Viruskrankheiten an Pflanzen – Pflaumen und Kirschen gefährdet
Viruskrankheiten sind nicht bekämpfbar. Für den Ackerbauern oder Gärtner gilt dies uneingeschränkt. Keine Chemie hilft. Aber Vorsorge und Forschung. Auf einer Pressekonferenz stellte die Biologische Bundesanstalt einige von mehreren Dutzend Viruskrankheiten an Pflanzen als die derzeitigen Probleme vor. Demnächst kommt ein neuer Stamm des Scharkavirus nach Deutschland, das Kirschen befällt. Bisher befiel das Virus vor allem Zwetschgen, Pfirsiche und Aprikosen. Aber Viren können ihre Erbinformationen durch die besondere Vererbungsweise schnell ändern. Sie können sogar auf andere Kulturpflanzen überspringen.
Scharkavirussymptome an Pflaumen
Viren sind eigentlich gar keine Lebewesen. Sie können ohne einen Wirt nicht atmen und sich auch nicht vermehren. Sie haben keinen Stoffwechsel. Sie können sogar als Kristalle vorliegen. Sie bestehen nur aus RNA oder DNA, also der Erbinformation und haben meistens eine schützende Proteinhülle. Sie können durch Vektoren, wie Blattläuse oder Bodenpilze, in eine neue Pflanze gelangen. Dort befehlen sie der Wirtszelle ihre Erbinformationen zu vervielfältigen. Zusätzlich befehlen sie, neue Hüllen zu produzieren. Damit bringen sie nicht nur die Zelle, sondern die ganze Pflanze und bei Tieren das ganze Tier, völlig durcheinander. Das nennt man Krankheit.
Das Scharkavirus ist so gefährlich, dass es in den USA nach dem 11. September 2001 zu den zehn Pflanzenkrankheiten gerechnet wurde, die das Wohl der Menschen am meisten gefährden könnten. Der Ertrag eines Pflaumenbaums kann sich auf Null reduzieren. Die Pflaumen sehen dann verschrumpelt aus, auch Verfärbungen kommen vor. Sie sind nicht mehr genießbar. Die Pflaumen fallen früher von den Bäumen. Der Bauer kann dann die Bäume nur noch roden, denn ein Heilmittel dagegen gibt es nicht.
Das Scharkavirus wurde vor allem durch den Menschen selbst übertragen, denn der Obstbauer vermehrt seine Baumsorten durch Pfropfung. Die Edelreiser werden auf junge Pflanzen, Sämlinge, gepfropft. Dadurch kann man innerhalb kurzer Zeit Tausende von Pflanzen der gleichen Sorte produzieren. Mit verseuchten Sämlingen wurde in den 60er Jahren die Krankheit in Deutschland verbreitet. Seitdem darf nur noch getestetes, gesundes Pflanzgut aus den „Muttergärten“ an die Baumschulen ausgeliefert werden. Und damit bekam man das Scharkavirus in den Griff, gemeinsam mit der Züchtung weniger empfindlicher Sorten. Aber man muss permanent testen und aufpassen. Seit 30 Jahren ist Scharka eine meldepflichtige Krankheit.
Jetzt gibt es neue Stämme, die unsere Obstgärten gefährden. Wissenschaftlich heißt das Scharkavirus Plum pox virus, kurz PPV. Neben PPV-D kommt aus dem Mittelmeerbereich ein neuer, aggressiver Stamm PPV-M. Und außerdem PPV-C, C für Cherry – Kirsche. Dieses Kirschenvirus wurde das erste Mal 1985 in Moldawien gefunden. Auch die Biologische Bundesanstalt in Braunschweig, das Institut für Pflanzenvirologie, wurde aufmerksam. 1990 konnte das Virus in Bulgarien nachgewiesen werden, seit 2001 ist es in Ungarn.
„Wir müssen jetzt extrem aufpassen“, sagt Dr. Wilhelm Jelkmann, der kommissarische Leiter des Obstbauinstituts der Biologischen Bundesanstalt, das in Dossenheim bei Heidelberg liegt. „Noch ist das Virus, auch in Ungarn kein Problem, aber wir erwarten spontane Änderungen der Erbanlagen. Wenn ein neuer, aggressiver Stamm auftritt,“ so Jelkmann, „wer weiß, was dann in unseren Obstgärten passiert.“
Das Problem bei Viren ist, dass man rechtzeitig die Gefahr erkennen muss, sonst bricht alles zusammen. Auch im pflanzlichen Bereich können Dimensionen wie bei BSE an Rindern auftreten, nur mit dem Unterschied, dass Pflanzenviren bisher nicht für den Menschen gefährlich wurden. Von Viren ist nur bekannt, dass sie Pflanzen und Insekten befallen können, aber nie Pflanzen und Säugetiere gleichzeitig. (BBA)
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