Prüf- und Zulassungsverfahren für Tierhaltungssysteme
Allianz für Tiere in der Landwirtschaft legt einen ersten Entwurf für die Einrichtung eines Prüf- und Zulassungsverfahrens für Tierhaltungssysteme vor Berlin (agrar.de) – Auf einer Pressekonferenz im Rahmen der Internationalen Grünen Woche (IGW) in Berlin hat die Allianz für Tiere in der Landwirtschaft die Einführung eines Tierschutz-TÜVs für Aufstallungssysteme und Stalleinrichtungen gefordert. Die Allianz hat einen Eckpunktekatalog vorgestellt, in dem erstmalig die Grundzüge eines obligatorischen Prüf- und Zulassungsverfahrens beschrieben werden, wie es das Tierschutzgesetz seit der letzten Novellierung im Jahr 2001 als Möglichkeit vorsieht (§ 13 a Abs 2 TschG).
Hauptaufgabe des von der Allianz vorgestellten Tierschutz-TÜVs ist die Sicherstellung der Tiergerechtheit von serienmäßig hergestellten Stalleinrichtungen und Aufstallungssystemen. Die Marktzulassung soll in Zukunft vom Ergebnis der Untersuchung einer zentralen, unabhängigen Tierschutz-Prüfstelle abhängig gemacht werden. Das Verfahren wäre für alle in- und ausländischen Anbieter obligatorisch und sollte schrittweise auch auf bereits bestehende Haltungssysteme sowie auf sämtliche Nutztierarten ausgeweitet werden. Vorgesehen ist eine bundesweit einheitliche Regelung im Verantwortungsbereich des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL).
Der Tierschutz-TÜV soll sicherstellen, dass der Stallbau auf die Bedürfnisse der Tiere abgestimmt wird und sich nicht nur an den ökonomischen Ansprüchen der Hersteller und Betreiber orientiert. Verletzungen, gesundheitliche Schäden und weitere Leiden der Tiere, die auf ein falsches Stalldesign zurückzuführen sind, können so verhindert werden.
Ein vergleichbares Prüf- und Zulassungsverfahren wird seit 1981 mit großem Erfolg in der Schweiz angewendet. Es trägt maßgeblich zu einer Verbesserung des Tierschutzes in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung bei und hat sich praktisch bewährt. Der Vorschlag der Allianz für Tiere orientiert sich daher weitgehend an dem Schweizer Modell.
Das neue Staatsziel zum Tierschutz verpflichtet Bund und Länder dazu, ihre Anstrengungen zu verstärken, allen Tieren den ihnen gebührenden Schutz zu gewährleisten und Tierquälerei zu verhindern, erklärt Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Gerade in der industriellen Massentierhaltung – aber nicht nur dort – sind die Belastungen für die Tiere bereits systembedingt besonders groß. Wissenschaftlich fundiert müssen hier kurzfristig die ohnehin unzureichenden gesetzlichen Vorgaben zum Schutz der Tiere optimal ausgeschöpft und langfristig unzureichende Rahmenbedingungen verbessert werden, so Apel weiter. Nur ein bundesweit einheitliches effektives Prüf- und Zulassungsverfahren für die marktgängigen Aufstallungssysteme und Stalleinrichtungen könne dies gewährleisten und haltungsbedingte Tierquälerei in Zukunft unterbinden.
Laut Gesetz trägt der Tierhalter die Verantwortung dafür, dass ein Aufstallungssystem art- und tiergerecht gestaltet ist. Doch bisher gab es kein etabliertes Prüfverfahren, um die Tiergerechtheit der auf dem Markt befindlichen Aufstallungssysteme und Stalleinrichtungen nachzuweisen. Mit dem Prüf- und Zulassungsverfahren geht die Verantwortung stärker auf die Hersteller von Stalleinrichtungen über, dort wo die Einflussnahme auf die Gestaltung der Tierhaltungssysteme am größten ist, erläutert Dr. Angelika Zahrnt, Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), das neue Verfahren. Für die Landwirtinnen und Landwirte heißt das: das Investitionsrisiko sinkt und die Arbeitsplatzqualität in den Betrieben steigt.
Tiergerechte Haltungsbedingungen wirken sich positiv auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere aus. Gesunde Tiere sind die Voraussetzung für gesunde Nahrungsmittel. Daher begrüßen wir den Tierschutz-TÜV, erklärt Frau Prof. Dr. Edda Müller vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Das Prüf- und Zulassungsverfahren entspricht dem Wunsch der Verbraucher nach einer tiergerechten Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere. Damit hat die Irreführung von Verbrauchern mit dem unbestimmten Begriff der tiergerechten Haltung ein Ende, so der Vorstand des vzbv weiter.
Mit dem geplanten Prüf- und Zulassungsverfahren steht auch die Ethik der Tierhaltung in Deutschland auf dem Prüfstand, betont Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Vorstand der Schweisfurth-Stiftung. Der überwiegende Teil der Bevölkerung hat bereits seit langem den Wunsch und die Erwartung, Lebensmittel aus einer Landwirtschaft zu beziehen, die das Tier als Mitgeschöpf respektiert und dies auch in der Haltung der Tiere zum Ausdruck bringt, resümiert Prof. Gottwald das ethische Anliegen, das mit dem vorgelegten Eckpunktekatalog zur Einrichtung eines Tierschutz-TÜVs verbunden ist.
Die Allianz für Tiere fordert die Bundesregierung nachdrücklich dazu auf, die Möglichkeiten zur Verbesserung des Tierschutzes, die das neue Tierschutzgesetz bietet, zu nutzen und die Einrichtung eines obligatorischen Prüf- und Zulassungsverfahrens für Haltungssysteme zeitnah in die Wege zu leiten. Der nächste Schritt auf diesem Weg wäre die baldige Einrichtung eines Runden Tisches im BMVEL mit Fachleuten aus den Behörden von Bund und Ländern, Fachwissenschaftlern, Vertretern der Stallbaufirmen und der Landwirtschaft sowie Vertretern des Tierschutzes, des Umwelt- und des Verbraucherschutzes.
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