Auswirkungen der Übernahme des acquis communautaire durch mittel- und osteuropäische Länder
Welche Maßnahmen, insbesondere Investitionen, sind erforderlich, um die EU-Standards in der Agrarproduktion der Beitrittsländer zu übernehmen? Zu diesem Thema fand am 11. Januar anlässlich des Ost-West-Agrarforums der „Grünen Woche 200“ ein Symposium statt, auf dem Agrarwissenschaftler und Interessierte aus Politik und Wirtschaft aus Ost und West aktuelle Fragen der EU-Osterweiterung diskutierten
Am Beispiel der Milcherzeugung und -vermarktung in Polen, Deutschland und Ungarn wurde von Wissenschaftlern aus diesen Ländern dargestellt, welche Konsequenzen sich mit der EU-Osterweiterung für den Sektor ergeben und wie die Beitrittskandidaten auf den gemeinsamen Markt vorbereitet sind.
Die Milcherzeugung wurde deshalb ausgewählt, weil dieser Zweig in den Mitglieds- und den Beitrittsländern auch künftig für die Wirtschaftlichkeit des Agrarsektors und der einzelnen Betriebe eine erstrangige Rolle spielt und die mit dem EU-Beitritt verbundenen Strukturprobleme hier besonders deutlich werden.
In Ungarn entsprechen bereits fast 80 % der Milch, die überwiegend auch in größeren Betrieben erzeugt und verarbeitet wird, den EU-Standards.Damit sind in diesen Betrieben vergleichsweise geringe zusätzliche Investitionen erforderlich. Zwei Drittel der geschätzten Investitionen von 82 Mio Euro im Bereich der Erzeugung wäre für Betriebe mit weniger als 5 Kühen notwendig. Die Frage, ob und wie diese Betriebe den Anpassungsprozess bewältigen können, ist ungelöst.
Komplizierter ist die Situation in Polen, wo etwa 60 % der Milchproduktion industriell verarbeitet werden und zwei Drittel der 1,3 Mio Milcherzeuger nur ein bis zwei Kühe, vorwiegend für den Eigenbedarf, halten. Die Erzeugung und Verarbeitung von Milch für den Binnen- und Außenmarkt wird jedoch künftig von Betrieben mit mindestens 20 und mehr Kühen und größeren Anlagen, wie sie bereits in Nord-, West- und Zentralpolen bestehen, bestimmt. Um den Anschluss an den EU-Markt zu gewinnen und wettbewerbsfähig zu werden, sind auch hier erhebliche Investitionen erforderlich.
Den Abschluss der Vorträge bildete eine Darstellung des gegenwärtigen europäischen Marktes für Milch und Molkereiprodukte sowie der möglichen Szenarien der Entwicklung des Marktes nach dem EU-Beitritt.
Aus den Vorträgen und der Diskussion wurde deutlich, dass auch in der Zukunft Qualitätsprobleme, Milchpreisentwicklung und Quotierung für den Sektor im Mittelpunkt des Interesses stehen, darüber hinaus aber auch erhebliche agrarstrukturelle sowie damit verbundene soziale Probleme in den Beitrittsländern zu lösen sind.
Das Symposium wird alljährlich vom Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO) in Halle (Saale) gemeinsam mit weiteren Agrarforschungseinrichtungen vorbereitet. Mitgetragen wurde es in diesem Jahr erstmals von der Arbeitsgruppe „Agrarforschung über die Transformationsländer Mittel- und Osteuropas“ der Arbeitsgemeinschaft für Tropische und Subtropische Agrarforschung (ATSAF).
Unterlagen zu den gehaltenen Beiträgen sind auf der Homepage des IAMO unter „Veranstaltungen“ verfügbar.
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