Neue Gentechnik-Kennzeichnung – Ende einer jahrelangen Debatte
Ab Anfang 2004 werden Verbraucher möglicherweise vermehrt Lebensmittel in den Regalen finden, die den Hinweis „genetisch verändert“ oder „aus genetisch verändertem…. hergestellt“ tragen. Diese Entscheidung fiel gestern im Europaparlament durch die Verabschiedung von zwei wichtigen Verordnungen in Sachen „Gen-Food“. Die europäischen Kennzeichnungsvorschriften für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) sind nun die strengsten der Welt. Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Mais oder Soja waren bisher auch schon zugelassen. Sie mussten allerdings nicht gekennzeichnet werden, wenn sie so gereinigt waren, dass die gentechnisch veränderten Bestandteile nicht mehr nachweisbar waren. Das gilt zum Beispiel für Sojaöl aus gentechnisch veränderten Sojabohnen oder Glukosesirup aus gentechnisch verändertem Mais.
Was ist neu?
Die neuen Regelungen schreiben vor, dass Hersteller von gentechnisch veränderten Lebensmitteln oder Lebensmittelzutaten den Einsatz der Gentechnik über den ganzen Produktionsprozess dokumentieren müssen. Das kann dazu führen, dass ein Hinweis auf Gentechnik in der Zutatenliste einer Wurst erscheint, die Dextrose (ein Zuckerbaustein) aus gentechnisch verändertem Mais enthält. Die Kennzeichnungsvorschriften gelten auch für Futtermittel, nicht jedoch für Fleisch von Tieren, die gentechnisch verändertes Futter erhalten haben. Die Regelungen schreiben weiter vor, dass alle Produkte, die schon einmal zugelassen wurden, jetzt noch einmal ein neues Zulassungsverfahren durchlaufen müssen. Diese Zulassung gilt nur für 10 Jahre. Für Lebensmittel, die zufällig mit gentechnisch verändertem Material verunreinigt sind gibt es einen Schwellenwert. Enthält ein herkömmliches Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat mehr als 0,9 Prozent GVO-Material, dann tritt auch hier die Kennzeichnungspflicht in Kraft.
Die Konsequenzen
Mit den beiden neuen Rechtsvorschriften wird eine jahrelang andauernde Diskussion beendet. Verbraucher, die keine GVO-Lebensmittel kaufen wollen, können dies mit einem Blick auf das Etikett vermeiden. Bundesverbraucherministerin Renate Künast bezeichnete die Beschlüsse des Europäischen Parlamentes als wichtigen Schritt zur Sicherheit der Wahlfreiheit. Gegner der Gentechnik bedauern, dass das so genannte „europäische Gentechnik-Moratorium“ fällt. Fünf Jahre lang hatte die EU keine GVO-Pflanzen mehr zugelassen, weil die entsprechenden Rechtsvorschriften fehlten. Mit einem Boom von gentechnisch veränderten Lebensmitteln rechnet die Umweltorganisation Greenpeace jedoch nicht. „Viele Firmen sind auf diese Entwicklung schon vorbereitet und haben ihre Produktion so umgestellt, dass sie keine GVO-Bestandteile nutzen und dementsprechend auch nicht kennzeichnen müssen“, meint Henning Strodthoff, Gentechnik-Experte von Greenpeace. Nach einer Greenpeace-Umfrage wollen 170 von 216 befragten Lebensmittelherstellern definitiv auf jegliche Zutaten aus gentechnisch veränderten Pflanzen verzichten. Besonders bei Soja und Sojaprodukten wird das nicht einfach sein, da bereits 70 Prozent der Weltsojaernte aus GVO-Soja besteht. Weltweit werden auf rund 50 Millionen Hektar gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut, diese Fläche ist doppelt so groß wie Italien.
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