, wie im Fall der Abstandsregelungen zu Hecken und Gewässern für Pflanzenschutzmittel, drastisch einschränken.

Carsten Fischer, FNL, unterstrich in seinem Beitrag, dass eine intensive Landwirtschaft durchaus mit einer vielfältigen Flora und Fauna vereinbar sei. Mehrjährige wissenschaftliche Untersuchungen im FNL-Projekt „Lebendige Natur durch Landwirtschaft“ hätten dies bewiesen. Würden die Produktionsflächen mit regionaltypischen Landschaftsstrukturen kombiniert und der vielfältige Charakter der Kulturlandschaft erhalten, könnten bemerkenswerte Ergebnisse erzielt werden. Dies belegte er mit Hilfe überzeugender Artenzahlen auf den untersuchten Projektflächen.

„Die faunistische Artenvielfalt auf den Untersuchungsflächen hat uns überrascht. Wir haben ein Viertel der in Deutschland insgesamt vorkommenden Vogel-, Tagfalter- und Heuschreckenarten sowie etwa ein Fünftel der Spinnen und Laufkäfer gefunden“, erklärte Dr. Claus Albrecht vom Kölner Büro für Faunistik (KBF). Zusammen mit seinen Kollegen hätte er auf den 4 untersuchten und nach den Prinzipien des Integrierten Landbaus bewirtschafteten Betrieben zahlreiche Rote-Liste-Arten erfasst. Dazu gehörten beispielsweise der Warzenbeißer (Heuschreckenart) oder der Neuntöter (Vogelart). „Entscheidend für die Artenvielfalt ist nicht der Naturraum oder das Bewirtschaftungsverfahren, sondern das Vorhandensein von vielfältigen Biotopen, die möglichst selten durch Bewirtschaftungsmaßnahmen beeinflusst werden“, betonte der Wissenschaftler. Jede Form der Bewirtschaftung schränke jedoch die Artenvielfalt auf der Produktionsfläche ein.2)

Übereinstimmend stellten Fischer und Dr. Albrecht abschließend fest, dass das Zusammenarbeiten von allen Beteiligten vor Ort der beste Weg sei, im Sinne der Nachhaltigkeit Fortschritte zu erzielen.

  1. Die Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft (FNL) ist eine Vereinigung der maßgeblichen Organisationen und Unternehmen der Landwirtschaft sowie ihrer vor- und nachgelagerten Bereiche. Ihr Auftrag ist es, die nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft zu fördern und die Gesellschaft über deren Bedeutung zu informieren. Dies schließt insbesondere die ökonomischen und ökologischen Aspekte, aber auch die sozialen und die Kulturlandschaft prägenden Einflüsse der pflanzlichen Produktion und der tierischen Veredlung ein.
  2. Die ausführlichen Ergebnisse des Forschungsprojektes „Lebendige Natur durch Landwirtschaft“ sind unter dem Titel „Vielfalt der Tierwelt in der Agrarlandschaft – Ergebnisse des Projektes Lebendige Natur durch Landwirtschaft“ als Heft 4/2002 der ilu-Schriftenreihe erschienen. Autoren sind C. Albrecht, T. Esser, J. Weglau und H. Klein. Der Bezug erfolgt über die FIL GmbH, Konstantinstraße 90, 53179 Bonn, per Fax unter 02 28 – 9 79 93 40 oder per E-Mail unter ilu@fnl.de. Der Preis beträgt ¤ 10,70 zzgl. ¤ 1,30 Versandkosten.

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Dr. Jürgen Fröhling ots

Weitere Informationen:

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