Jacobs University sucht Bekämpfungsalternativen für Pflanzenseuche Feuerbrand

Das Projekt mit einer Laufzeit von 3 Jahren wird von Matthias Ullrich, Experte für molekulare Mikrobiologie und Pflanzenpathologie an der Jacobs University, geleitet und ist Teil eines Forschungsverbundes zur Feuerbrandbekämpfung ohne Antibiotika unter der koordinierenden Leitung der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft.

„Feuerbrand“ an Kernobstgehölzen und verwandten Pflanzenarten ist eine weltweit auftretende Pflanzenkrankheit, die sowohl bei der landwirtschaftlichen Produktion von Äpfeln und Birnen als auch in der Ziergehölzindustrie immer wieder zu hohen wirtschaftlichen Schäden führt. Symptome der durch das pathogene Bakterium Erwinia amylovora verursachten Krankheit sind verwelkende Zweige und Äste bis hin zum Abstreben der gesamten Pflanze. Die hochinfektiöse Krankheit kann sich sehr leicht und schnell ausbreiten, etwa durch Regen, Wind oder Insekten während der Blütenbestäubung.

Bei Auftreten von Feuerbrand kann eine weitere Ausbreitung der Seuche bisher nur durch das Abholzen der gesamten betroffenen Obstbauanlage wirkungsvoll verhindert werden. Eine wirksame Prophylaxe ist derzeit nur durch ein aufwendiges Vorhersagesystem für die infektionsbegünstigenden Faktoren und ein daran gekoppelter Einsatz von Antibiotika möglich. Letztere können bei unsachgemäßer Anwendung in der Landwirtschaft nicht nur in die Nahrungsmittel gelangen sondern auch bereits in der Natur die fortschreitende Entwicklung von Antibiotikaresistenzen krankheitserregender Bakterien vorantreiben – eine der gravierendsten medizinischen Bedrohungen der heutigen Zeit.

Ziel des Forschungsprojekts an der Jacobs University ist die Entwicklung alternativer Bekämpfungsmaßnahmen ohne den Einsatz von Antibiotika. Ansatzpunkt für das Forscherteam um Matthias Ullrich ist ein „Quorum sensing“ genannter Kommunikationsprozess zwischen einzelnen Bakterienzellen. Quorum sensing (das „Festellen einer handlungsfähigen Anzahl“) wird von Bakterien benutzt, um Prozesse zu koordinieren, die ineffizient wären, wenn sie nur von einzelnen Zellen durchgeführt würden. Die Bakterien produzieren hierbei Signalmoleküle, sogenannte Autoinduktoren, und geben diese an ihre Umgebung ab. Vermehren sich die Bakterien, erhöht sich die Konzentration der Signalstoffe in ihrer unmittelbaren Umgebung. Wird ein Schwellenwert überschritten, werden in den Bakterien, die die Autoinduktoren aufnehmen, bestimmte Gene aktiviert. Im Fall von E. amylovora sind es Virulenzgene, deren Produkte die pflanzlichen Zellen aufbrechen und somit den Bakterien Nährstoffe zuführen. Das Absterben des auf diese Weise angegriffangegriffenen pflanzlichen Gewebes führt zum Auftreten der typischen Krankheitssymptome des Feuerbrandes.

Matthias Ullrich und seine Mitarbeiter wollen zunächst die molekularen Mechanismen des Quorum sensing von E. amylovora im Detail entschlüsseln und anschließend Hemmstoffe identifizieren, mit denen die bakterientypsiche Signalverbreitung unterbunden werden kann. „Da ?Quorum sensing? ein weit verbreitetes Phänomen in pathogenen Bakterien darstellt, erlauben die biochemische und molekularbiologische Einsichten, mit deren Hilfe neue antibiotikafreie Bekämpfungsmaßnahmen gegen den Feuerbrand entwickelt werden können, auch wichtige Schlüsse für die Bekämpfung von Krankheitserregern beim Menschen“, so der Bremer Mikrobiologe Matthias Ullrich zu den Perspektiven des Forschungsprojektes.

Fragen zu dem Projekt beantwortet:
Matthias Ullrich
Professor of Molecular Microbiology
Tel.: 0421-200 3245
E-mail: m.ullrich@jacobs-university.de

Media Contact

Dr. Kristin Beck idw

Weitere Informationen:

http://www.jacobs-university.de/

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