Energiesparendes Verfahren für Getreidetrocknung
Kann man die Getreidetrocknung energiesparender und umweltfreundlicher gestalten und dabei die Kornqualität sichern? Die Wissenschaftler des Institutes für Agrartechnik Bornim e.V. (ATB) in Potsdam-Bornim meinen: Ja – und sind dabei, eine weltweit verbreitete Technik zu verbessern.
Auch im Trockenjahr 2003 mit seinen Dürreperioden von teilweise katastrophalem Ausmaß steht der Landwirt bei der Ernte vor stets der gleichen Aufgabe: das Getreide kommt häufig zu feucht vom Feld und muss vor der Einlagerung noch getrocknet werden. Damit die Qualität während der bevorstehenden Lagerung erhalten bleibt, darf der Wassergehalt des Korns nicht mehr als 15% betragen. Oberhalb dieses Wertes steigt die Gefahr der Bildung von Pilzen und damit von gesundheitsschädlichen Substanzen. Unterhalb von 9%, aber auch bei übermäßiger Erhitzung, leidet die Qualität des Korns, weil der Keimling abstirbt.
Die Kosten für die Trocknung – vor allem bedingt durch den hohen Energieverbrauch – schlagen für den Landwirt deutlich zu Buche. Im ungünstigen Fall können sie ein Drittel der Erzeugungskosten betragen, z. B. wenn während der Ernte feuchte Witterung herrscht.
Weltweit verbreitet ist die Getreidetrocknung mit Warmluft in sogenannten Dächerschachttrocknern, in denen Mengen von 5 bis 100 t pro Stunde im kontinuierlichen Verfahren getrocknet werden können. Hierbei ist ein vertikal angeordneter Trocknerschacht mit waagerecht liegenden Strömungskanälen – den sogenannten Zu- und Abluftdächern – ausgerüstet. Durch sie wird das Getreide, das den Trockner von oben nach unten durchwandert, gleichmäßig von erhitzter Luft durchströmt. Probleme dieser Technik sind bislang der hohe Energieverbrauch, starker Staubaustrag und ein bisweilen ungleichmäßiger Trocknungserfolg.
Forscher am Institut für Agrartechnik Bornim e.V. (ATB) in Potsdam-Bornim arbeiten an der Optimierung des Verfahrens. Dr. Nikolaus Model, Wissenschaftler am ATB umreißt die Ansatzpunkte einer Lösung: „Unsere Arbeit beginnt bereits auf dem Feld bei der Getreideernte. Der Wassergehalt des Korns kann innerhalb eines Schlages um 10% schwanken. Entsprechend stark kann dann auch die Feuchtigkeit des Getreides am Trocknereingang variieren. Wenn wir die Feuchteverteilung im Erntegut kennen, können wir sie bei der Regelung des Trockners einbeziehen.“
Der Lösungsansatz der Bornimer Agrartechniker ist komplex: Neben der Datenerfassung bei der Ernte werden anhand eines mathematischen Modells Stoff- und Wärmeströme im Einzelkorn quantifiziert. Die Kenntnis der Einflussfaktoren auf die Kornqualität ermöglicht es, Qualitätsverluste während der Trocknung weitgehend zu vermeiden. Ein erweitertes Simulationsmodell, in welches Luftgeschwindigkeit, Getreidedurchflussrate sowie Temperatur und Feuchtigkeit einfließen, bildet den Grundstein für die Prozessoptimierung.
Hierzu Dr. Jochen Mellmann, der das Projekt leitet: „Wir modellieren das Trocknungsverfahren, um die Steuerung zu verfeinern und besser den veränderlichen Zuständen des Feuchtgutes anzupassen. Dabei arbeiten wir eng mit Herstellern und Betreibern von Dächerschachttrocknern zusammen, um sicherzustellen, dass die neue energiesparende Lösung auch in der Praxis ankommt – und Getreidetrocknung umweltfreundlicher wird.“ Bis zu 20% Energie könnten laut Mellmann eingespart werden durch weitere Optimierung des Verfahrens, etwa mit neuem Regelungskonzept und verbesserter Prozessgestaltung.
Das Forschungsprojekt ist eines von zwölf vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Projektträger Jülich (PtJ) im Verbund geförderten Vorhaben, die unter dem Dach des ATB als Kompetenznetz „ProSenso.net“ kooperieren. Deren Ziel ist es, innovative Lösungen für eine verbesserte Umweltverträglichkeit landwirtschaftlicher Produktionsverfahren bereit zu stellen.
Kontakt:
Dr. Christiane von Haselberg
Institut für Agrartechnik Bornim e.V. (ATB)
Max-Eyth-Allee 100
D-14469 Potsdam
Tel: (0331) 5699-811
Fax: (0331) 5699-849
E-mail: cvhaselberg@atb-potsdam.de
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