Wie erfolgreich sind Chinas Agrarumweltprogramme?
Seit wenigen Tagen sind Dr. Zhanli Sun und Jens Frayer, Wissenschaftler am Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO), in China. Für die nächsten Wochen wird für beide ein Notebook in der chinesischen Provinz Yunnan ihr Arbeitsplatz sein und nicht mehr der Schreibtisch am Hallenser Forschungsinstitut.
In Yunnan, im Südwesten Chinas, wollen die Wissenschaftler Daten erheben, um zu analysieren, welche Auswirkungen staatliche Agrarumweltprogramme auf die Lebensbedingungen der Menschen und die Landnutzung haben. „Modelling the Effects of Payments for Ecosystem Service on Human Well-being and Land Use in Upland Yunnan“ lautet der genaue Titel des Forschungsvorhabens, das Sun und Frayer gemeinsam mit Dr. Daniel Müller am IAMO bearbeiten.
INTERNATIONALE FORSCHERGRUPPE CHINA
Das Vorhaben gehört zu den Projekten der Internationalen Forschergruppe China, die 2008 am IAMO gegründet wurde und verschiedene Aspekte der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung im ländlichen China untersucht. Voraussetzungen für die Erschließung nichtlandwirtschaftlicher Erwerbsquellen in agrarisch geprägten Regionen bilden dabei einen wesentlichen Schwerpunkt. Betrachtet werden außerdem Einflüsse von Flurbereinigung, Grundstücksverkehrsrecht und Agrarhandelspolitik auf die landwirtschaftliche Produktion sowie der Zugang zu Schulbildung in ländlichen Regionen und die Chancen ethnischer Minderheiten am Arbeitsmarkt. Die multidisziplinäre Forschergruppe, zu der Wirtschaftswissenschaftler, Agrarökonomen und Geographen gehören, wird durch die Leibniz Gemeinschaft im Rahmen der Initiative „Pakt für Forschung und Innovation“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert. Neben den Wissenschaftlern des IAMO sind Forscher aus China, den USA, Belgien und Frankreich in das Projekt eingebunden. Weiterer Projektpartner ist das Pekinger Büro der Weltbank.
ERFOLG DER AGRARUMWELTPROGRAMME SCHWANKT
Ausgangspunkt der Untersuchungen Müllers, Suns und Frayers sind zwei der weltweit größten Agrarumweltprogramme. So will die chinesische Regierung bis 2010 beim „Sloping Land Conversion Program“ 14,7 Millionen Hektar Ackerfläche und 17,3 Millionen Hektar Brachland aufforsten und beim „National Forest Protection Program“ sollen heimische Wälder besser geschützt bzw. wiederhergestellt werden. Ob diese Programme wirklich die gewünschten Effekte haben, ist dabei vor allem von der Art der Implementierung abhängig. Misserfolge sind an der Tagesordnung, wenn die betroffene ländliche Bevölkerung nicht ausreichend informiert und in die Umsetzung einbezogen wird, wenn Subventionszahlungen ausbleiben oder die Programmkosten den wirtschaftlichen und ökologischen Nutzen übersteigen. Entscheidend für eine nachhaltige Wirkung sind neben dem Angebot nichtlandwirtschaftlicher Erwerbsquellen für die ehemaligen Landwirte auch die zur Aufforstung genutzten Baumarten. So überlebten in einigen Regionen nur wenige der neugepflanzten Bäume bzw. waren die positiven Umwelteffekte eher gering, da statt artenreicher Mischwälder Monokulturwälder angelegt wurden.
300 BIS 400 CHINESISCHE HAUSHALTE WERDEN INTERVIEWT
Yunnan ist als Untersuchungsgebiet für die Wissenschaftler besonders interessant, da die chinesische Regierung die erwähnten Agrarumweltprogramme fast in der gesamten Provinz implementiert hat. Vor Ort werden Sun und Frayer sich auf die Präfekturen Baoshan und Diqing konzentrieren und hier zunächst mit Hilfe lokaler Partner geeignete Assistenten rekrutieren und schulen. Im September und Oktober werden diese dann 300 bis 400 chinesische Haushalte interviewen. Neben sozioökonomischen und demographischen Daten und Angaben zum Einkommen, wollen die Forscher u.a. wissen, warum sich die Interviewpartner für eine Teilnahme oder Nichtteilnahme an den staatlichen Programmen entschlossen haben, welchen Nutzen sie daraus gezogen haben, wie sich ihre Situation seither verändert hat und wie sie selbst die Auswirkungen der Programme auf die Umwelt einschätzen. Darüber hinaus wollen Sun und Frayer in Yunnan mit Vertretern der Regierung, Dorfvorstehern oder landwirtschaftlichen Beratungsstellen über die Agrarumweltprogramme sprechen. Wenn sie im Herbst nach Deutschland zurückkehren werden sie gemeinsam mit Müller die Daten auswerten. Die Wissenschaftler erhoffen sich aus der Erhebung entscheidende Einblicke in sozioökologische Wechselwirkungen innerhalb von ländlichen Regionen, die radikalen Strukturveränderungen unterzogen werden. Die Erkenntnisse sollen am Ende helfen, Hinweise zu geben, wie solche Agrarumweltprogramme künftig noch erfolgreicher und effizienter gestaltet werden können.
Internationale Forschergruppe China: http://www.iamo.de/china-group/home.html
Weitere Informationen:
Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO)
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