Aminosäuren – Trumpfkarten für eine nachhaltige Tierernährung

In etwa 50 Jahren wird die Erde von 10 Milliarden Menschen bevölkert sein, denen pro Kopf rein rechnerisch weniger als 0.15 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche zur Verfügung stehen werden. Schon in rund zehn Jahren werden Tokio oder Bombay bis zu 30 Millionen Einwohner haben. Mit diesen Trends ändern sich die Konsumgewohnheiten der Bevölkerungsgruppen insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern: Sie geben durchschnittlich mehr Geld für Nahrungsmittel aus als Landbewohner. Das verfügbare Einkommen wird in höherwertige Ernährung, u.a. mit mehr tierischem Eiweiß, investiert. Die Nachfrage nach Fleisch, Milch und Eiern steigt entsprechend an, was erheblichen Einfluss auf die Tierhaltung hat.

Vor diesem Hintergrund nimmt die Bedeutung von industriell hergestellten Aminosäuren stark zu. Sie sind – wie auch Vitamine – lebensnotwendig für Mensch und Tier, weil aus ihnen sämtliche Eiweiße aufgebaut sind. Ganz gleich, ob im Muskel, im Haar oder in der Haut: Proteine sind existenziell notwendig, um elementare Stoffwechselfunktionen aufrechtzuerhalten. Insgesamt sind es mehr als 20 unterschiedliche Aminosäuren, die meisten von ihnen stellt der Körper selbst her. Doch es gibt Ausnahmen: Je nach Lebewesen können 8 bis 10 sogenannte essenzielle Aminosäuren nicht vom Organismus produziert, sondern müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Und das täglich, denn Aminosäuren sind lediglich begrenzt speicherbar und verwandeln sich bei unausgewogener Ernährung leicht in Fett. Nur wenn diese Substanzen Tag für Tag im Essen enthalten sind, bleibt der Körper gesund und leistungsfähig. Ansonsten kann es sogar zu lebensbedrohlichen Mangelerscheinungen wie Immunsystem- und Pigmentstörungen, Blutarmut oder Hungerödemen kommen, da die Eiweißsynthese ins Stocken gerät.

Entscheidend ist die Nahrungskette: Futter – Tier – Lebensmittel – Mensch

Die BSE-Krise hat gezeigt: Voraussetzung für eine gesunde Ernährung des Menschen ist eine gesunde Ernährung der Tiere. Dazu leistet Degussa einen wichtigen Beitrag. Das weltweit führende Unternehmen für Spezialchemie ist auch größter Erzeuger von naturidentischen Aminosäuren für die Tierernährung. Als einziger Hersteller bietet es die vier wichtigsten essenziellen Aminosäuren – Methionin, Lysin, Threonin und Tryptophan – aus eigener Produktion an.

Entsprechende Zusätze sind deshalb so wichtig, weil die natürlichen Futtermittel wie Weizen oder Mais, Soja oder Erbsen alle Defizite an einer oder mehreren Aminosäuren aufweisen. Wird ein Hähnchen nur mit pflanzlichen Proteinen gefüttert, entsteht ein Mangel an Methionin. Während Soja und Erbsen den Bedarf an Lysin und Threonin nahezu vollständig abdecken oder sogar im Überfluss enthalten, wird die benötigte Methionin-Menge nur zu etwa 50 bzw. 30 Prozent erreicht. Beim Weizen ergibt sich ein erhebliches Defizit bei allen drei Aminosäuren. Industriell hergestellte Aminosäuren können diese Lücke sehr effizient schließen und so die Tierernährung deutlich verbessern.

Degussa hat ihre vollständige Produktpalette gezielt zu kundennahen und kompetenten Gesamtlösungen ausgebaut: „Wir verkaufen nicht nur Aminosäuren, sondern liefern ein ganzes Paket innovativer Systeme – angefangen von Aminosäuren-Analysen beim Kunden bis hin zu einer umfassenden Qualitätskontrolle. Damit unterscheiden wir uns vom Wettbewerb“, erläutert Dr. Hubert Wennemer, Leiter des Geschäftsbereichs Futtermitteladditive der Degussa, die Strategie.

Gerade bei Methionin sind die Wachstumsaussichten sehr gut. Deshalb erweitert Degussa die Produktionskapazitäten in diesem Bereich kontinuierlich. Größtes Projekt ist eine neue Anlage in Antwerpen. Sie zeichnet sich gleich durch zwei Superlative aus: Zum einen wird sie mit 150.000 Tonnen pro Jahr nach der Fertigstellung 2005 die weltweit größte ihrer Art sein, zum anderen handelt es sich mit 350 Millionen Euro um die bisher bedeutendste Einzelinvestition der Degussa. Gleichzeitig entstehen in Belgien zusätzliche Anlagen für die Ausgangsverbindungen des Methionins. „Auf diese Weise ist ein Höchstmaß an Produktionseffizienz und Versorgungssicherheit gewährleistet“, betont Wennemer.

Durch die vollständige Übernahme der Midwest Lysine in Blair (Nebraska, USA) im Juni 2003 wurde die Stellung auch bei der Aminosäure Lysin weiter verbessert, die insbesondere in der Schweinemast eingesetzt wird. Eine Erhöhung der Produktionskapazitäten wird derzeit geprüft. Bis 2007 soll darüber hinaus eine World Scale Anlage (30.000 Tonnen/a) für Threonin errichtet werden. Im Mai 2004 hat Degussa zudem die Agroferm Hungaria (Kaba, in der Nähe von Debrecen) von der japanischen Kyowa Hakko (Tokio) übernommen, die Lysin für die Tierernährung herstellt. Damit verfügt der Geschäftsbereich Futtermitteladditive über sechs Produktionsstandorte in fünf Ländern, der Vertrieb erfolgt in über 100 Staaten.

Entscheidend ist die ausgewogene Versorgung mit Aminosäuren

Bei der gesunden und effektiven Fütterung kommt es auf die richtige Mischung und die richtige Menge an. In Analogie zum berühmten Liebigschen Fass kann nur so viel Protein beispielsweise im Fleisch aufgebaut werden, wie ausreichend Aminosäuren im Futter oder in Nahrungsmitteln zur Verfügung stehen. Entscheidend ist die Aminosäure, die am ehesten knapp wird. Ihr Gehalt bestimmt über den Nährwert eines Proteins, wohingegen ein Überschuss an anderen Aminosäuren keinerlei Nutzen bringt. Er stellt ganz im Gegenteil sogar eine Belastung für die Umwelt dar, weil über den Weg von Verdauung und Ausscheidung die Stickstoffbelastung von Boden und Atmosphäre steigt.

Bei einer Ernährung auf Basis von Getreide wie Weizen oder Mais müssen dem Futter große Mengen an Soja- und Fischmehl beigefügt werden, um etwa ein Huhn adäquat mit Aminosäuren zu versorgen. Eine solche Kost hat einen hohen Proteinanteil von 28 Prozent, der aber nur zum Teil dazu genutzt wird, Fleisch anzusetzen. Anders beim Einsatz synthetischer Aminosäuren – bereits kleine Prozentanteile ermöglichen ein Futter, das mehr Getreide und weniger Protein (nur 20 Prozent) enthält. Der entscheidende Vorteil dabei ist, dass pro Kilogramm Gewichtszunahme des Tiers im Vergleich zur Ernährung mit hohem Proteinanteil nur etwa halb so viel Stickstoff in die Gülle und damit in die Umwelt gelangt. Das ist deshalb so wichtig, weil schon heute mehr als ein Fünftel der landwirtschaftlichen Flächen in der EU einen erheblichen Stickstoffüberschuss aufweisen und so das Grundwasser durch hohe Nitratfrachten gefährden. „Mit einem angemessenen Angebot an Aminosäuren ließen sich, hochgerechnet auf die EU-weite Schweinefleischproduktion, 230.000 Tonnen Stickstoff in der Gülle vermeiden. Das entspricht nahezu einem Viertel des Gesamteintrags“, erklärt Dr. Reiner Beste, Marketingleiter Futtermitteladditive der Degussa.

Bereits seit 1991 gibt es eine EU-Nitratrichtlinie zum Schutz des Grundwassers. Da sie bis heute in vielen Regionen nicht voll umgesetzt ist, kämpfen Regierungen, Wasserwerke und Landwirtschaft immer noch mit diesem Problem. Der vermehrte Einsatz von Aminosäuren leistet nicht nur hier einen positiven Beitrag, sondern erhöht die Versorgungssicherheit durch heimische Pflanzen. Der Grund: Es können einerseits höhere Mengen Weizen gefüttert, andererseits auch Nebenprodukte der Nahrungsmittelherstellung wie Ölschrote eingesetzt werden. Dies spart zugleich Energie, Wasser und Transportkosten. Unter derzeitigen EU-Bedingungen ersetzt ein Kilogramm Methionin 160 Kilogramm Sojamehl – so könnten erhebliche Teile der entsprechenden Importe von 24 Millionen Tonnen in die Europäische Union entfallen.

Die Ökobilanz für Methionin, aufgestellt vom renommierten Ifeu-Institut in Heidelberg, untermauert den positiven Effekt für die Umwelt. Auf Basis einer groben Berechnung, die von einem Methionin-Verbrauch von 100.000 Tonnen pro Jahr ausgeht, ergeben sich Einsparungen von einer Million Tonnen Rohöl (!) und 800.000 Tonnen Nitrat und Ammoniak – ein in der Tat substanzieller Vorteil für die Ökologie. Und es gibt weitere erstaunliche Pluspunkte: So ersetzt ein Kilogramm Lysin 35 Kilogramm Sojaschrot, ein Kilo Methionin ist optimaler Ersatz für 54 Kilo Fischmehl. Die Degussa Philosophie „kleine Menge – große Wirkung“ trifft auch auf die Aminosäuren zu.

In den zurückliegenden Jahren hat der Geschäftsbereich Feed Additives durch umfangreiche Forschungsprojekte eine führende Technologie-Position erreicht. Dies ist sowohl für die chemischen als auch für die biotechnologischen Prozesse Voraussetzung für eine optimale Produktpalette. Darüber hinaus hat das Unternehmen eine komplette Servicekette aufgebaut, die auf einem weltweiten Laborverbund für Aminosäuren-Analysen beruht. Hier werden der Aminosäurengehalt in Futterbestandteilen und -zusätzen untersucht und fertige Futtermittel kontrolliert, um Mischungsverhältnisse und Homogenität sicherzustellen. Dosieranlagen setzen die wertvollen Aminosäuren gezielt zu und dokumentieren alle Daten durchgehend. Zudem stehen PC-gestützte Wachstumsmodelle in Abhängigkeit der gewählten Ernährungsstrategie zur Verfügung. Dank der präzisen Rohstoffinformationen lassen sich deutliche Kostenvorteile bei der Futtermittelerzeugung und eine hohe Qualität des Futters realisieren.

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Weitere Informationen:

http://www.degussa.com

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