Was kommt nach den gescheiterten LPG-Umwandlungen?
Wirtschaftsrechtliches Forum der Universität Jena am 26. Juli ist öffentlich
Eine von neun Umwandlungen ehemaliger Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften (LPG) ist gescheitert. Dies ist das erschreckende Ergebnis des Forschungsprojekts „Rechtsprobleme der Restrukturierung landwirtschaftlicher Unternehmen in den neuen Bundesländern nach 1989“, das jetzt an der Friedrich-Schiller-Universität Jena abgeschlossen worden ist. „Insgesamt elf Prozent aller LPG-Umwandlungen, die in den Jahren 1990-1991 in den neuen Bundesländern stattgefunden haben, sind absolut unwirksam“, erklärt Projektleiter Prof. Dr. Walter Bayer. Die Ergebnisse wird der Rechtswissenschaftler während des 4. Wirtschaftsrechtlichen Forums der Jenaer Universität, das am 26. Juli um 9.30 Uhr im Jenaer Uni-Campus (Carl-Zeiß-Str. 3) beginnt, vorstellen. Zur öffentlichen, aber kostenpflichtigen Tagung „Die gescheiterten LPG-Umwandlungen – was nun?“ sind Anmeldungen noch bis zum 24. Juli möglich am Lehrstuhl von Prof. Bayer, Tel. 03641 / 942140, E-Mail: w.bayer@recht.uni-jena.de.
„Wenn man alle LPG-Umwandlungen am Maßstab der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überprüft, ergeben sich zahlreiche Gründe für das Scheitern“, erklärt Prof. Bayer. Das Vermögen der LPG ist nicht wirksam auf den Nachfolger übergegangen. Die Löschung der LPG ist fehlerhaft, also existiert nach wie vor (unerkannt) eine LPG in Liquidation, die Ansprüche gegen den Schein-Nachfolger geltend machen kann. Jedes Mitglied der früheren LPG, das nicht vor dem 31. Dezember 1991 aus der LPG ausgetreten ist, kann die Unwirksamkeit geltend machen – „eine Verjährung findet nicht statt“, zählt der Jenaer Jurist nur einige Aspekte der rechtlichen Problematik auf. Dennoch gibt es Hoffnung auf Rechtssicherheit: „Die Heilung der gescheiterten Umwandlung ist möglich, aber nicht unproblematisch“, sagt Bayer.
Auf dem Weg zur Rechtssicherheit setzt Bayers Team sowohl auf die Politik als auch auf die Gerichte. Eine anonymisierte Auflistung der unwirksamen LPG-Umwandlungen leiten die Jenaer Rechtswissenschaftler sowohl den Landwirtschaftsministerien als auch den Registergerichten zu. „Diese zuständigen Stellen werden die Ergebnisse überprüfen und anschließend über Konsequenzen entscheiden müssen“, unterstreicht Bayer, der selber Richter am Thüringer Oberlandesgericht und Mitglied des Thüringer Verfassungsgerichtshofes ist.
Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt kam zu dem Ergebnis, dass von den insgesamt 1719 LPG-Umwandlungen nahezu alle mehr oder weniger fehlerhaft verliefen. „Die meisten Fehler spielen indes heute keine Rolle mehr“, weiß Bayer. Nur gravierende Fehler – wie Verstöße gegen den Numerus Clausus des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes sowie gegen den Grundsatz der Identität der Mitgliedschaft bei der Umwandlung – führen zu einer Unwirksamkeit. Dies betrifft nach Erkenntnissen der Jenaer Wissenschaftler insgesamt 189 LPG-Umwandlungen (11 %). Dabei ist die Verteilung regional unterschiedlich. Gescheitert sind in Thüringen mindestens 28 LPG-Umwandlungen (8,1 % aller LPG-Umwandlungen), in Sachsen 50 (13,8 %), in Sachsen-Anhalt 27 (7,7 %), in Brandenburg 38 (10,7 %) und in Mecklenburg-Vorpommern 46 Umwandlungen (15,1 % aller Umwandlungen).
Auf dem 4. Wirtschaftsrechtlichen Forum werden die Ergebnisse der Jenaer Untersuchung detailliert vorgestellt und diskutiert. Außerdem werden die Rechtswissenschaftler und -praktiker über die Konsequenzen von Bayers Studie beraten. „In der Praxis treten nämlich zahlreiche Probleme auf, die nicht einfach zu lösen sind“, weiß Prof. Bayer, „hier ist auch die Politik gefordert.“
Kontakt:
Prof. Dr. Walter Bayer
Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Jena
Carl-Zeiß-Str. 3, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 942140
Fax: 03641 / 942142
E-Mail: w.bayer@recht.uni-jena.de
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