Koexistenzfähigkeit gentechnisch veränderter Pflanzen weiterhin fraglich
Die Ergebnisse des Erprobungsanbaus mit gentechnisch verändertem Mais belegen nach Ansicht des Anbauverbandes Bioland in keiner Weise die Koexistenzfähigkeit gentechnisch veränderter Pflanzen. Die Versuche lassen keinerlei Rückschlüsse auf die Folgen eines großflächigen Anbaus zu. Sie stehen im Widerspruch zu Praxiserfahrungen, die in Ländern gewonnen wurden, in denen bereits heute ein großflächiger Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen durchgeführt wird. Lediglich Einzelfaktoren, die die Koexistenzfähigkeit bestimmen können, wurden nach Angaben der Versuchsbetreiber in den Anbauprogrammen berücksichtigt.
„Es ist erschreckend, wie leichtfertig Landesminister Rehberger, einzelne Wissenschaftler und Gentech-Industrie Koexistenz ohne ’wenn und aber’ für machbar erklären“, kritisiert Thomas Dosch, Bioland-Vorsitzender, die Verlautbarungen anlässlich der heutigen Pressekonferenz der Landesregierung Sachsen-Anhalt und der InnoPlanta e.V. „Koexistenzversuche in Geheimhaltungsmanier und ohne Beteiligung derjenigen, mit denen die Koexistenz praktiziert werden soll, sind eine Farce und legen den Verdacht nahe, dass Blendwerk statt verlässlicher Fakten geschaffen werden sollen. Wer eine Agro-Gentechnik, die nach 15 Jahren weltweit im wesentlichen nicht mehr als herbizidresistente und pestizidproduzierende Pflanzen hervorgebracht hat, als innovativ bezeichnet, macht den Begriff der ’Innovation’ zum Unwort des Jahres“, so Dosch.
Während die EU-Kommission in ihren am 23. Juli 2003 vorgestellten ’Leitlinien für die Erarbeitung einzelstaatlicher Strategien und geeigneter Verfahren für die Koexistenz gentechnisch veränderter, konventioneller und ökologischer Kulturen’ eine Vielzahl innerbetrieblicher und außerbetrieblicher Faktoren nennt, die die Koexistenzfähigkeit von GT-Pflanzen bestimmen, konzentriert sich der Erprobungsanbau lediglich auf wenige Untersuchungsgegenstände. Fragestellungen zu Ursachen zufälliger Beimischungen beim Erzeugerbetrieb, der Ernte, beim Transport sowie in verschiedenen Verarbeitungsstufen sind völlig außer Acht gelassen. Für Betriebe, die ohne Gentechnik Lebensmittel erzeugen und am Markt anbieten wollen, sind diese Faktoren jedoch von größter Bedeutung. Die Folgen der Kosten von Koexistenzmaßnahmen sind ebenfalls nicht geklärt. Fundierte Schätzungen des Joint Research Centers, die im Auftrag der EU-Kommission vorgenommen wurden, zeigen, dass die Kosten für Maßnahmen zur Verhütung gentechnischer Verunreinigungen zwischen 53 Euro und 345 Euro pro Hektar liegen werden. Nach jetziger Rechtslage fallen diese Kosten bei konventionell und ökologisch wirtschaftenden Betrieben an, die keine Gentechnik anwenden. Ebenfalls unberücksichtig lässt der Erprobungsanbau die Frage des Einflusses auf Imkereibetriebe. Gerade Mais-Pollen sind für Bienen im Frühjahr ein wichtiger Nahrungsbestandteil. Da Verbraucher nicht bereit sind, gentechnisch verunreinigte Produkte zu akzeptieren, besteht bei großflächigem Anbau von Gentech-Pflanzen die Gefahr, dass Imker ihre Tätigkeit einstellen. Dies hätte dramatische Folgen insbesondere für den Erwerbsobstbau, der ohne die kostenfreie Bestäubungsleistung der Bienenvölker nicht existieren kann.
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