PR als Trojanisches Pferd für Journalisten
Trend zu unkritischer Berichterstattung in ausgedünnten Redaktionen
Personalreduktion und gesteigerter Produktionsdruck sowie zunehmende Professionalisierung der PR-Branche fördern die Tendenz zu unkritischer Berichterstattung in den Medien. Zu diesem Ergebnis kommt eine seit mehreren Jahren laufende Benchmark-Studie des Instituts für Journalistik der Universität Leipzig. „Die Macht der PR geht einher mit der Ohnmacht der Journalisten“, meinte Studienleiter Michael Haller, Professor für Journalistik, etwas überspitzt am 18. Journalistentag in Berlin. Der „Einbahnstraßen-Journalismus“, der nur auf einer Quelle beruht und im wesentlichen die Botschaft des Absenders transportiert, nehme auch in personell gut ausgestatteten Redaktionen großer Tageszeitungen zu.
„Öffentlichkeitsarbeit simuliert Journalismus oder versucht sich als Trojanisches Pferd unerkannt einzuschleichen“, so Haller. In den vergangenen fünf bis acht Jahren habe sich die Arbeit der PR-Agenturen erheblich verbessert und auf die Bedürfnisse der Journalisten eingestellt. PR-Texte sind für die überwiegende Mehrheit der Journalisten für die tägliche Arbeit notwendig, was an sich kein Problem darstellt. Allerdings sei durch „schwindende Manpower“ in den Redaktionen der Produktionsdruck gestiegen, wodurch immer weniger Zeit für Recherche bleibt oder sogar ganz darauf verzichtet wird. Seit 1993 ist laut Haller die täglich für Recherche zur Verfügung stehende Zeit in den deutschen Redaktionen von 130 Minuten auf 90 Minuten geschrumpft. Ein „dramatischer Rückgang“, so Haller, der nur ein Anzeichen für den Trend zu unkritischer Berichterstattung sei.
Diese Tendenz sei nicht nur bei personell ausgedünnten Redaktionen kleiner Medien zu beobachten, sondern auch in den personell gut ausgestatteten Tageszeitungen. Die Ursache der Entwicklung ortet Haller weniger bei den Journalisten, sondern viel mehr bei den Verlegern, die durch Sparmaßnahmen die Leistungsfähigkeit der Redaktionen herunterfahren. Die Analyse des Lokalteils von sechs Regionalzeitungen habe ergeben, dass nur noch rund zehn Prozent der Beiträge zwei oder mehr Quellen angeben. Haller forderte vor diesem Hintergrund eine Stärkung der redaktionellen Unabhängigkeit und einen Ausbau der journalistischen Infrastruktur. Auch Aus- und Weiterbildung der Redakteure sowie Journalismus- und Mediennutzungsforschung seien für eine Stärkung des Journalismus gegenüber der PR notwendig.
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.uni-leipzig.de/journalistikAlle Nachrichten aus der Kategorie: Agrar- Forstwissenschaften
Weltweite, wissenschaftliche Einrichtungen forschen intensiv für eine zukunftsfähige Land- und Forstwirtschaft.
Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Themen: Bioenergie, Treibhausgasreduktion, Renaturierung und Landnutzungswandel, Tropenwälder, Klimaschäden, Waldsterben, Ernährungssicherung, neue Züchtungstechnologien und Anbausysteme, Bioökonomie, Wasserressourcen und Wasserwiederverwendung, Artenvielfalt, Pflanzenschutz, Herbizide und Pflanzenschädlinge, digitale Land- und Forstwirtschaft, Gentechnik, tiergerechte Haltungssysteme und ressourcenschonende Landwirtschaft.
Neueste Beiträge
Lange angestrebte Messung des exotischen Betazerfalls in Thallium
… hilft bei Zeitskalenbestimmung der Sonnenentstehung. Wie lange hat eigentlich die Bildung unserer Sonne in ihrer stellaren Kinderstube gedauert? Eine internationale Kollaboration von Wissenschaftler*innen ist einer Antwort nun nähergekommen. Ihnen…
Soft Robotics: Keramik mit Feingefühl
Roboter, die Berührungen spüren und Temperaturunterschiede wahrnehmen? Ein unerwartetes Material macht das möglich. Im Empa-Labor für Hochleistungskeramik entwickeln Forschende weiche und intelligente Sensormaterialien auf der Basis von Keramik-Partikeln. Beim Wort…
Klimawandel bedroht wichtige Planktongruppen im Meer
Erwärmung und Versauerung der Ozeane stören die marinen Ökosysteme. Planktische Foraminiferen sind winzige Meeresorganismen und von zentraler Bedeutung für den Kohlenstoffkreislauf der Ozeane. Eine aktuelle Studie des Forschungszentrums CEREGE in…