FBN koordiniert in europäischem Exzellenznetz die Mastitis-Forschung
Die Tiere fühlen sich nicht wohl, bekommen oftmals Fieber und ihre Milchleistung sinkt. Neben der erheblichen Beeinträchtigung des Wohlbefindens dieser Kühe führt Mastitis auch zu massiven finanziellen Einbußen, die man europaweit auf mehr als eine Milliarde € pro Jahr beziffert. Ohne durchschlagenden Erfolg hat man bisher nach Wegen gesucht, die Häufigkeit dieser Infektionen merklich zu vermindern.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus sieben EU-Staaten haben sich nun im Rahmen des etwas sperrig bezeichneten EADGENE-Exzellenz-Netzwerks (European Disease Genomics Network of Excellence for Animal Health and Food Safety) zusammengeschlossen, um die europaweit abgestimmte Anwendung neuester molekularbiologischer Techniken zur Aufklärung der Interaktionen zwischen Erregern und Nutztieren voranzutreiben. Vom Verständnis solcher Zusammenhänge verspricht man sich neue Wege in der Krankheitsvermeidung und -behandlung. Die Forschung über grundlegende Abwehrmechanismen in der Milchdrüse gegenüber bakteriellen Keimen koordiniert dabei Professor Hans-Martin Seyfert vom Forschungsinstitut für die Biologie landwirtschaftlicher Nutztiere (FBN) in Dummerstorf. Warum werden manche Keime vom Immunsystem erfolgreich abgewehrt, während sich andere Erreger im Euter dauerhaft einnisten, also von den natürlichen Schutzmechanismen des Euters ungenügend bekämpft werden? Wie blockieren Keime eine effektive Immunantwort des Wirtes? Zur Klärung solcher Frage sollen nun die Techniken der ´funktionalen Genomanalyse´ eingesetzt werden. Im Kern geht es darum, zunächst alle Abwehrgene zu erfassen, die zur Immunantwort in der Milchdrüse beitragen. Darauf wird ermittelt, welche dieser Gene bei jeder Infektion und welche nur bei ganz bestimmten Keimarten aktiviert werden. Kennt man die Schlüssel-Abwehrgene, so kann man anhand der Vererbung ihrer Varianten in Zuchtpopulationen überprüfen, welche Bedeutung ihnen für die Abwehrbereitschaft des Tieres gegenüber der Mastitis zukommt. Dies ist ein Weg zur Entwicklung neuer Strategien zur züchterischen Minderung der Mastitishäufigkeit.
Die Anwendungen modernster molekularbiologischer Analytik erfordert hohe fachliche Exzellenz und ist aufwändig, so dass die europaweite Koordinierung von Forschungsprogrammen und das Verwenden einheitlicher Standards unumgänglich geworden ist. Es wurden, zum Beispiel, spezielle Hilfsmittel (DNA-Microarray) entwickelt, um die Aktivität von mehr als 20 000 Genen der Kuh anhand einer einzigen Gewebeprobe messen zu können, die nun allen Mitgliedern des Netzwerks zur Verfügung stehen. Unter Verwendung standardisierter Analysemethoden untersuchen derzeit je eine deutsch-englische, eine holländische und eine französische Arbeitsgruppe Mastitis bei der Kuh, während in Italien und Slowenien vergleichbare Infektionen bei der Ziege untersucht werden. Mastitis beim Schaf ist das Interesse einer französischen Forschergruppe. Um aus der Fülle von mehr als 20 000 erfassten Genen jene herauszufiltern, deren ausbleibende Aktivierung für die mangelhafte Immunabwehr verantwortlich gemacht werden können, wird auf den Sachverstand von Bioinformatikern zurückgegriffen. Hierbei ist die Verlässlichkeit der Schlussfolgerungen durch den Datenvergleich zwischen Rind, Schaf und Ziege von entscheidender Bedeutung.
Die Ergebnisse werden regelmäßig gemeinsam diskutiert und Konsequenzen daraus für die künftige Forschungsstrategie festgelegt. „Das Exzellenznetzwerk wird noch bis 2009 von der Europäischen Kommission gefördert. Am Ende wollen wir neue Schlüsselgene identifiziert haben. Vielleicht stellt sich ja heraus, dass wir genau die Mechanismen in unseren Zuchtpopulationen induzieren wollen, um Tiere besser vor Euterinfektionen zu schützen, die ´Mutter Natur´ dafür vorgesehen hat“, meint der Koordinator Professor Seyfert.
Das FBN Dummerstorf erforscht die funktionale Biodiversität von Nutztieren in ihrer Umwelt als Grundlage der Domestikation und als wesentliche Komponente einer nachhaltigen Landwirtschaft und der menschlichen Ernährung. Das FBN ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, der 84 außeruniversitäre Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung angehören. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute beschäftigen rund 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, arbeiten interdisziplinär und verbinden Grundlagenforschung mit Anwendungsnähe. Da sie Vorhaben im gesamtstaatlichen Interesse betreiben, werden sie von Bund und Ländern gemeinsam gefördert.
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