Einweihung des weltweit einmaligen ökologischen Milchkuhstalls in Trenthorst – Schleswig-Holstein
Am 13. Januar 2005 wurde der neue Milchkuhstall des Instituts für ökologischen Landbau der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) durch den Staatssekretär des BMVEL Alexander Müller und den Landwirtschaftsminister des Landes Schleswig Holstein Klaus Müller offiziell seiner Bestimmung übergeben. Für den ökologischen Landbau ist der neue Stall in Trenthorst wichtig, da es im gesamten deutschsprachigen Raum nur zwei weitere ökologische Forschungsställe für Milchkühe gibt. Die technische Ausstattung und die Forschungsfragen sind weltweit einmalig für den ökologischen Landbau. Der neue Stall ist speziell für zentrale wissenschaftliche Fragen der ökologischen Milchkuhhaltung konzipiert worden und ergänzt die wissenschaftliche Arbeit der konventionell geführten Forschungsställe in Schleswig-Hostein, der Ressortforschung des BMVEL und der Universitäten. Folgende Bedingungen sind in dem neuen Milchviehstall gegeben:
- Alte Rassen und Hochleistungsrassen: In dem Stall werden insgesamt 100 Milchkühe gehalten. Die Herde ist geteilt in 50 Kühe der alten und gefährdeten Rasse Alte Deutsche Rotbunte – Doppelnutzungstyp – und 50 Kühe der üblichen Hochleistungsrasse Holstein-Friesian. Damit soll festgestellt werden, ob alte lokale Rassen besser für den ökologischen Landbau geeignet sind oder nicht. Dieses steht in den Richtlinien für den ökologischen Landbau, ist aber bislang nicht wissenschaftlich belegt. Vor allem gesundheitliche Aspekte sollen untersucht werden: Fruchtbarkeit, Lahmheiten, Mastitis etc. Die Milch der beiden Herden wird getrennt erfasst.
- Milchqualität und Milchleistung: Ein Doppel-4er-Tandem-Melkstand mit modernster Melktechnik und einem komfortablen Melkhaus erlaubt best mögliche wissenschaftliche Bearbeitung zentraler Fragen rund um die Milchqualität und Milchleistung bei klar definierten Umweltbedingungen.
- Intensive und extensive ökologische Milchviehhaltung: Das gesamte Futter und auch das Stroh wird auf einem 100 Hektar großen Betrieb (1 Kuh pro Hektar) selber erzeugt: „100% Bio und betriebseigen“, es wird nichts zugekauft. Besonders Stroh war hier limitierender Faktor. Die beiden Herden können noch einmal für Fütterungsversuche getrennt werden. Hierfür sind Selektionstore zum Futtertisch eingebaut worden, die durch Raufutterautomaten zur Fütterung ergänzt werden. Eine Betriebsteilung in extensiv (raufutterbetont) und intensiv (kraftfutterbetont) ist möglich.
- Tiergesundheit und Tiergerechtheit: Der Stall wurde nach neuesten Erkenntnissen der Tiergerechtheit gebaut. Laufmatten, ausreichende Freilaufbereiche und außen liegender Futtertisch. Die Kühe sind behornt – was auch im ökologischen Landbau nicht üblich aber gewünscht ist -, weswegen pro Tier entsprechend Raum gegeben wurde, ohne Nischen und Sackgassen. Weidegang im Sommer ist durch angrenzendes Grünland möglich. Hygieneaspekte werden durch Schwarz-Weißschleusen für Besucher und Mitarbeiter beachtet. Der Herdenverband wird stabil gehalten, trocken stehende Kühe oder unterschiedliche Fütterungsgruppen können in der Herde bleiben. Bullenhaltung ist möglich.
- Kälberaufzucht: Der Stall ermöglicht die muttergebundene Kälberaufzucht. Dieses Thema wird seit Jahren diskutiert: sowohl aus Sicht des Verbrauchers – der die mutterlose Aufzucht als nicht tiergerecht ansieht – als auch aus der Sicht der Kälbergesundheit. Hierfür wurde der Kälberbereich so konzipiert, dass die Tiere gezielt zu ihren Müttern zugelassen werden können (Selektionstore) und spezielle Liege- und Schutzbereiche im Kuhstall direkt bei ihren Müttern vorhanden sind. Auch andere Aufzuchtverfahren können vergleichend durchgeführt werden. Die Kälber werden bis zum 3. Lebensmonat im Milchkuhstall gehalten, bis sie in den Mastrinderbereich wechseln.
- Wissenschaftliches Arbeiten: Der Stall erlaubt wissenschaftliches Arbeiten auf hohem Niveau. An das Melkhaus angrenzend sind wissenschaftlich nutzbare Räume angebaut. Datenerfassung und Untersuchungsmöglichkeiten sind direkt vor Ort. Permanente Datenerfassung für Fütterung, Tiergewichte, Milch, Aktivität der Tiere, ist integriert.
Auszug aus dem offiziellen Institutskonzept des FAL-Instituts für ökologischen Landbau:
Ziel der Forschung zur ökologische Milchkuhhaltung ist die Optimierung der Haltung und Fütterung von Milchkühen als Schlüsselfaktoren für Tiergesundheit und hohe Milchleistung und -qualität.
- Besonderheiten der Wechselwirkungen zwischen Futter/Fütterung, Tiergesundheit, Leistung und Milchqualität (Rohmilch bis 1. Verarbeitungsgrad) unter besonderer Berücksichtigung der Proteinversorgung bei leguminosenreicher Fruchtfolge (Systembetrachtung Milchviehbetrieb).
- Untersuchungen zur Arbeitsplatzqualität in der ökologischen Milchviehhaltung und zu arbeitswirtschaftlichen Verbesserungsmöglichkeiten.
- Verbesserungen in der ökologischen Kälberaufzucht.
- Untersuchungen zur Produktqualität von Bio-Milch und Bio-Milchprodukten.
- Einfluss des Mensch-Tier-Verhältnisses auf die Tiergesundheit und die Arbeitsplatzqualität.
- Bewertung von alternativen Tierheilverfahren.
- Auswahl geeigneter Rassen für den ökologischen Landbau.
- Untersuchungen zum Management des Wirtschaftsdüngers.
- Untersuchungen zur Vermarktung von Bio-Milch und Bio-Milchprodukten.
- Bewertung von verbesserten Produktionsverfahren in Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit.
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