Die Wälder der Erde in 3D
Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen analysiert Komplexität der Struktur
Urwälder sind für die Artenvielfalt und globale Stoffkreisläufe von großer Bedeutung. Die dreidimensionale Struktur der Wälder spielt dabei eine wichtige Rolle, weil sie Stoffaustauschprozesse mit der Atmosphäre beeinflusst und verschiedenen Arten Lebensraum bietet. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen ist der Frage nachgegangen, welche Vielfalt an unterschiedlich komplexen Strukturen in den Wäldern der Welt zu finden ist, und welche Faktoren diese Vielfalt erklären können. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Communications erschienen.
Die Forscherinnen und Forscher untersuchten die Waldstruktur von Urwäldern auf mehreren Kontinenten in unterschiedlichen Klimazonen. Hierzu reisten sie über einen Zeitraum von zwei Jahren in teils entlegene Urwaldgebiete der Erde, um die Struktur der Wälder mithilfe von 3D Laserscannern zu erfassen. Ein Laserscanner erfasst die Umgebung mithilfe eines Laserstrahls und bildet damit den Wald als 3D-Modell ab. Darüber lassen sich am Computer Kennzahlen zur Beschreibung der Struktur berechnen. Sie stellten fest, dass sich die globale Variabilität der Waldstrukturen zum allergrößten Teil durch die Niederschlagsmengen und damit durch die Verfügbarkeit von Wasser in den verschiedenen Ökosystemen erklären lässt. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse konnten sie mithilfe von Klimadaten Weltkarten zur strukturellen Komplexität erstellen.
Die Weltkarten beschreiben hierbei, welche Strukturen Wälder ohne menschliche Beeinflussung entwickeln können. Nur noch 30 Prozent der Wälder der Erde sind Urwälder. „Ein langfristiges Ziel unserer Forschungsarbeit ist es, besser zu verstehen, wie sich der Einfluss des Menschen und der Klimawandel auf den Wald, seine Struktur und die daran gekoppelten Prozesse auswirken. Die Struktur von Urwäldern ist hierfür eine wichtige Referenz“, sagt Erstautor Dr. Martin Ehbrecht von der Universität Göttingen. Ein besonderer Fokus liegt hier auf der Frage, wie sich die Veränderungen von Niederschlagsmustern durch den Klimawandel auf die Struktur von Wäldern auswirken.
„Wie bedeutsam Wasser für die Ausbildung komplexer Waldstrukturen ist, lässt sich über verschiedene, zusammenwirkende Mechanismen erklären“, so Ehbrecht. „Die Verfügbarkeit von Wasser ist ein wichtiger Treiber der Baumartenvielfalt. Je mehr Baumarten ein Wald beherbergt, desto ausgeprägter ist das räumliche Nebeneinander unterschiedlich großer und kleiner Bäume und unterschiedlicher Kronenformen. So kann der Kronenraum in artenreichen Wäldern häufig effizienter ausgenutzt werden, was die Waldstruktur komplexer macht.“
Tropische Regenwälder weisen eine komplexere Struktur auf als Laub- und Nadelwälder der gemäßigten Zonen, die wiederum zumeist komplexer aufgebaut sind als boreale Nadelwälder wie beispielsweise in Skandinavien oder subtropische Waldsavannen in Afrika. „Dennoch lassen sich auch in den gemäßigten Zonen Wälder mit hoher struktureller Komplexität finden, wie zum Beispiel in regenreichen Gebieten des pazifischen Nordwestens der USA oder in Küstenwäldern Chiles“, sagt Prof. Dr. Christian Ammer, Seniorautor der Studie und Leiter der Abteilung Waldbau und Waldökologie der gemäßigten Zonen der Universität Göttingen.
Die Ergebnisse dieser Studie sind eine wichtige Grundlage für weitere Arbeiten. „Mithilfe satelliten-gestützter Erfassung der 3-D-Waldstruktur wird es in Zukunft möglich sein, die tatsächliche Komplexität der Wälder genau zu erfassen“, so Ehbrecht. „Somit lassen sich die Auswirkungen von Waldbewirtschaftung und Klimawandel auf die Wälder der Erde besser verstehen. Unsere Weltkarten können dafür hoffentlich als wichtige Referenz dienen.“
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Martin Ehbrecht
Georg-August-Universität Göttingen
Waldbau und Waldökologie der gemäßigten Zonen
Büsgenweg 1, 37077 Göttingen
martin.ehbrecht@forst.uni-goettingen.de
Originalpublikation:
Martin Ehbrecht et al. Global patterns and climatic controls of forest structural complexity. Nature Communications (2021). Doi: https://doi.org/10.1038/s41467-020-20767-z
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